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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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ja, daß es ein "sträflicher Leichtsinn" sein würde, wenn man
es geben wolle. Er sprach in Ausdrücken, die der Bauernsohn
kaum verstehen konnte. Das Geld würde "a fond perdu" ge¬
geben sein; von "non valeurs" und "Damnen Hypotheken"
sprach er; man dürfe nicht "Lebendiges auf Totes legen," er¬
klärte er mit wichtiger Miene.

Der fette Bräutigam nickte Beistimmung, und Karl Lebe¬
recht lauschte mit einer gewissen Bewunderung den Ausein¬
andersetzungen seines Sohnes. Er war stolz auf den Jungen,
der so gelehrt sprechen konnte. Der war freilich auch auf der
Handelsschule gewesen; von dort stammten seine schlechten
Augen und die fremden Ausdrücke.

Das Ende war, daß Gustavs Anliegen im Familienrate
abgeschlagen wurde. "Wir können es nicht verantworten, so¬
viel Geld aus dem Geschäfte zu ziehen und in einer verlorenen
Sache anzulegen," so redete Karl Leberecht schließlich seinem
Sohne nach.

Gustav zog unverrichteter Sache ab. Im letzten Augen¬
blicke, als er sich schon verabschiedet hatte, im Halbdunkel
des Flurs, steckte ihm der Onkel noch hastig etwas zu, ohne
daß es die anderen bemerkt hätten. Es war, wie sich später,
bei näherer Besichtigung, ergab: ein Kistchen extrafeiner Havanna¬
cigarren.


Nach solchen Erfahrungen sagte sich Gustav, daß an eine
Erhaltung des Bauerngutes nicht mehr zu denken sei. Er war
auf den väterlichen Hof zurückgekehrt, und half dem alten
Manne nach wie vor in der Wirtschaft, aber im Stillen war
er mit sich selbst ins reine gekommen, daß er sein Geschick von
dem der Familie trennen müsse. Er stand nicht allein da,
es gab Personen, die ihm noch näher standen als Eltern, Bru¬
der und Schwestern; er mußte vor allen Dingen für die sor¬
gen, die auf ihn als ihren alleinigen Ernährer blicken durften: für
Pauline und den Jungen. Er war bereits beim Standesbeamten

ja, daß es ein „ſträflicher Leichtſinn‟ ſein würde, wenn man
es geben wolle. Er ſprach in Ausdrücken, die der Bauernſohn
kaum verſtehen konnte. Das Geld würde „à fond perdu‟ ge¬
geben ſein; von „non valeurs‟ und „Damnen Hypotheken“
ſprach er; man dürfe nicht „Lebendiges auf Totes legen,‟ er¬
klärte er mit wichtiger Miene.

Der fette Bräutigam nickte Beiſtimmung, und Karl Lebe¬
recht lauſchte mit einer gewiſſen Bewunderung den Ausein¬
anderſetzungen ſeines Sohnes. Er war ſtolz auf den Jungen,
der ſo gelehrt ſprechen konnte. Der war freilich auch auf der
Handelsſchule geweſen; von dort ſtammten ſeine ſchlechten
Augen und die fremden Ausdrücke.

Das Ende war, daß Guſtavs Anliegen im Familienrate
abgeſchlagen wurde. „Wir können es nicht verantworten, ſo¬
viel Geld aus dem Geſchäfte zu ziehen und in einer verlorenen
Sache anzulegen,‟ ſo redete Karl Leberecht ſchließlich ſeinem
Sohne nach.

Guſtav zog unverrichteter Sache ab. Im letzten Augen¬
blicke, als er ſich ſchon verabſchiedet hatte, im Halbdunkel
des Flurs, ſteckte ihm der Onkel noch haſtig etwas zu, ohne
daß es die anderen bemerkt hätten. Es war, wie ſich ſpäter,
bei näherer Beſichtigung, ergab: ein Kiſtchen extrafeiner Havanna¬
cigarren.


Nach ſolchen Erfahrungen ſagte ſich Guſtav, daß an eine
Erhaltung des Bauerngutes nicht mehr zu denken ſei. Er war
auf den väterlichen Hof zurückgekehrt, und half dem alten
Manne nach wie vor in der Wirtſchaft, aber im Stillen war
er mit ſich ſelbſt ins reine gekommen, daß er ſein Geſchick von
dem der Familie trennen müſſe. Er ſtand nicht allein da,
es gab Perſonen, die ihm noch näher ſtanden als Eltern, Bru¬
der und Schweſtern; er mußte vor allen Dingen für die ſor¬
gen, die auf ihn als ihren alleinigen Ernährer blicken durften: für
Pauline und den Jungen. Er war bereits beim Standesbeamten

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[182/0196] ja, daß es ein „ſträflicher Leichtſinn‟ ſein würde, wenn man es geben wolle. Er ſprach in Ausdrücken, die der Bauernſohn kaum verſtehen konnte. Das Geld würde „à fond perdu‟ ge¬ geben ſein; von „non valeurs‟ und „Damnen Hypotheken“ ſprach er; man dürfe nicht „Lebendiges auf Totes legen,‟ er¬ klärte er mit wichtiger Miene. Der fette Bräutigam nickte Beiſtimmung, und Karl Lebe¬ recht lauſchte mit einer gewiſſen Bewunderung den Ausein¬ anderſetzungen ſeines Sohnes. Er war ſtolz auf den Jungen, der ſo gelehrt ſprechen konnte. Der war freilich auch auf der Handelsſchule geweſen; von dort ſtammten ſeine ſchlechten Augen und die fremden Ausdrücke. Das Ende war, daß Guſtavs Anliegen im Familienrate abgeſchlagen wurde. „Wir können es nicht verantworten, ſo¬ viel Geld aus dem Geſchäfte zu ziehen und in einer verlorenen Sache anzulegen,‟ ſo redete Karl Leberecht ſchließlich ſeinem Sohne nach. Guſtav zog unverrichteter Sache ab. Im letzten Augen¬ blicke, als er ſich ſchon verabſchiedet hatte, im Halbdunkel des Flurs, ſteckte ihm der Onkel noch haſtig etwas zu, ohne daß es die anderen bemerkt hätten. Es war, wie ſich ſpäter, bei näherer Beſichtigung, ergab: ein Kiſtchen extrafeiner Havanna¬ cigarren. Nach ſolchen Erfahrungen ſagte ſich Guſtav, daß an eine Erhaltung des Bauerngutes nicht mehr zu denken ſei. Er war auf den väterlichen Hof zurückgekehrt, und half dem alten Manne nach wie vor in der Wirtſchaft, aber im Stillen war er mit ſich ſelbſt ins reine gekommen, daß er ſein Geſchick von dem der Familie trennen müſſe. Er ſtand nicht allein da, es gab Perſonen, die ihm noch näher ſtanden als Eltern, Bru¬ der und Schweſtern; er mußte vor allen Dingen für die ſor¬ gen, die auf ihn als ihren alleinigen Ernährer blicken durften: für Pauline und den Jungen. Er war bereits beim Standesbeamten

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/196>, abgerufen am 11.12.2024.