Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite
ren diesem Leben und somit seiner liebenden Gat-
tin entrissen worden. Wie hätte ich anders gekonnt,
als mich beeilen, die Wittwe meines besten, älte-
sten Freundes aufzusuchen? Jhre Wohnung konnte
mir nicht bezeichnet werden, weßhalb ich nicht säumte,
auf der Polizei gestern Abends noch persönlich Er-
kundigung einzuziehen.
Frau Werner.
An Jhrer Güte, an Jhrer Theilnahme erkenne
ich Sie so ganz und gar, wie mein seliger Carl
Sie mir stets geschildert hat.
Walter.
Hören Sie -- welch' sonderbarer Zufall mir
begegnete. Der Polizeikommissär nahm eben, als
ich in das Bureau eintrat, von den Polizeisoldaten
Rapport ein. Einer derselben meldete ihm als
scherzhaften Vorfall, daß er einen Brief, in der
Kirchengasse auf dem Boden liegend, desselben
Abends gefunden habe, mit der sonderbaren Adresse:
"An das liebe Christkindchen im Himmel oben."
Der Commissär erbrach lächelnd den Brief: Lud-
wig Werner -- war die Unterschrift. Meine An-
frage und deren Aufklärung knüpften sich an die-
sen Namen; der Jnhalt des gefundenen Briefes
ren dieſem Leben und ſomit ſeiner liebenden Gat-
tin entriſſen worden. Wie hätte ich anders gekonnt,
als mich beeilen, die Wittwe meines beſten, älte-
ſten Freundes aufzuſuchen? Jhre Wohnung konnte
mir nicht bezeichnet werden, weßhalb ich nicht ſäumte,
auf der Polizei geſtern Abends noch perſönlich Er-
kundigung einzuziehen.
Frau Werner.
An Jhrer Güte, an Jhrer Theilnahme erkenne
ich Sie ſo ganz und gar, wie mein ſeliger Carl
Sie mir ſtets geſchildert hat.
Walter.
Hören Sie — welch’ ſonderbarer Zufall mir
begegnete. Der Polizeikommiſſär nahm eben, als
ich in das Bureau eintrat, von den Polizeiſoldaten
Rapport ein. Einer derſelben meldete ihm als
ſcherzhaften Vorfall, daß er einen Brief, in der
Kirchengaſſe auf dem Boden liegend, desſelben
Abends gefunden habe, mit der ſonderbaren Adreſſe:
„An das liebe Chriſtkindchen im Himmel oben.‟
Der Commiſſär erbrach lächelnd den Brief: Lud-
wig Werner — war die Unterſchrift. Meine An-
frage und deren Aufklärung knüpften ſich an die-
ſen Namen; der Jnhalt des gefundenen Briefes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#WAL">
              <p><pb facs="#f0098" n="78"/>
ren die&#x017F;em Leben und &#x017F;omit &#x017F;einer liebenden Gat-<lb/>
tin entri&#x017F;&#x017F;en worden. Wie hätte ich anders gekonnt,<lb/>
als mich beeilen, die Wittwe meines be&#x017F;ten, älte-<lb/>
&#x017F;ten Freundes aufzu&#x017F;uchen? Jhre Wohnung konnte<lb/>
mir nicht bezeichnet werden, weßhalb ich nicht &#x017F;äumte,<lb/>
auf der Polizei ge&#x017F;tern Abends noch per&#x017F;önlich Er-<lb/>
kundigung einzuziehen.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#FWERNER">
              <speaker> <hi rendition="#c">Frau Werner.</hi> </speaker><lb/>
              <p>An Jhrer Güte, an Jhrer Theilnahme erkenne<lb/>
ich Sie &#x017F;o ganz und gar, wie mein &#x017F;eliger Carl<lb/>
Sie mir &#x017F;tets ge&#x017F;childert hat.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WAL">
              <speaker> <hi rendition="#c">Walter.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Hören Sie &#x2014; welch&#x2019; &#x017F;onderbarer Zufall mir<lb/>
begegnete. Der Polizeikommi&#x017F;&#x017F;är nahm eben, als<lb/>
ich in das Bureau eintrat, von den Polizei&#x017F;oldaten<lb/>
Rapport ein. Einer der&#x017F;elben meldete ihm als<lb/>
&#x017F;cherzhaften Vorfall, daß er einen Brief, in der<lb/>
Kirchenga&#x017F;&#x017F;e auf dem Boden liegend, des&#x017F;elben<lb/>
Abends gefunden habe, mit der &#x017F;onderbaren Adre&#x017F;&#x017F;e:<lb/>
&#x201E;An das liebe Chri&#x017F;tkindchen im Himmel oben.&#x201F;<lb/>
Der Commi&#x017F;&#x017F;är erbrach lächelnd den Brief: Lud-<lb/>
wig Werner &#x2014; war die Unter&#x017F;chrift. Meine An-<lb/>
frage und deren Aufklärung knüpften &#x017F;ich an die-<lb/>
&#x017F;en Namen; der Jnhalt des gefundenen Briefes<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0098] ren dieſem Leben und ſomit ſeiner liebenden Gat- tin entriſſen worden. Wie hätte ich anders gekonnt, als mich beeilen, die Wittwe meines beſten, älte- ſten Freundes aufzuſuchen? Jhre Wohnung konnte mir nicht bezeichnet werden, weßhalb ich nicht ſäumte, auf der Polizei geſtern Abends noch perſönlich Er- kundigung einzuziehen. Frau Werner. An Jhrer Güte, an Jhrer Theilnahme erkenne ich Sie ſo ganz und gar, wie mein ſeliger Carl Sie mir ſtets geſchildert hat. Walter. Hören Sie — welch’ ſonderbarer Zufall mir begegnete. Der Polizeikommiſſär nahm eben, als ich in das Bureau eintrat, von den Polizeiſoldaten Rapport ein. Einer derſelben meldete ihm als ſcherzhaften Vorfall, daß er einen Brief, in der Kirchengaſſe auf dem Boden liegend, desſelben Abends gefunden habe, mit der ſonderbaren Adreſſe: „An das liebe Chriſtkindchen im Himmel oben.‟ Der Commiſſär erbrach lächelnd den Brief: Lud- wig Werner — war die Unterſchrift. Meine An- frage und deren Aufklärung knüpften ſich an die- ſen Namen; der Jnhalt des gefundenen Briefes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861/98
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861/98>, abgerufen am 10.05.2024.