Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_284.001
41. ppo_284.002
b) Das komische Heldengedicht.
ppo_284.003

Das komische Heldengedicht ist dem ernsten ppo_284.004
Epos dadurch verwandt, daß es, wie dieses, ein ppo_284.005
im Mittelpuncte der Darstellung erscheinendes Jndividuum ppo_284.006
im Kampfe mit einem widrigen Geschicke ppo_284.007
versinnlicht, und durch die ästhetische Anlage, Haltung ppo_284.008
und Durchführung dieses Kampfes das gemischte ppo_284.009
Gefühl der Lust und der Unlust anregt, bis ppo_284.010
endlich, im Augenblick der Entwickelung und Entscheidung ppo_284.011
des Kampfes, der Held des komischen Epos ppo_284.012
als Sieger aus dem Kampfe hervortritt, und gleichfalls ppo_284.013
das Gefühl der Lust den vollständigen Sieg ppo_284.014
über das Gefühl der Unlust behauptet. Denn das ppo_284.015
ist eine nothwendige Bedingung des komischen Epos, ppo_284.016
daß das in den Mittelpunct des Ganzen gestellte ppo_284.017
Jndividuum zuletzt glücklich wird, und nicht dem ppo_284.018
widrigen Schicksale erliegt, wie dies im ernsten Heldengedichte ppo_284.019
eben so oft, als der Sieg des Helden ppo_284.020
über die Macht des auf ihn einstürmenden Schicksals, ppo_284.021
eintreten kann.

ppo_284.022

Ob nun gleich das komische Heldengedicht, wie ppo_284.023
das ernste, eine sehr vielseitig durchgeführte und vielfach ppo_284.024
verwickelte Handlung, nicht selten auch eine ppo_284.025
Mischung von ernsten und komischen Scenen, darstellen ppo_284.026
kann; so ist doch weder das in die Mitte des ppo_284.027
Ganzen gestellte Jndividuum ein Held in dem ppo_284.028
höhern Sinne des Wortes, wie er in dem ernsten ppo_284.029
Heldengedichte (z. B. der Messias, Noah, Hermann ppo_284.030
der Cherusker, Richard Löwenherz u. a.) erscheint; ppo_284.031
noch ist das feindliche Geschick, das seine ppo_284.032
Kräfte in Thätigkeit setzt, von der Art und Weise, ppo_284.033
daß man eine völlige Vernichtung des Helden von

ppo_284.001
41. ppo_284.002
b) Das komische Heldengedicht.
ppo_284.003

Das komische Heldengedicht ist dem ernsten ppo_284.004
Epos dadurch verwandt, daß es, wie dieses, ein ppo_284.005
im Mittelpuncte der Darstellung erscheinendes Jndividuum ppo_284.006
im Kampfe mit einem widrigen Geschicke ppo_284.007
versinnlicht, und durch die ästhetische Anlage, Haltung ppo_284.008
und Durchführung dieses Kampfes das gemischte ppo_284.009
Gefühl der Lust und der Unlust anregt, bis ppo_284.010
endlich, im Augenblick der Entwickelung und Entscheidung ppo_284.011
des Kampfes, der Held des komischen Epos ppo_284.012
als Sieger aus dem Kampfe hervortritt, und gleichfalls ppo_284.013
das Gefühl der Lust den vollständigen Sieg ppo_284.014
über das Gefühl der Unlust behauptet. Denn das ppo_284.015
ist eine nothwendige Bedingung des komischen Epos, ppo_284.016
daß das in den Mittelpunct des Ganzen gestellte ppo_284.017
Jndividuum zuletzt glücklich wird, und nicht dem ppo_284.018
widrigen Schicksale erliegt, wie dies im ernsten Heldengedichte ppo_284.019
eben so oft, als der Sieg des Helden ppo_284.020
über die Macht des auf ihn einstürmenden Schicksals, ppo_284.021
eintreten kann.

ppo_284.022

Ob nun gleich das komische Heldengedicht, wie ppo_284.023
das ernste, eine sehr vielseitig durchgeführte und vielfach ppo_284.024
verwickelte Handlung, nicht selten auch eine ppo_284.025
Mischung von ernsten und komischen Scenen, darstellen ppo_284.026
kann; so ist doch weder das in die Mitte des ppo_284.027
Ganzen gestellte Jndividuum ein Held in dem ppo_284.028
höhern Sinne des Wortes, wie er in dem ernsten ppo_284.029
Heldengedichte (z. B. der Messias, Noah, Hermann ppo_284.030
der Cherusker, Richard Löwenherz u. a.) erscheint; ppo_284.031
noch ist das feindliche Geschick, das seine ppo_284.032
Kräfte in Thätigkeit setzt, von der Art und Weise, ppo_284.033
daß man eine völlige Vernichtung des Helden von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0296" n="284"/>
        </div>
        <div n="2">
          <lb n="ppo_284.001"/>
          <head> <hi rendition="#c">41. <lb n="ppo_284.002"/><hi rendition="#aq">b</hi>) <hi rendition="#g">Das komische Heldengedicht.</hi></hi> </head>
          <lb n="ppo_284.003"/>
          <p>  Das komische Heldengedicht ist dem ernsten <lb n="ppo_284.004"/>Epos dadurch verwandt, daß es, wie dieses, ein <lb n="ppo_284.005"/>im Mittelpuncte der Darstellung erscheinendes Jndividuum <lb n="ppo_284.006"/>im Kampfe mit einem widrigen Geschicke <lb n="ppo_284.007"/>versinnlicht, und durch die ästhetische Anlage, Haltung <lb n="ppo_284.008"/>und Durchführung dieses Kampfes das gemischte <lb n="ppo_284.009"/>Gefühl der Lust und der Unlust anregt, bis <lb n="ppo_284.010"/>endlich, im Augenblick der Entwickelung und Entscheidung <lb n="ppo_284.011"/>des Kampfes, der Held des komischen Epos <lb n="ppo_284.012"/>als Sieger aus dem Kampfe hervortritt, und gleichfalls <lb n="ppo_284.013"/>das Gefühl der Lust den vollständigen Sieg <lb n="ppo_284.014"/>über das Gefühl der Unlust behauptet. Denn <hi rendition="#g">das</hi> <lb n="ppo_284.015"/>ist eine nothwendige Bedingung des komischen Epos, <lb n="ppo_284.016"/>daß das in den Mittelpunct des Ganzen gestellte <lb n="ppo_284.017"/>Jndividuum zuletzt <hi rendition="#g">glücklich</hi> wird, und nicht dem <lb n="ppo_284.018"/>widrigen Schicksale erliegt, wie dies im ernsten Heldengedichte <lb n="ppo_284.019"/>eben so oft, als der Sieg des Helden <lb n="ppo_284.020"/>über die Macht des auf ihn einstürmenden Schicksals, <lb n="ppo_284.021"/>eintreten kann.</p>
          <lb n="ppo_284.022"/>
          <p>  Ob nun gleich das komische Heldengedicht, wie <lb n="ppo_284.023"/>das ernste, eine sehr vielseitig durchgeführte und vielfach <lb n="ppo_284.024"/>verwickelte Handlung, nicht selten auch eine <lb n="ppo_284.025"/>Mischung von ernsten und komischen Scenen, darstellen <lb n="ppo_284.026"/>kann; so ist doch weder das in die Mitte des <lb n="ppo_284.027"/>Ganzen gestellte Jndividuum <hi rendition="#g">ein Held</hi> in dem <lb n="ppo_284.028"/><hi rendition="#g">höhern</hi> Sinne des Wortes, wie er in dem ernsten <lb n="ppo_284.029"/>Heldengedichte (z. B. der Messias, Noah, Hermann <lb n="ppo_284.030"/>der Cherusker, Richard Löwenherz u. a.) erscheint; <lb n="ppo_284.031"/>noch ist das <hi rendition="#g">feindliche Geschick,</hi> das seine <lb n="ppo_284.032"/>Kräfte in Thätigkeit setzt, von <hi rendition="#g">der</hi> Art und Weise, <lb n="ppo_284.033"/>daß man eine völlige Vernichtung des Helden von
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0296] ppo_284.001 41. ppo_284.002 b) Das komische Heldengedicht. ppo_284.003 Das komische Heldengedicht ist dem ernsten ppo_284.004 Epos dadurch verwandt, daß es, wie dieses, ein ppo_284.005 im Mittelpuncte der Darstellung erscheinendes Jndividuum ppo_284.006 im Kampfe mit einem widrigen Geschicke ppo_284.007 versinnlicht, und durch die ästhetische Anlage, Haltung ppo_284.008 und Durchführung dieses Kampfes das gemischte ppo_284.009 Gefühl der Lust und der Unlust anregt, bis ppo_284.010 endlich, im Augenblick der Entwickelung und Entscheidung ppo_284.011 des Kampfes, der Held des komischen Epos ppo_284.012 als Sieger aus dem Kampfe hervortritt, und gleichfalls ppo_284.013 das Gefühl der Lust den vollständigen Sieg ppo_284.014 über das Gefühl der Unlust behauptet. Denn das ppo_284.015 ist eine nothwendige Bedingung des komischen Epos, ppo_284.016 daß das in den Mittelpunct des Ganzen gestellte ppo_284.017 Jndividuum zuletzt glücklich wird, und nicht dem ppo_284.018 widrigen Schicksale erliegt, wie dies im ernsten Heldengedichte ppo_284.019 eben so oft, als der Sieg des Helden ppo_284.020 über die Macht des auf ihn einstürmenden Schicksals, ppo_284.021 eintreten kann. ppo_284.022 Ob nun gleich das komische Heldengedicht, wie ppo_284.023 das ernste, eine sehr vielseitig durchgeführte und vielfach ppo_284.024 verwickelte Handlung, nicht selten auch eine ppo_284.025 Mischung von ernsten und komischen Scenen, darstellen ppo_284.026 kann; so ist doch weder das in die Mitte des ppo_284.027 Ganzen gestellte Jndividuum ein Held in dem ppo_284.028 höhern Sinne des Wortes, wie er in dem ernsten ppo_284.029 Heldengedichte (z. B. der Messias, Noah, Hermann ppo_284.030 der Cherusker, Richard Löwenherz u. a.) erscheint; ppo_284.031 noch ist das feindliche Geschick, das seine ppo_284.032 Kräfte in Thätigkeit setzt, von der Art und Weise, ppo_284.033 daß man eine völlige Vernichtung des Helden von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/296
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/296>, abgerufen am 23.11.2024.