Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite
Eule.
Geh nur zu Bett! Wenn's tagt, so bist du mein;
Als Werkzeug brauch' ich dich, mich zu befrei'n.
Vermag ich dich, daß Feder du um Feder
Mir ausziehst, dann naht sich der Freiheit Stunde.
Die Hülle fällt von mir, in die der Fluch
Des Schicksals mich gebannt -- ich bin erlöst!
So wollte es die Macht, die meine Frevel
Gestraft, daß meine arme Menschenseele
Stets ruhelos so lang in Thiergestalt
Verwandelt, bitt'rer Reue preisgegeben,
Einmal doch ihrer Qualen werde ledig.
Nun flieg' ich wieder dorthin aufs Gemäuer,
Zum Schlafe nicht, denn hell ist Nachts mein Aug',
Das sich bei Tageshelle wieder schließt.
O grüßte einmal endlich doch der Sonne
Beglückend Licht mich, Ruh und Frieden bringend!

(Schwebt auf die Ruine.)
(Der Vorhang fällt.)


Eule.
Geh nur zu Bett! Wenn’s tagt, ſo biſt du mein;
Als Werkzeug brauch’ ich dich, mich zu befrei’n.
Vermag ich dich, daß Feder du um Feder
Mir ausziehſt, dann naht ſich der Freiheit Stunde.
Die Hülle fällt von mir, in die der Fluch
Des Schickſals mich gebannt — ich bin erlöst!
So wollte es die Macht, die meine Frevel
Geſtraft, daß meine arme Menſchenſeele
Stets ruhelos ſo lang in Thiergeſtalt
Verwandelt, bitt’rer Reue preisgegeben,
Einmal doch ihrer Qualen werde ledig.
Nun flieg’ ich wieder dorthin aufs Gemäuer,
Zum Schlafe nicht, denn hell iſt Nachts mein Aug’,
Das ſich bei Tageshelle wieder ſchließt.
O grüßte einmal endlich doch der Sonne
Beglückend Licht mich, Ruh und Frieden bringend!

(Schwebt auf die Ruine.)
(Der Vorhang fällt.)


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0253" n="247"/>
          <sp who="#EUL">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Eule.</hi> </hi> </speaker><lb/>
            <p>Geh nur zu Bett! Wenn&#x2019;s tagt, &#x017F;o bi&#x017F;t du mein;<lb/>
Als Werkzeug brauch&#x2019; ich dich, mich zu befrei&#x2019;n.<lb/>
Vermag ich dich, daß Feder du um Feder<lb/>
Mir auszieh&#x017F;t, dann naht &#x017F;ich der Freiheit Stunde.<lb/>
Die Hülle fällt von mir, in die der Fluch<lb/>
Des Schick&#x017F;als mich gebannt &#x2014; ich bin erlöst!<lb/><hi rendition="#g">So</hi> wollte es die Macht, die meine Frevel<lb/>
Ge&#x017F;traft, daß meine arme Men&#x017F;chen&#x017F;eele<lb/>
Stets ruhelos &#x017F;o lang in Thierge&#x017F;talt<lb/>
Verwandelt, bitt&#x2019;rer Reue preisgegeben,<lb/>
Einmal doch ihrer Qualen werde ledig.<lb/>
Nun flieg&#x2019; ich wieder dorthin aufs Gemäuer,<lb/>
Zum Schlafe nicht, denn hell i&#x017F;t Nachts mein Aug&#x2019;,<lb/>
Das &#x017F;ich bei Tageshelle wieder &#x017F;chließt.<lb/>
O grüßte einmal endlich doch der Sonne<lb/>
Beglückend Licht mich, Ruh und Frieden bringend!</p><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">(Schwebt auf die Ruine.)<lb/>
(Der Vorhang fällt.)</hi> </stage>
          </sp>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0253] Eule. Geh nur zu Bett! Wenn’s tagt, ſo biſt du mein; Als Werkzeug brauch’ ich dich, mich zu befrei’n. Vermag ich dich, daß Feder du um Feder Mir ausziehſt, dann naht ſich der Freiheit Stunde. Die Hülle fällt von mir, in die der Fluch Des Schickſals mich gebannt — ich bin erlöst! So wollte es die Macht, die meine Frevel Geſtraft, daß meine arme Menſchenſeele Stets ruhelos ſo lang in Thiergeſtalt Verwandelt, bitt’rer Reue preisgegeben, Einmal doch ihrer Qualen werde ledig. Nun flieg’ ich wieder dorthin aufs Gemäuer, Zum Schlafe nicht, denn hell iſt Nachts mein Aug’, Das ſich bei Tageshelle wieder ſchließt. O grüßte einmal endlich doch der Sonne Beglückend Licht mich, Ruh und Frieden bringend! (Schwebt auf die Ruine.) (Der Vorhang fällt.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871/253
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein04_1871/253>, abgerufen am 22.11.2024.