Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

ppo_215.001
Dichtkunst betrifft; so giebt es keine ppo_215.002
solchen
in dem Sinne, wie in der lyrischen Dichtkunst ppo_215.003
das Lied, die Ode, die Hymne, die Elegie ppo_215.004
u. a. als Untertheile von einander verschieden sind, ppo_215.005
welche durch den Grundton eines dargestellten einfachen ppo_215.006
oder eines gemischten Gefühls, so wie durch ppo_215.007
die mildere Farbengebung, oder durch die höhere ppo_215.008
Stärke des lyrischen Ausdruckes, von einander sich ppo_215.009
unterscheiden. Denn nur nach dem zufälligen äußern ppo_215.010
Umfange der Form kann das ausführliche ppo_215.011
Lehrgedicht (z. B. Tiedge's Urania, Schillers ppo_215.012
Künstler) von dem kürzern (z. B. der Theodicee ppo_215.013
von Uz u. a.) unterschieden werden, weil die Abwechselung ppo_215.014
und Mischung der in dem Lehrgedichte ppo_215.015
vorherrschenden und dargestellten Gefühle von den ppo_215.016
Jdeen der Vernunft abhängt, welche die mit ihnen ppo_215.017
vergesellschafteten Gefühle in dem Gemüthe des ppo_215.018
Dichters zum Daseyn rufen, und von der Einbildungskraft ppo_215.019
unter dem Glanze des Jdeals aufgestellt ppo_215.020
werden. Selbst die im dichterischen Gewande dargestellten ppo_215.021
Gnomen sind nicht besondere Untertheile, ppo_215.022
sondern nur kürzere Formen des Lehrgedichts, das ppo_215.023
eigentliche Lehrgedicht im verjüngten Maasstabe, ppo_215.024
und müssen, in ästhetischer Hinsicht, eben so ppo_215.025
nach dem Gesetze der Form beurtheilt werden, wie ppo_215.026
die größere didactische Form, welche einen Gesammtkreis ppo_215.027
von Vernunftideen durchführt und umschließt.

ppo_215.028

Was endlich die Satyre, die sogenannte poetische ppo_215.029
Epistel
und das Epigramm betrifft, welche ppo_215.030
von einigen Theoretikern der didactischen Dichtkunst ppo_215.031
zugetheilt werden; so werden sie in diesem ppo_215.032
Gesammtgebiete der Sprache der Dichtkunst unter ppo_215.033
der Ergänzungsklasse, oder unter den gemischten Formen ppo_215.034
der Dichtkunst aufgeführt, weil (wie ihre Theorie,

ppo_215.001
Dichtkunst betrifft; so giebt es keine ppo_215.002
solchen
in dem Sinne, wie in der lyrischen Dichtkunst ppo_215.003
das Lied, die Ode, die Hymne, die Elegie ppo_215.004
u. a. als Untertheile von einander verschieden sind, ppo_215.005
welche durch den Grundton eines dargestellten einfachen ppo_215.006
oder eines gemischten Gefühls, so wie durch ppo_215.007
die mildere Farbengebung, oder durch die höhere ppo_215.008
Stärke des lyrischen Ausdruckes, von einander sich ppo_215.009
unterscheiden. Denn nur nach dem zufälligen äußern ppo_215.010
Umfange der Form kann das ausführliche ppo_215.011
Lehrgedicht (z. B. Tiedge's Urania, Schillers ppo_215.012
Künstler) von dem kürzern (z. B. der Theodicee ppo_215.013
von Uz u. a.) unterschieden werden, weil die Abwechselung ppo_215.014
und Mischung der in dem Lehrgedichte ppo_215.015
vorherrschenden und dargestellten Gefühle von den ppo_215.016
Jdeen der Vernunft abhängt, welche die mit ihnen ppo_215.017
vergesellschafteten Gefühle in dem Gemüthe des ppo_215.018
Dichters zum Daseyn rufen, und von der Einbildungskraft ppo_215.019
unter dem Glanze des Jdeals aufgestellt ppo_215.020
werden. Selbst die im dichterischen Gewande dargestellten ppo_215.021
Gnomen sind nicht besondere Untertheile, ppo_215.022
sondern nur kürzere Formen des Lehrgedichts, das ppo_215.023
eigentliche Lehrgedicht im verjüngten Maasstabe, ppo_215.024
und müssen, in ästhetischer Hinsicht, eben so ppo_215.025
nach dem Gesetze der Form beurtheilt werden, wie ppo_215.026
die größere didactische Form, welche einen Gesammtkreis ppo_215.027
von Vernunftideen durchführt und umschließt.

ppo_215.028

Was endlich die Satyre, die sogenannte poetische ppo_215.029
Epistel
und das Epigramm betrifft, welche ppo_215.030
von einigen Theoretikern der didactischen Dichtkunst ppo_215.031
zugetheilt werden; so werden sie in diesem ppo_215.032
Gesammtgebiete der Sprache der Dichtkunst unter ppo_215.033
der Ergänzungsklasse, oder unter den gemischten Formen ppo_215.034
der Dichtkunst aufgeführt, weil (wie ihre Theorie,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0227" n="215"/><lb n="ppo_215.001"/> Dichtkunst betrifft; so giebt es <hi rendition="#g">keine <lb n="ppo_215.002"/>solchen</hi> in dem Sinne, wie in der lyrischen Dichtkunst <lb n="ppo_215.003"/>das Lied, die Ode, die Hymne, die Elegie <lb n="ppo_215.004"/>u. a. als Untertheile von einander verschieden sind, <lb n="ppo_215.005"/>welche durch den Grundton eines dargestellten einfachen <lb n="ppo_215.006"/>oder eines gemischten Gefühls, so wie durch <lb n="ppo_215.007"/>die mildere Farbengebung, oder durch die höhere <lb n="ppo_215.008"/>Stärke des lyrischen Ausdruckes, von einander sich <lb n="ppo_215.009"/>unterscheiden. Denn nur nach dem zufälligen <hi rendition="#g">äußern</hi> <lb n="ppo_215.010"/>Umfange der Form kann das <hi rendition="#g">ausführliche</hi> <lb n="ppo_215.011"/>Lehrgedicht (z. B. <hi rendition="#g">Tiedge's</hi> Urania, <hi rendition="#g">Schillers</hi> <lb n="ppo_215.012"/>Künstler) von dem <hi rendition="#g">kürzern</hi> (z. B. der Theodicee <lb n="ppo_215.013"/>von <hi rendition="#g">Uz</hi> u. a.) unterschieden werden, weil die Abwechselung <lb n="ppo_215.014"/>und Mischung der in dem Lehrgedichte <lb n="ppo_215.015"/>vorherrschenden und dargestellten Gefühle von den <lb n="ppo_215.016"/>Jdeen der Vernunft abhängt, welche die mit ihnen <lb n="ppo_215.017"/>vergesellschafteten Gefühle in dem Gemüthe des <lb n="ppo_215.018"/>Dichters zum Daseyn rufen, und von der Einbildungskraft <lb n="ppo_215.019"/>unter dem Glanze des Jdeals aufgestellt <lb n="ppo_215.020"/>werden. Selbst die im dichterischen Gewande dargestellten <lb n="ppo_215.021"/><hi rendition="#g">Gnomen</hi> sind nicht besondere Untertheile, <lb n="ppo_215.022"/>sondern nur kürzere Formen des Lehrgedichts, das <lb n="ppo_215.023"/>eigentliche Lehrgedicht <hi rendition="#g">im verjüngten Maasstabe,</hi> <lb n="ppo_215.024"/>und müssen, in ästhetischer Hinsicht, eben so <lb n="ppo_215.025"/>nach dem Gesetze der Form beurtheilt werden, wie <lb n="ppo_215.026"/>die größere didactische Form, welche einen Gesammtkreis <lb n="ppo_215.027"/>von Vernunftideen durchführt und umschließt.</p>
          <lb n="ppo_215.028"/>
          <p>  Was endlich die <hi rendition="#g">Satyre,</hi> die sogenannte <hi rendition="#g">poetische <lb n="ppo_215.029"/>Epistel</hi> und das <hi rendition="#g">Epigramm</hi> betrifft, welche <lb n="ppo_215.030"/>von einigen Theoretikern der didactischen Dichtkunst <lb n="ppo_215.031"/>zugetheilt werden; so werden sie in diesem <lb n="ppo_215.032"/>Gesammtgebiete der Sprache der Dichtkunst unter <lb n="ppo_215.033"/>der Ergänzungsklasse, oder unter den gemischten Formen <lb n="ppo_215.034"/>der Dichtkunst aufgeführt, weil (wie ihre Theorie,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0227] ppo_215.001 Dichtkunst betrifft; so giebt es keine ppo_215.002 solchen in dem Sinne, wie in der lyrischen Dichtkunst ppo_215.003 das Lied, die Ode, die Hymne, die Elegie ppo_215.004 u. a. als Untertheile von einander verschieden sind, ppo_215.005 welche durch den Grundton eines dargestellten einfachen ppo_215.006 oder eines gemischten Gefühls, so wie durch ppo_215.007 die mildere Farbengebung, oder durch die höhere ppo_215.008 Stärke des lyrischen Ausdruckes, von einander sich ppo_215.009 unterscheiden. Denn nur nach dem zufälligen äußern ppo_215.010 Umfange der Form kann das ausführliche ppo_215.011 Lehrgedicht (z. B. Tiedge's Urania, Schillers ppo_215.012 Künstler) von dem kürzern (z. B. der Theodicee ppo_215.013 von Uz u. a.) unterschieden werden, weil die Abwechselung ppo_215.014 und Mischung der in dem Lehrgedichte ppo_215.015 vorherrschenden und dargestellten Gefühle von den ppo_215.016 Jdeen der Vernunft abhängt, welche die mit ihnen ppo_215.017 vergesellschafteten Gefühle in dem Gemüthe des ppo_215.018 Dichters zum Daseyn rufen, und von der Einbildungskraft ppo_215.019 unter dem Glanze des Jdeals aufgestellt ppo_215.020 werden. Selbst die im dichterischen Gewande dargestellten ppo_215.021 Gnomen sind nicht besondere Untertheile, ppo_215.022 sondern nur kürzere Formen des Lehrgedichts, das ppo_215.023 eigentliche Lehrgedicht im verjüngten Maasstabe, ppo_215.024 und müssen, in ästhetischer Hinsicht, eben so ppo_215.025 nach dem Gesetze der Form beurtheilt werden, wie ppo_215.026 die größere didactische Form, welche einen Gesammtkreis ppo_215.027 von Vernunftideen durchführt und umschließt. ppo_215.028 Was endlich die Satyre, die sogenannte poetische ppo_215.029 Epistel und das Epigramm betrifft, welche ppo_215.030 von einigen Theoretikern der didactischen Dichtkunst ppo_215.031 zugetheilt werden; so werden sie in diesem ppo_215.032 Gesammtgebiete der Sprache der Dichtkunst unter ppo_215.033 der Ergänzungsklasse, oder unter den gemischten Formen ppo_215.034 der Dichtkunst aufgeführt, weil (wie ihre Theorie,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/227
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/227>, abgerufen am 25.11.2024.