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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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verlangt. Denn er unterbricht die nothwendige ppo_382.002
Folge der Handlung; er trägt weder zur Verwickelung, ppo_382.003
noch zur Entwickelung etwas bei; er unterbricht ppo_382.004
den Genuß an den idealisirten Charakteren, ppo_382.005
weil er selbst nichts Jdealisches darzustellen vermag, ppo_382.006
das nicht bereits in dem allgemeinen Grundrisse der ppo_382.007
innerhalb der ästhetischen Form durchzuführenden ppo_382.008
tragischen Handlung läge; er tritt vielmehr als etwas ppo_382.009
Fremdartiges in die Mitte der Handlung, und ppo_382.010
wenn er auch das erstemal bei seiner Erscheinung ppo_382.011
durch Ueberraschung, so wie durch die Gediegenheit ppo_382.012
der Sprachform interessirt, so spricht doch das tragische ppo_382.013
Gefühl gegen ihn, das in seiner freiesten Bewegung ppo_382.014
durch ihn sich unterbrochen fühlt. Selbst ppo_382.015
wenn man ihm (mit Schiller) die Bestimmung ppo_382.016
beilegt, die Reflexion von der Handlung zu sondern, ppo_382.017
und Ruhe in die Handlung zu bringen; so ist dies ppo_382.018
eben dem Charakter des Trauerspiels geradehin zuwider. ppo_382.019
Das Trauerspiel soll reine, idealisirte, ästhetisch ppo_382.020
vollendete Handlung seyn; denn nur durch diese ppo_382.021
Vollendung kann es dem Gesetze der Form entsprechen. ppo_382.022
Mischt nun der Chor Reflexion in die Mitte ppo_382.023
der Handlung; so stört er das Wohlgefallen an der ppo_382.024
Form, und vernichtet den innern Organismus dieser ppo_382.025
Form in seiner Einheit für die Einbildungskraft. ppo_382.026
Bringt er ferner Ruhe in die Handlung; ppo_382.027
so dürfte er dadurch noch nachtheiliger für die Wirkung ppo_382.028
der Handlung werden, die, so erschütternd ppo_382.029
auch die Darstellung seyn mag, doch nie so tiefgreifend ppo_382.030
seyn wird, daß Menschen sie nicht ertragen ppo_382.031
könnten, sondern einer darzwischen tretenden Ruhe ppo_382.032
bedürften. Denn was von Menschen gedichtet und ppo_382.033
auf der Bühne dargestellt wird, und wenn es auch ppo_382.034
der genialischste Dichter in dem überflutendsten Strome

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verlangt. Denn er unterbricht die nothwendige ppo_382.002
Folge der Handlung; er trägt weder zur Verwickelung, ppo_382.003
noch zur Entwickelung etwas bei; er unterbricht ppo_382.004
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innerhalb der ästhetischen Form durchzuführenden ppo_382.008
tragischen Handlung läge; er tritt vielmehr als etwas ppo_382.009
Fremdartiges in die Mitte der Handlung, und ppo_382.010
wenn er auch das erstemal bei seiner Erscheinung ppo_382.011
durch Ueberraschung, so wie durch die Gediegenheit ppo_382.012
der Sprachform interessirt, so spricht doch das tragische ppo_382.013
Gefühl gegen ihn, das in seiner freiesten Bewegung ppo_382.014
durch ihn sich unterbrochen fühlt. Selbst ppo_382.015
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beilegt, die Reflexion von der Handlung zu sondern, ppo_382.017
und Ruhe in die Handlung zu bringen; so ist dies ppo_382.018
eben dem Charakter des Trauerspiels geradehin zuwider. ppo_382.019
Das Trauerspiel soll reine, idealisirte, ästhetisch ppo_382.020
vollendete Handlung seyn; denn nur durch diese ppo_382.021
Vollendung kann es dem Gesetze der Form entsprechen. ppo_382.022
Mischt nun der Chor Reflexion in die Mitte ppo_382.023
der Handlung; so stört er das Wohlgefallen an der ppo_382.024
Form, und vernichtet den innern Organismus dieser ppo_382.025
Form in seiner Einheit für die Einbildungskraft. ppo_382.026
Bringt er ferner Ruhe in die Handlung; ppo_382.027
so dürfte er dadurch noch nachtheiliger für die Wirkung ppo_382.028
der Handlung werden, die, so erschütternd ppo_382.029
auch die Darstellung seyn mag, doch nie so tiefgreifend ppo_382.030
seyn wird, daß Menschen sie nicht ertragen ppo_382.031
könnten, sondern einer darzwischen tretenden Ruhe ppo_382.032
bedürften. Denn was von Menschen gedichtet und ppo_382.033
auf der Bühne dargestellt wird, und wenn es auch ppo_382.034
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[382/0394] ppo_382.001 verlangt. Denn er unterbricht die nothwendige ppo_382.002 Folge der Handlung; er trägt weder zur Verwickelung, ppo_382.003 noch zur Entwickelung etwas bei; er unterbricht ppo_382.004 den Genuß an den idealisirten Charakteren, ppo_382.005 weil er selbst nichts Jdealisches darzustellen vermag, ppo_382.006 das nicht bereits in dem allgemeinen Grundrisse der ppo_382.007 innerhalb der ästhetischen Form durchzuführenden ppo_382.008 tragischen Handlung läge; er tritt vielmehr als etwas ppo_382.009 Fremdartiges in die Mitte der Handlung, und ppo_382.010 wenn er auch das erstemal bei seiner Erscheinung ppo_382.011 durch Ueberraschung, so wie durch die Gediegenheit ppo_382.012 der Sprachform interessirt, so spricht doch das tragische ppo_382.013 Gefühl gegen ihn, das in seiner freiesten Bewegung ppo_382.014 durch ihn sich unterbrochen fühlt. Selbst ppo_382.015 wenn man ihm (mit Schiller) die Bestimmung ppo_382.016 beilegt, die Reflexion von der Handlung zu sondern, ppo_382.017 und Ruhe in die Handlung zu bringen; so ist dies ppo_382.018 eben dem Charakter des Trauerspiels geradehin zuwider. ppo_382.019 Das Trauerspiel soll reine, idealisirte, ästhetisch ppo_382.020 vollendete Handlung seyn; denn nur durch diese ppo_382.021 Vollendung kann es dem Gesetze der Form entsprechen. ppo_382.022 Mischt nun der Chor Reflexion in die Mitte ppo_382.023 der Handlung; so stört er das Wohlgefallen an der ppo_382.024 Form, und vernichtet den innern Organismus dieser ppo_382.025 Form in seiner Einheit für die Einbildungskraft. ppo_382.026 Bringt er ferner Ruhe in die Handlung; ppo_382.027 so dürfte er dadurch noch nachtheiliger für die Wirkung ppo_382.028 der Handlung werden, die, so erschütternd ppo_382.029 auch die Darstellung seyn mag, doch nie so tiefgreifend ppo_382.030 seyn wird, daß Menschen sie nicht ertragen ppo_382.031 könnten, sondern einer darzwischen tretenden Ruhe ppo_382.032 bedürften. Denn was von Menschen gedichtet und ppo_382.033 auf der Bühne dargestellt wird, und wenn es auch ppo_382.034 der genialischste Dichter in dem überflutendsten Strome

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Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/394>, abgerufen am 23.11.2024.