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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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danke, daß ihm das Büttnersche Bauerngut entgehen sollte,
war äußerst schmerzlich. Er hatte im Geiste bereits über
dieses Gut verfügt, als sei es sein Eigentum. Unter ande¬
rem waren Unterhandlungen angeknüpft, wegen einer Dampf¬
ziegelei, welche er auf dem neuen Besitz anzulegen gedachte.
Ferner hatte er sich überlegt, welche Stücke er abtrennen
und veräußern und welche er behalten wolle. Das Haupt¬
geschäft aber hatte er mit dem Walde vor. Den sollte ihm
die Herrschaft Saland für teueres Geld abnehmen. Alle
diese bereits eingefädelten Pläne drohten nun in Nichts zu
zerfallen, durch das, was er soeben von Kaschelernst erfahren
hatte. Denn wenn der Graf wirklich für die Schulden des
Bauern eintrat, dann wurde nichts mit der Subhastation,
auf die es der Händler in erster Linie abgesehen hatte. Er
hatte schon eine Menge Arbeit in diese Sache gesteckt und
nun sollte alles das auf einmal verloren sein. Das war sehr
ärgerlich!

Aber, Sam pflegte sich niemals lange zu ärgern. Ärger
kostete Zeit, und ,Zeit ist Geld.' Er schätzte das Geld viel
zu hoch, um es auf etwas Verlorenes zu setzen. Lieber strengte
er seinen Verstand an, überlegte, ob sich hier nicht doch
noch etwas machen lasse, und bald hatte er das Richtige ge¬
funden.

Wozu war denn Edmund Schmeiß da! Von der Ge¬
wandtheit und dem Schneid dieses jungen Mannes hatte er
mehr als eine Probe erhalten. Edmund Schmeiß war auch
hierfür der richtige Mann.

Der Plan des Händlers war folgender: Der Besitzer
der Herrschaft Saland war Rittmeister und stand in Berlin.
Sam kannte den jungen Grafen zwar nicht persönlich, aber
er wußte, daß er ein vornehmer Herr sei, der sich nicht
sonderlich viel um die Gutsangelegenheiten kümmerte. Im
Sommer und Herbst lebte der Graf ein paar Wochen mit seiner
jungen Frau auf der Herrschaft, die übrige Zeit hielten ihn Dienst
und Geselligkeit in der Reichshauptstadt fest. Mit den Einzel¬
heiten der Landwirtschaft seines großen Besitzes konnte der junge

danke, daß ihm das Büttnerſche Bauerngut entgehen ſollte,
war äußerſt ſchmerzlich. Er hatte im Geiſte bereits über
dieſes Gut verfügt, als ſei es ſein Eigentum. Unter ande¬
rem waren Unterhandlungen angeknüpft, wegen einer Dampf¬
ziegelei, welche er auf dem neuen Beſitz anzulegen gedachte.
Ferner hatte er ſich überlegt, welche Stücke er abtrennen
und veräußern und welche er behalten wolle. Das Haupt¬
geſchäft aber hatte er mit dem Walde vor. Den ſollte ihm
die Herrſchaft Saland für teueres Geld abnehmen. Alle
dieſe bereits eingefädelten Pläne drohten nun in Nichts zu
zerfallen, durch das, was er ſoeben von Kaſchelernſt erfahren
hatte. Denn wenn der Graf wirklich für die Schulden des
Bauern eintrat, dann wurde nichts mit der Subhaſtation,
auf die es der Händler in erſter Linie abgeſehen hatte. Er
hatte ſchon eine Menge Arbeit in dieſe Sache geſteckt und
nun ſollte alles das auf einmal verloren ſein. Das war ſehr
ärgerlich!

Aber, Sam pflegte ſich niemals lange zu ärgern. Ärger
koſtete Zeit, und ‚Zeit iſt Geld.‛ Er ſchätzte das Geld viel
zu hoch, um es auf etwas Verlorenes zu ſetzen. Lieber ſtrengte
er ſeinen Verſtand an, überlegte, ob ſich hier nicht doch
noch etwas machen laſſe, und bald hatte er das Richtige ge¬
funden.

Wozu war denn Edmund Schmeiß da! Von der Ge¬
wandtheit und dem Schneid dieſes jungen Mannes hatte er
mehr als eine Probe erhalten. Edmund Schmeiß war auch
hierfür der richtige Mann.

Der Plan des Händlers war folgender: Der Beſitzer
der Herrſchaft Saland war Rittmeiſter und ſtand in Berlin.
Sam kannte den jungen Grafen zwar nicht perſönlich, aber
er wußte, daß er ein vornehmer Herr ſei, der ſich nicht
ſonderlich viel um die Gutsangelegenheiten kümmerte. Im
Sommer und Herbſt lebte der Graf ein paar Wochen mit ſeiner
jungen Frau auf der Herrſchaft, die übrige Zeit hielten ihn Dienſt
und Geſelligkeit in der Reichshauptſtadt feſt. Mit den Einzel¬
heiten der Landwirtſchaft ſeines großen Beſitzes konnte der junge

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[203/0217] danke, daß ihm das Büttnerſche Bauerngut entgehen ſollte, war äußerſt ſchmerzlich. Er hatte im Geiſte bereits über dieſes Gut verfügt, als ſei es ſein Eigentum. Unter ande¬ rem waren Unterhandlungen angeknüpft, wegen einer Dampf¬ ziegelei, welche er auf dem neuen Beſitz anzulegen gedachte. Ferner hatte er ſich überlegt, welche Stücke er abtrennen und veräußern und welche er behalten wolle. Das Haupt¬ geſchäft aber hatte er mit dem Walde vor. Den ſollte ihm die Herrſchaft Saland für teueres Geld abnehmen. Alle dieſe bereits eingefädelten Pläne drohten nun in Nichts zu zerfallen, durch das, was er ſoeben von Kaſchelernſt erfahren hatte. Denn wenn der Graf wirklich für die Schulden des Bauern eintrat, dann wurde nichts mit der Subhaſtation, auf die es der Händler in erſter Linie abgeſehen hatte. Er hatte ſchon eine Menge Arbeit in dieſe Sache geſteckt und nun ſollte alles das auf einmal verloren ſein. Das war ſehr ärgerlich! Aber, Sam pflegte ſich niemals lange zu ärgern. Ärger koſtete Zeit, und ‚Zeit iſt Geld.‛ Er ſchätzte das Geld viel zu hoch, um es auf etwas Verlorenes zu ſetzen. Lieber ſtrengte er ſeinen Verſtand an, überlegte, ob ſich hier nicht doch noch etwas machen laſſe, und bald hatte er das Richtige ge¬ funden. Wozu war denn Edmund Schmeiß da! Von der Ge¬ wandtheit und dem Schneid dieſes jungen Mannes hatte er mehr als eine Probe erhalten. Edmund Schmeiß war auch hierfür der richtige Mann. Der Plan des Händlers war folgender: Der Beſitzer der Herrſchaft Saland war Rittmeiſter und ſtand in Berlin. Sam kannte den jungen Grafen zwar nicht perſönlich, aber er wußte, daß er ein vornehmer Herr ſei, der ſich nicht ſonderlich viel um die Gutsangelegenheiten kümmerte. Im Sommer und Herbſt lebte der Graf ein paar Wochen mit ſeiner jungen Frau auf der Herrſchaft, die übrige Zeit hielten ihn Dienſt und Geſelligkeit in der Reichshauptſtadt feſt. Mit den Einzel¬ heiten der Landwirtſchaft ſeines großen Beſitzes konnte der junge

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/217>, abgerufen am 18.05.2024.