Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 4. München, 1871.
ist durch das Gartenthürlein hineingegangen, geist- lichen Trost zu bringen. Anton. Sag, Lukas, wie meinst Du das? Lukas. Jch mein halt, daß es mit der alten Walburg heut zu Ende geht. Marie. Um's Himmelswillen! sie wird doch nicht ster- ben? Lukas. Einmal muß's doch sein. Sie ist gewaltig schwach und's will mich bedünken, daß sie so all- gemach verhungert. Marie. Anton (zugleich.) Mein Gott! -- verhungert. Lukas. Das versteht ihr freilich nicht, aber die Geschichte ist so: Hört's nur: Wir armen Leute essen uns sel- ten satt, weil wir eben arme Leut sind. Und -- hört's nur, Kinder -- da schrumpft uns so nach und nach der Magen ein und wird immer kleiner, weil er nie voll ist. Endlich dörrt er ganz zusam- men, absonderlich wenn man alt ist und keine rechte 5
iſt durch das Gartenthürlein hineingegangen, geiſt- lichen Troſt zu bringen. Anton. Sag, Lukas, wie meinſt Du das? Lukas. Jch mein halt, daß es mit der alten Walburg heut zu Ende geht. Marie. Um’s Himmelswillen! ſie wird doch nicht ſter- ben? Lukas. Einmal muß’s doch ſein. Sie iſt gewaltig ſchwach und’s will mich bedünken, daß ſie ſo all- gemach verhungert. Marie. Anton (zugleich.) Mein Gott! — verhungert. Lukas. Das verſteht ihr freilich nicht, aber die Geſchichte iſt ſo: Hört’s nur: Wir armen Leute eſſen uns ſel- ten ſatt, weil wir eben arme Leut ſind. Und — hört’s nur, Kinder — da ſchrumpft uns ſo nach und nach der Magen ein und wird immer kleiner, weil er nie voll iſt. Endlich dörrt er ganz zuſam- men, abſonderlich wenn man alt iſt und keine rechte 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#LUC"> <p><pb facs="#f0071" n="65"/> iſt durch das Gartenthürlein hineingegangen, geiſt-<lb/> lichen Troſt zu bringen.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Anton.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Sag, Lukas, wie meinſt Du das?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUC"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Lukas.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Jch mein halt, daß es mit der alten Walburg<lb/> heut zu Ende geht.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Marie.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Um’s Himmelswillen! ſie wird doch nicht ſter-<lb/> ben?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUC"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Lukas.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Einmal muß’s doch ſein. Sie iſt gewaltig<lb/> ſchwach und’s will mich bedünken, daß ſie ſo all-<lb/> gemach verhungert.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#b">Marie. Anton</hi> </speaker> <stage>(zugleich.)</stage><lb/> <p>Mein Gott! — verhungert.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUC"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Lukas.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Das verſteht ihr freilich nicht, aber die Geſchichte<lb/> iſt ſo: Hört’s nur: Wir armen Leute eſſen uns ſel-<lb/> ten ſatt, weil wir eben arme Leut ſind. Und —<lb/> hört’s nur, Kinder — da ſchrumpft uns ſo nach<lb/> und nach der Magen ein und wird immer kleiner,<lb/> weil er nie voll iſt. Endlich dörrt er ganz zuſam-<lb/> men, abſonderlich wenn man alt iſt und keine rechte<lb/> <fw place="bottom" type="sig">5</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0071]
iſt durch das Gartenthürlein hineingegangen, geiſt-
lichen Troſt zu bringen.
Anton.
Sag, Lukas, wie meinſt Du das?
Lukas.
Jch mein halt, daß es mit der alten Walburg
heut zu Ende geht.
Marie.
Um’s Himmelswillen! ſie wird doch nicht ſter-
ben?
Lukas.
Einmal muß’s doch ſein. Sie iſt gewaltig
ſchwach und’s will mich bedünken, daß ſie ſo all-
gemach verhungert.
Marie. Anton (zugleich.)
Mein Gott! — verhungert.
Lukas.
Das verſteht ihr freilich nicht, aber die Geſchichte
iſt ſo: Hört’s nur: Wir armen Leute eſſen uns ſel-
ten ſatt, weil wir eben arme Leut ſind. Und —
hört’s nur, Kinder — da ſchrumpft uns ſo nach
und nach der Magen ein und wird immer kleiner,
weil er nie voll iſt. Endlich dörrt er ganz zuſam-
men, abſonderlich wenn man alt iſt und keine rechte
5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |