Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877. Peter. Laßt's Euch erzählen. Vor wenigen Tagen nahm ich einen erschöpften und bluttriefenden Mann in meiner Hütte auf. Er war in dem nahen Finster- wald, ihr kennt ihn ja, durch den er ging, von einem Bären überfallen und elend zerfleischt worden. Er schleppte sich in die Nähe unseres Seeufers, wo ich sein Jammern hörend, ihn fand und dann mit Martha in unser Häuschen brachte. Der Arme war von dem Thiere erbärmlich zugerichtet. Wir wuschen seine Wunden, labten ihn auf alle mögliche Weise, allein es war Alles umsonst. Undine. Der Arme! -- sprecht, wer war es denn? Peter. Vernehmt weiter: Mit gebrochener Stimme, seinem Ende nahe, sprach er: "Hört, gute Leute, damit ich ruhig sterben kann; hört -- Euer Kind lebt -- vor -- Jahren -- fanden wir es verirrt in dem Walde. Herzog Heinrich -- wollte es auch nicht wieder zurückbringen, obgleich er wohl gewußt -- wem das Mädchen gehöre. Jch mußte schwören -- Nichts zu verrathen, aber -- jetzt muß ich sterben und da drückt mich das Gewissen" -- -- mit diesen Worten starb er. Peter. Laßt’s Euch erzählen. Vor wenigen Tagen nahm ich einen erſchöpften und bluttriefenden Mann in meiner Hütte auf. Er war in dem nahen Finſter- wald, ihr kennt ihn ja, durch den er ging, von einem Bären überfallen und elend zerfleiſcht worden. Er ſchleppte ſich in die Nähe unſeres Seeufers, wo ich ſein Jammern hörend, ihn fand und dann mit Martha in unſer Häuschen brachte. Der Arme war von dem Thiere erbärmlich zugerichtet. Wir wuſchen ſeine Wunden, labten ihn auf alle mögliche Weiſe, allein es war Alles umſonſt. Undine. Der Arme! — ſprecht, wer war es denn? Peter. Vernehmt weiter: Mit gebrochener Stimme, ſeinem Ende nahe, ſprach er: „Hört, gute Leute, damit ich ruhig ſterben kann; hört — Euer Kind lebt — vor — Jahren — fanden wir es verirrt in dem Walde. Herzog Heinrich — wollte es auch nicht wieder zurückbringen, obgleich er wohl gewußt — wem das Mädchen gehöre. Jch mußte ſchwören — Nichts zu verrathen, aber — jetzt muß ich ſterben und da drückt mich das Gewiſſen‟ — — mit dieſen Worten ſtarb er. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0082" n="44"/> <sp who="#PETER"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Peter.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Laßt’s Euch erzählen. Vor wenigen Tagen<lb/> nahm ich einen erſchöpften und bluttriefenden Mann<lb/> in meiner Hütte auf. Er war in dem nahen Finſter-<lb/> wald, ihr kennt ihn ja, durch den er ging, von<lb/> einem Bären überfallen und elend zerfleiſcht worden.<lb/> Er ſchleppte ſich in die Nähe unſeres Seeufers, wo<lb/> ich ſein Jammern hörend, ihn fand und dann mit<lb/> Martha in unſer Häuschen brachte. Der Arme war<lb/> von dem Thiere erbärmlich zugerichtet. Wir wuſchen<lb/> ſeine Wunden, labten ihn auf alle mögliche Weiſe,<lb/> allein es war Alles umſonſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#UND"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Undine.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Der Arme! — ſprecht, wer war es denn?</p> </sp><lb/> <sp who="#PETER"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Peter.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Vernehmt weiter: Mit gebrochener Stimme,<lb/> ſeinem Ende nahe, ſprach er: „Hört, gute Leute,<lb/> damit ich ruhig ſterben kann; hört — Euer Kind<lb/><hi rendition="#g">lebt</hi> — vor — Jahren — fanden wir es verirrt<lb/> in dem Walde. Herzog Heinrich — wollte es auch<lb/> nicht wieder zurückbringen, obgleich er wohl gewußt<lb/> — wem das Mädchen gehöre. Jch mußte ſchwören<lb/> — Nichts zu verrathen, aber — jetzt muß ich ſterben<lb/> und da drückt mich das Gewiſſen‟ — — mit<lb/> dieſen Worten ſtarb er.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0082]
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Laßt’s Euch erzählen. Vor wenigen Tagen
nahm ich einen erſchöpften und bluttriefenden Mann
in meiner Hütte auf. Er war in dem nahen Finſter-
wald, ihr kennt ihn ja, durch den er ging, von
einem Bären überfallen und elend zerfleiſcht worden.
Er ſchleppte ſich in die Nähe unſeres Seeufers, wo
ich ſein Jammern hörend, ihn fand und dann mit
Martha in unſer Häuschen brachte. Der Arme war
von dem Thiere erbärmlich zugerichtet. Wir wuſchen
ſeine Wunden, labten ihn auf alle mögliche Weiſe,
allein es war Alles umſonſt.
Undine.
Der Arme! — ſprecht, wer war es denn?
Peter.
Vernehmt weiter: Mit gebrochener Stimme,
ſeinem Ende nahe, ſprach er: „Hört, gute Leute,
damit ich ruhig ſterben kann; hört — Euer Kind
lebt — vor — Jahren — fanden wir es verirrt
in dem Walde. Herzog Heinrich — wollte es auch
nicht wieder zurückbringen, obgleich er wohl gewußt
— wem das Mädchen gehöre. Jch mußte ſchwören
— Nichts zu verrathen, aber — jetzt muß ich ſterben
und da drückt mich das Gewiſſen‟ — — mit
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