Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871.
"Zwei, sechs, fünfzig bau'n die Brücke "Dir zu deinem Lebensglücke." Zwei und sechs und fünfzig hallte es nach in meinen Ohren -- als ich von der eremitanischen Betäubung erwachte. Jch griff in meine Taschen und fand eine mir bisher ganz unbekannte Fünf- guldenbanknote in dem hintersten rechten Winkel meiner vordersten linken Hosentaschen in der lieder- lichen Gesellschaft einiger kränkender unbezahlter Rechnungen. Mit großartigem Selbstbewußtsein trat ich zum Lotteriecollecteur, warf mit Herablassung die Banknoten hin und bekam meine Lotterie- nummerzettel. Düsterhoffnungsbrütend erwartete ich in bangem schwellendem Gefühle mit leerem Magen die Ziehung. Ein Trompetenstoß und der Ruf: Nummero 2. 6. 50. erschallte von der Altane des noch nicht erbauten neuen Rathhauses. Die Ueberraschung und der freudige Schrecken schlugen mich zu Boden. Vier Männer trugen mich als Leiche nach Hause. Nach wenigen, aber furchtbaren Stunden erwachte ich im Kreise der Meinigen, umgeben von meiner Familie, die ich nicht busitze. Kurz! -- denn mein Mo-
„Zwei, ſechs, fünfzig bau’n die Brücke „Dir zu deinem Lebensglücke.‟ Zwei und ſechs und fünfzig hallte es nach in meinen Ohren — als ich von der eremitaniſchen Betäubung erwachte. Jch griff in meine Taſchen und fand eine mir bisher ganz unbekannte Fünf- guldenbanknote in dem hinterſten rechten Winkel meiner vorderſten linken Hoſentaſchen in der lieder- lichen Geſellſchaft einiger kränkender unbezahlter Rechnungen. Mit großartigem Selbſtbewußtſein trat ich zum Lotteriecollecteur, warf mit Herablaſſung die Banknoten hin und bekam meine Lotterie- nummerzettel. Düſterhoffnungsbrütend erwartete ich in bangem ſchwellendem Gefühle mit leerem Magen die Ziehung. Ein Trompetenſtoß und der Ruf: Nummero 2. 6. 50. erſchallte von der Altane des noch nicht erbauten neuen Rathhauſes. Die Ueberraſchung und der freudige Schrecken ſchlugen mich zu Boden. Vier Männer trugen mich als Leiche nach Hauſe. Nach wenigen, aber furchtbaren Stunden erwachte ich im Kreiſe der Meinigen, umgeben von meiner Familie, die ich nicht buſitze. Kurz! — denn mein Mo- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#CASPLERLL"> <p><pb facs="#f0180" n="174"/> „<hi rendition="#g">Zwei, ſechs, fünfzig</hi> bau’n die Brücke<lb/> „Dir zu deinem Lebensglücke.‟</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zwei</hi> und <hi rendition="#g">ſechs</hi> und <hi rendition="#g">fünfzig</hi> hallte es nach<lb/> in meinen Ohren — als ich von der eremitaniſchen<lb/> Betäubung erwachte. Jch griff in meine Taſchen<lb/> und fand eine mir bisher ganz unbekannte Fünf-<lb/> guldenbanknote in dem hinterſten rechten Winkel<lb/> meiner vorderſten linken Hoſentaſchen in der lieder-<lb/> lichen Geſellſchaft einiger kränkender unbezahlter<lb/> Rechnungen. Mit großartigem Selbſtbewußtſein<lb/> trat ich zum Lotteriecollecteur, warf mit Herablaſſung<lb/> die Banknoten hin und bekam meine Lotterie-<lb/> nummerzettel. Düſterhoffnungsbrütend erwartete ich<lb/> in bangem ſchwellendem Gefühle mit leerem Magen<lb/> die Ziehung. Ein Trompetenſtoß und der Ruf:<lb/> Nummero</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">2. 6. 50.</hi> </hi> </p><lb/> <p>erſchallte von der Altane des noch nicht erbauten<lb/> neuen Rathhauſes. Die Ueberraſchung und der<lb/> freudige Schrecken ſchlugen mich zu Boden. Vier<lb/> Männer trugen mich als Leiche nach Hauſe. Nach<lb/> wenigen, aber furchtbaren Stunden erwachte ich im<lb/> Kreiſe der Meinigen, umgeben von meiner Familie,<lb/> die ich nicht buſitze. Kurz! — denn mein Mo-<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [174/0180]
„Zwei, ſechs, fünfzig bau’n die Brücke
„Dir zu deinem Lebensglücke.‟
Zwei und ſechs und fünfzig hallte es nach
in meinen Ohren — als ich von der eremitaniſchen
Betäubung erwachte. Jch griff in meine Taſchen
und fand eine mir bisher ganz unbekannte Fünf-
guldenbanknote in dem hinterſten rechten Winkel
meiner vorderſten linken Hoſentaſchen in der lieder-
lichen Geſellſchaft einiger kränkender unbezahlter
Rechnungen. Mit großartigem Selbſtbewußtſein
trat ich zum Lotteriecollecteur, warf mit Herablaſſung
die Banknoten hin und bekam meine Lotterie-
nummerzettel. Düſterhoffnungsbrütend erwartete ich
in bangem ſchwellendem Gefühle mit leerem Magen
die Ziehung. Ein Trompetenſtoß und der Ruf:
Nummero
2. 6. 50.
erſchallte von der Altane des noch nicht erbauten
neuen Rathhauſes. Die Ueberraſchung und der
freudige Schrecken ſchlugen mich zu Boden. Vier
Männer trugen mich als Leiche nach Hauſe. Nach
wenigen, aber furchtbaren Stunden erwachte ich im
Kreiſe der Meinigen, umgeben von meiner Familie,
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