Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

ppo_259.001
er die dichterische Wahrheit, die innere Nothwendigkeit ppo_259.002
in den Handlungen des Helden, und ppo_259.003
den innern Zusammenhang zwischen der Freiheit ppo_259.004
des Helden und der Macht des Schicksals festhalten, ppo_259.005
weil ohne diese innere Nothwendigkeit keine ppo_259.006
Einheit der ästhetischen Form möglich ist. Aus ppo_259.007
dem Festhalten dieser innern Nothwendigkeit ergiebt ppo_259.008
sich die Eintheilung des Epos in die einzelnen ppo_259.009
Acte oder Gesänge, so daß jeder einzelne Gesang ppo_259.010
ein in sich abgeschlossenes Ganzes des dargestellten ppo_259.011
Kampfes zwischen der Freiheit des Helden und der ppo_259.012
Macht des Schicksals bildet, obgleich jeder einzelne ppo_259.013
Gesang mit den vorhergehenden und nachfolgenden ppo_259.014
Gesängen im nothwendigen Zusammenhange stehen ppo_259.015
muß. Selbst die Aufnahme des Wunderbaren ppo_259.016
und Uebersinnlichen in das Heldengedicht (§. ppo_259.017
38.) steht unter diesem Gesetze der innern ästhetischen ppo_259.018
Nothwendigkeit, so daß es keinen zufälligen ppo_259.019
und außerwesentlichen, sondern einen nothwendigen ppo_259.020
Bestandtheil der ganzen Handlung bildet.

ppo_259.021

Die künstlerische Anlegung, Haltung und Durchführung ppo_259.022
des Epos, der darin vorherrschende Ton ppo_259.023
des Gefühls, und die wechselnde Farbengebung in den ppo_259.024
einzelnen dargestellten Gruppen und Schilderungen, ppo_259.025
ist eine Wirkung der Begeisterung und der schöpferischen ppo_259.026
Einbildungskraft des Dichters, und wird deshalb ppo_259.027
-- im ganzen Umfange der ästhetischen Form -- ppo_259.028
das Gepräge der Jndividualität des Dichters an sich ppo_259.029
tragen. Je größer seine dichterische Kraft ist, den ppo_259.030
Helden nach allen seinen Handlungen und Ankündigungen ppo_259.031
im Glanze des Jdeals, und, ihm gegen ppo_259.032
über, die Macht des Schicksals in ihrem ganzen ppo_259.033
Umfange darzustellen; je bestimmter das Gesetz des ppo_259.034
innern Zusammenhanges und der Nothwendigkeit

ppo_259.001
er die dichterische Wahrheit, die innere Nothwendigkeit ppo_259.002
in den Handlungen des Helden, und ppo_259.003
den innern Zusammenhang zwischen der Freiheit ppo_259.004
des Helden und der Macht des Schicksals festhalten, ppo_259.005
weil ohne diese innere Nothwendigkeit keine ppo_259.006
Einheit der ästhetischen Form möglich ist. Aus ppo_259.007
dem Festhalten dieser innern Nothwendigkeit ergiebt ppo_259.008
sich die Eintheilung des Epos in die einzelnen ppo_259.009
Acte oder Gesänge, so daß jeder einzelne Gesang ppo_259.010
ein in sich abgeschlossenes Ganzes des dargestellten ppo_259.011
Kampfes zwischen der Freiheit des Helden und der ppo_259.012
Macht des Schicksals bildet, obgleich jeder einzelne ppo_259.013
Gesang mit den vorhergehenden und nachfolgenden ppo_259.014
Gesängen im nothwendigen Zusammenhange stehen ppo_259.015
muß. Selbst die Aufnahme des Wunderbaren ppo_259.016
und Uebersinnlichen in das Heldengedicht (§. ppo_259.017
38.) steht unter diesem Gesetze der innern ästhetischen ppo_259.018
Nothwendigkeit, so daß es keinen zufälligen ppo_259.019
und außerwesentlichen, sondern einen nothwendigen ppo_259.020
Bestandtheil der ganzen Handlung bildet.

ppo_259.021

Die künstlerische Anlegung, Haltung und Durchführung ppo_259.022
des Epos, der darin vorherrschende Ton ppo_259.023
des Gefühls, und die wechselnde Farbengebung in den ppo_259.024
einzelnen dargestellten Gruppen und Schilderungen, ppo_259.025
ist eine Wirkung der Begeisterung und der schöpferischen ppo_259.026
Einbildungskraft des Dichters, und wird deshalb ppo_259.027
— im ganzen Umfange der ästhetischen Form — ppo_259.028
das Gepräge der Jndividualität des Dichters an sich ppo_259.029
tragen. Je größer seine dichterische Kraft ist, den ppo_259.030
Helden nach allen seinen Handlungen und Ankündigungen ppo_259.031
im Glanze des Jdeals, und, ihm gegen ppo_259.032
über, die Macht des Schicksals in ihrem ganzen ppo_259.033
Umfange darzustellen; je bestimmter das Gesetz des ppo_259.034
innern Zusammenhanges und der Nothwendigkeit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0271" n="259"/><lb n="ppo_259.001"/>er die <hi rendition="#g">dichterische</hi> Wahrheit, die <hi rendition="#g">innere Nothwendigkeit</hi> <lb n="ppo_259.002"/>in den Handlungen des Helden, und <lb n="ppo_259.003"/>den <hi rendition="#g">innern Zusammenhang</hi> zwischen der Freiheit <lb n="ppo_259.004"/>des Helden und der Macht des Schicksals festhalten, <lb n="ppo_259.005"/>weil ohne diese innere Nothwendigkeit keine <lb n="ppo_259.006"/>Einheit der ästhetischen Form möglich ist. Aus <lb n="ppo_259.007"/>dem Festhalten dieser innern Nothwendigkeit ergiebt <lb n="ppo_259.008"/>sich die <hi rendition="#g">Eintheilung des Epos</hi> in die einzelnen <lb n="ppo_259.009"/>Acte oder Gesänge, so daß jeder einzelne Gesang <lb n="ppo_259.010"/>ein in sich abgeschlossenes Ganzes des dargestellten <lb n="ppo_259.011"/>Kampfes zwischen der Freiheit des Helden und der <lb n="ppo_259.012"/>Macht des Schicksals bildet, obgleich jeder einzelne <lb n="ppo_259.013"/>Gesang mit den vorhergehenden und nachfolgenden <lb n="ppo_259.014"/>Gesängen im nothwendigen Zusammenhange stehen <lb n="ppo_259.015"/>muß. Selbst die Aufnahme des <hi rendition="#g">Wunderbaren</hi> <lb n="ppo_259.016"/>und <hi rendition="#g">Uebersinnlichen</hi> in das Heldengedicht (§. <lb n="ppo_259.017"/>38.) steht unter diesem Gesetze der innern ästhetischen <lb n="ppo_259.018"/>Nothwendigkeit, so daß es keinen zufälligen <lb n="ppo_259.019"/>und außerwesentlichen, sondern einen nothwendigen <lb n="ppo_259.020"/>Bestandtheil der ganzen Handlung bildet.</p>
          <lb n="ppo_259.021"/>
          <p>  Die künstlerische Anlegung, Haltung und Durchführung <lb n="ppo_259.022"/>des Epos, der darin vorherrschende Ton <lb n="ppo_259.023"/>des Gefühls, und die wechselnde Farbengebung in den <lb n="ppo_259.024"/>einzelnen dargestellten Gruppen und Schilderungen, <lb n="ppo_259.025"/>ist eine Wirkung der Begeisterung und der schöpferischen <lb n="ppo_259.026"/>Einbildungskraft des Dichters, und wird deshalb <lb n="ppo_259.027"/>&#x2014; im ganzen Umfange der ästhetischen Form &#x2014; <lb n="ppo_259.028"/>das Gepräge der Jndividualität des Dichters an sich <lb n="ppo_259.029"/>tragen. Je größer seine dichterische Kraft ist, den <lb n="ppo_259.030"/>Helden nach allen seinen Handlungen und Ankündigungen <lb n="ppo_259.031"/>im Glanze des Jdeals, und, ihm gegen <lb n="ppo_259.032"/>über, die Macht des Schicksals in ihrem ganzen <lb n="ppo_259.033"/>Umfange darzustellen; je bestimmter das Gesetz des <lb n="ppo_259.034"/>innern Zusammenhanges und der Nothwendigkeit
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0271] ppo_259.001 er die dichterische Wahrheit, die innere Nothwendigkeit ppo_259.002 in den Handlungen des Helden, und ppo_259.003 den innern Zusammenhang zwischen der Freiheit ppo_259.004 des Helden und der Macht des Schicksals festhalten, ppo_259.005 weil ohne diese innere Nothwendigkeit keine ppo_259.006 Einheit der ästhetischen Form möglich ist. Aus ppo_259.007 dem Festhalten dieser innern Nothwendigkeit ergiebt ppo_259.008 sich die Eintheilung des Epos in die einzelnen ppo_259.009 Acte oder Gesänge, so daß jeder einzelne Gesang ppo_259.010 ein in sich abgeschlossenes Ganzes des dargestellten ppo_259.011 Kampfes zwischen der Freiheit des Helden und der ppo_259.012 Macht des Schicksals bildet, obgleich jeder einzelne ppo_259.013 Gesang mit den vorhergehenden und nachfolgenden ppo_259.014 Gesängen im nothwendigen Zusammenhange stehen ppo_259.015 muß. Selbst die Aufnahme des Wunderbaren ppo_259.016 und Uebersinnlichen in das Heldengedicht (§. ppo_259.017 38.) steht unter diesem Gesetze der innern ästhetischen ppo_259.018 Nothwendigkeit, so daß es keinen zufälligen ppo_259.019 und außerwesentlichen, sondern einen nothwendigen ppo_259.020 Bestandtheil der ganzen Handlung bildet. ppo_259.021 Die künstlerische Anlegung, Haltung und Durchführung ppo_259.022 des Epos, der darin vorherrschende Ton ppo_259.023 des Gefühls, und die wechselnde Farbengebung in den ppo_259.024 einzelnen dargestellten Gruppen und Schilderungen, ppo_259.025 ist eine Wirkung der Begeisterung und der schöpferischen ppo_259.026 Einbildungskraft des Dichters, und wird deshalb ppo_259.027 — im ganzen Umfange der ästhetischen Form — ppo_259.028 das Gepräge der Jndividualität des Dichters an sich ppo_259.029 tragen. Je größer seine dichterische Kraft ist, den ppo_259.030 Helden nach allen seinen Handlungen und Ankündigungen ppo_259.031 im Glanze des Jdeals, und, ihm gegen ppo_259.032 über, die Macht des Schicksals in ihrem ganzen ppo_259.033 Umfange darzustellen; je bestimmter das Gesetz des ppo_259.034 innern Zusammenhanges und der Nothwendigkeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/271
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/271>, abgerufen am 11.06.2024.