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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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zu wollen, bat sie ihn, doch ja wieder zu kommen, und ge¬
leitete ihn humpelnd bis vor's Hofthor, um ihm den Weg zu
weisen.

Er traf zunächst auf die Frauen in den Rüben. Sie
standen in der Furche und behackten die Pflanzen. Die Hacken
flogen nur so in den steißigen Händen. Von hinten sah man
die drei gebückten Rücken und unter den kurzen Röcken die
sechs bloßen Waden. So standen sie in einer Reihe, wie aus¬
gerichtet, nebeneinander.

Sam war auf weichem Wiesenpfade, ungehört, bis dicht
an die Frauen heran gekommen. Jetzt blieb er stehen und ver¬
senkte sich in den Anblick. Er nahm alles mit. --

Endlich räusperte er sich. Sofort standen die drei Hacken still,
die drei Köpfe wandten sich nach ihm um. Sam stand lächelnd
vor den Frauen, breitbeinig, mit vorgestrecktem Leibe, auf seinen
kurzen krummen Beinen. "Guten Tag meine Damen!" sagte
er. Es sei heute recht warm und sie sollten sich nur nicht
überanstrengen.

Therese, die älteste und redefertigste von den Dreien,
meinte, er solle lieber selber die Hacke zur Hand nehmen, dann
würde er vielleicht etwas von seinem Fette kommen; aber von
ordentlicher Arbeit verstehe er wahrscheinlich nichts. --

Die beiden Mädchen, Toni und Ernestine, kicherten zu
der schlagfertigen Rede der Schwägerin. Sam nahm die Be¬
merkung scheinbar nicht krumm; lächelnd erwiederte er, er habe
einen anderen Beruf als Rübenhacken erwählt. Dann fragte
er nach dem Büttnerbauer.

Die Frauen musterten den Aufzug des Fremden mit be¬
obachtenden Blicken. Im hellen Tageslichte besehen, zeigte es
sich, daß sein Hemdkragen nicht vom reinsten, und daß auf
seiner hellen Weste verschiedene Fettflecke seien. Toni war
ein harmloses Geschöpf und viel zu phlegmatisch, um sich mit
Kritisieren abzugeben. Aber Therese und die kleine Ernestine
waren um so scharfäugiger. Kaum war er außer Hörweite,
so hielten sie sich über seinen häßlichen Mund, den der rote
Bart nicht genügend deckte, auf, über seine Dachsbeine, ja selbst

zu wollen, bat ſie ihn, doch ja wieder zu kommen, und ge¬
leitete ihn humpelnd bis vor's Hofthor, um ihm den Weg zu
weiſen.

Er traf zunächſt auf die Frauen in den Rüben. Sie
ſtanden in der Furche und behackten die Pflanzen. Die Hacken
flogen nur ſo in den ſteißigen Händen. Von hinten ſah man
die drei gebückten Rücken und unter den kurzen Röcken die
ſechs bloßen Waden. So ſtanden ſie in einer Reihe, wie aus¬
gerichtet, nebeneinander.

Sam war auf weichem Wieſenpfade, ungehört, bis dicht
an die Frauen heran gekommen. Jetzt blieb er ſtehen und ver¬
ſenkte ſich in den Anblick. Er nahm alles mit. —

Endlich räuſperte er ſich. Sofort ſtanden die drei Hacken ſtill,
die drei Köpfe wandten ſich nach ihm um. Sam ſtand lächelnd
vor den Frauen, breitbeinig, mit vorgeſtrecktem Leibe, auf ſeinen
kurzen krummen Beinen. „Guten Tag meine Damen!“ ſagte
er. Es ſei heute recht warm und ſie ſollten ſich nur nicht
überanſtrengen.

Thereſe, die älteſte und redefertigſte von den Dreien,
meinte, er ſolle lieber ſelber die Hacke zur Hand nehmen, dann
würde er vielleicht etwas von ſeinem Fette kommen; aber von
ordentlicher Arbeit verſtehe er wahrſcheinlich nichts. —

Die beiden Mädchen, Toni und Erneſtine, kicherten zu
der ſchlagfertigen Rede der Schwägerin. Sam nahm die Be¬
merkung ſcheinbar nicht krumm; lächelnd erwiederte er, er habe
einen anderen Beruf als Rübenhacken erwählt. Dann fragte
er nach dem Büttnerbauer.

Die Frauen muſterten den Aufzug des Fremden mit be¬
obachtenden Blicken. Im hellen Tageslichte beſehen, zeigte es
ſich, daß ſein Hemdkragen nicht vom reinſten, und daß auf
ſeiner hellen Weſte verſchiedene Fettflecke ſeien. Toni war
ein harmloſes Geſchöpf und viel zu phlegmatiſch, um ſich mit
Kritiſieren abzugeben. Aber Thereſe und die kleine Erneſtine
waren um ſo ſcharfäugiger. Kaum war er außer Hörweite,
ſo hielten ſie ſich über ſeinen häßlichen Mund, den der rote
Bart nicht genügend deckte, auf, über ſeine Dachsbeine, ja ſelbſt

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[88/0102] zu wollen, bat ſie ihn, doch ja wieder zu kommen, und ge¬ leitete ihn humpelnd bis vor's Hofthor, um ihm den Weg zu weiſen. Er traf zunächſt auf die Frauen in den Rüben. Sie ſtanden in der Furche und behackten die Pflanzen. Die Hacken flogen nur ſo in den ſteißigen Händen. Von hinten ſah man die drei gebückten Rücken und unter den kurzen Röcken die ſechs bloßen Waden. So ſtanden ſie in einer Reihe, wie aus¬ gerichtet, nebeneinander. Sam war auf weichem Wieſenpfade, ungehört, bis dicht an die Frauen heran gekommen. Jetzt blieb er ſtehen und ver¬ ſenkte ſich in den Anblick. Er nahm alles mit. — Endlich räuſperte er ſich. Sofort ſtanden die drei Hacken ſtill, die drei Köpfe wandten ſich nach ihm um. Sam ſtand lächelnd vor den Frauen, breitbeinig, mit vorgeſtrecktem Leibe, auf ſeinen kurzen krummen Beinen. „Guten Tag meine Damen!“ ſagte er. Es ſei heute recht warm und ſie ſollten ſich nur nicht überanſtrengen. Thereſe, die älteſte und redefertigſte von den Dreien, meinte, er ſolle lieber ſelber die Hacke zur Hand nehmen, dann würde er vielleicht etwas von ſeinem Fette kommen; aber von ordentlicher Arbeit verſtehe er wahrſcheinlich nichts. — Die beiden Mädchen, Toni und Erneſtine, kicherten zu der ſchlagfertigen Rede der Schwägerin. Sam nahm die Be¬ merkung ſcheinbar nicht krumm; lächelnd erwiederte er, er habe einen anderen Beruf als Rübenhacken erwählt. Dann fragte er nach dem Büttnerbauer. Die Frauen muſterten den Aufzug des Fremden mit be¬ obachtenden Blicken. Im hellen Tageslichte beſehen, zeigte es ſich, daß ſein Hemdkragen nicht vom reinſten, und daß auf ſeiner hellen Weſte verſchiedene Fettflecke ſeien. Toni war ein harmloſes Geſchöpf und viel zu phlegmatiſch, um ſich mit Kritiſieren abzugeben. Aber Thereſe und die kleine Erneſtine waren um ſo ſcharfäugiger. Kaum war er außer Hörweite, ſo hielten ſie ſich über ſeinen häßlichen Mund, den der rote Bart nicht genügend deckte, auf, über ſeine Dachsbeine, ja ſelbſt

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/102>, abgerufen am 27.11.2024.