Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 3. München, 1869.
Zwoi Herzen auf Einmal! Wahnsinniger Gedanke! Und diese 100 Dukaten! Diese goldene Leier! -- Was werde ich heute im "goldenen Stern" Alles zu mir nehmen? -- [Jn gewöhnlichem Tone] Jetzt möcht' ich doch gleich einen Magen haben, wie'n Stoffel- bauer sein Branntweinkessel oder wie die große Treberbutten! O Grethl! -- Grethl! Vergib mir diese Stunde der Schwäche! -- Aber einem Genie und besonders einem Zukunftsmusikgenie -- wie man mich nennt -- ist mehr erlaubt, als dem gewöhn- lichen Jndividuumdum. Ha! Jch will die Stunde benützen. Jm Hofgarten, vor dem Balkon -- bei uns zu Haus "Laben" genannt -- vor dem Bal- kon der Prinzessin, wo unten auch die Hofdame lo- girt, will ich diese Nacht noch meine Zaubergeigen im Mondschein ertönen lassen! das gibt an Mord- gaudi! Ja, ich will schwärmen! Schwärmen und geigen, daß die Aepfel von die Bäum fallen müssen und die Stern vom Himmel. Jetzt erst weiß ich was Liebe ist! Ha! Jetzt ist mir meine Zaubergeige nicht um Millionen feil. Jetzt erst steig' ich in die Tiefe des Abgrundes der Höhe des menschlichen Herzens. Jetzt erst bade ich mich im Herzblut der begeisterten Natur und wenn die Mondscheibe zittert,
Zwoi Herzen auf Einmal! Wahnſinniger Gedanke! Und dieſe 100 Dukaten! Dieſe goldene Leier! — Was werde ich heute im „goldenen Stern‟ Alles zu mir nehmen? — [Jn gewöhnlichem Tone] Jetzt möcht’ ich doch gleich einen Magen haben, wie’n Stoffel- bauer ſein Branntweinkeſſel oder wie die große Treberbutten! O Grethl! — Grethl! Vergib mir dieſe Stunde der Schwäche! — Aber einem Genie und beſonders einem Zukunftsmuſikgenie — wie man mich nennt — iſt mehr erlaubt, als dem gewöhn- lichen Jndividuumdum. Ha! Jch will die Stunde benützen. Jm Hofgarten, vor dem Balkon — bei uns zu Haus „Laben‟ genannt — vor dem Bal- kon der Prinzeſſin, wo unten auch die Hofdame lo- girt, will ich dieſe Nacht noch meine Zaubergeigen im Mondſchein ertönen laſſen! das gibt an Mord- gaudi! Ja, ich will ſchwärmen! Schwärmen und geigen, daß die Aepfel von die Bäum fallen müſſen und die Stern vom Himmel. Jetzt erſt weiß ich was Liebe iſt! Ha! Jetzt iſt mir meine Zaubergeige nicht um Millionen feil. Jetzt erſt ſteig’ ich in die Tiefe des Abgrundes der Höhe des menſchlichen Herzens. Jetzt erſt bade ich mich im Herzblut der begeiſterten Natur und wenn die Mondſcheibe zittert, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#KASPERL_LA"> <p><pb facs="#f0230" n="226"/> Zwoi Herzen auf Einmal! Wahnſinniger Gedanke!<lb/> Und dieſe 100 Dukaten! Dieſe goldene Leier! —<lb/><hi rendition="#g">Was</hi> werde ich heute im „goldenen Stern‟ Alles<lb/> zu mir nehmen? —</p> <stage>[Jn gewöhnlichem Tone]</stage> <p>Jetzt möcht’<lb/> ich doch gleich einen Magen haben, wie’n Stoffel-<lb/> bauer ſein Branntweinkeſſel oder wie die große<lb/> Treberbutten! O Grethl! — Grethl! Vergib mir<lb/> dieſe Stunde der Schwäche! — Aber einem Genie<lb/> und beſonders einem Zukunftsmuſikgenie — wie man<lb/> mich nennt — iſt mehr erlaubt, als dem gewöhn-<lb/> lichen Jndividuumdum. Ha! Jch will die Stunde<lb/> benützen. Jm Hofgarten, vor dem Balkon — bei<lb/> uns zu Haus „<hi rendition="#g">Laben</hi>‟ genannt — vor dem Bal-<lb/> kon der Prinzeſſin, wo unten auch die Hofdame lo-<lb/> girt, will ich dieſe Nacht noch meine Zaubergeigen<lb/> im Mondſchein ertönen laſſen! das gibt an Mord-<lb/> gaudi! Ja, ich will <hi rendition="#g">ſchwärmen!</hi> Schwärmen und<lb/> geigen, daß die Aepfel von die Bäum fallen müſſen<lb/> und die Stern vom Himmel. Jetzt erſt weiß ich<lb/> was Liebe iſt! Ha! Jetzt iſt mir meine Zaubergeige<lb/> nicht um Millionen feil. Jetzt erſt ſteig’ ich in die<lb/> Tiefe des Abgrundes der Höhe des menſchlichen<lb/> Herzens. Jetzt erſt bade ich mich im Herzblut der<lb/> begeiſterten Natur und wenn die Mondſcheibe zittert,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0230]
Zwoi Herzen auf Einmal! Wahnſinniger Gedanke!
Und dieſe 100 Dukaten! Dieſe goldene Leier! —
Was werde ich heute im „goldenen Stern‟ Alles
zu mir nehmen? — [Jn gewöhnlichem Tone] Jetzt möcht’
ich doch gleich einen Magen haben, wie’n Stoffel-
bauer ſein Branntweinkeſſel oder wie die große
Treberbutten! O Grethl! — Grethl! Vergib mir
dieſe Stunde der Schwäche! — Aber einem Genie
und beſonders einem Zukunftsmuſikgenie — wie man
mich nennt — iſt mehr erlaubt, als dem gewöhn-
lichen Jndividuumdum. Ha! Jch will die Stunde
benützen. Jm Hofgarten, vor dem Balkon — bei
uns zu Haus „Laben‟ genannt — vor dem Bal-
kon der Prinzeſſin, wo unten auch die Hofdame lo-
girt, will ich dieſe Nacht noch meine Zaubergeigen
im Mondſchein ertönen laſſen! das gibt an Mord-
gaudi! Ja, ich will ſchwärmen! Schwärmen und
geigen, daß die Aepfel von die Bäum fallen müſſen
und die Stern vom Himmel. Jetzt erſt weiß ich
was Liebe iſt! Ha! Jetzt iſt mir meine Zaubergeige
nicht um Millionen feil. Jetzt erſt ſteig’ ich in die
Tiefe des Abgrundes der Höhe des menſchlichen
Herzens. Jetzt erſt bade ich mich im Herzblut der
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