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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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zusagen, sie habe es inzwischen mit einem anderen getrieben.
Aber, in diesem Augenblick, unter den Blicken ihrer treuen
Augen, fühlte er mit einemmale, auf wie schwachen Füßen
dieser Verdacht eigentlich stehe. Er hatte ja die ganze Geschichte,
die ihm von anderen hinterbracht worden war, nie recht ge¬
glaubt. Das war ja nur ein willkommener Vorwand für ihn
gewesen, auf gute Art von ihr los zu kommen.

Als sie nun jetzt so vor ihm stand, einen Kopf kleiner
als er, frisch und gesund, wie ein Apfel, mit ihren guten
großen Augen, und den leuchtenden Zähnchen, da befand er
sich wieder ganz unter ihrem Banne.

"Ich habe mich su ärgern missen über Dich!" sagte sie
leise, und schluchzte auf einmal auf. Die Thränen saßen sehr
locker bei ihr. Zwischen dem Weinen durch konnte sie so lieb
und schmeichelnd dreinblicken, wie eine zahme Taube. Niemand
hatte dem Mädchen diese Künste gelehrt, aber, die raffinierteste
Kokette hatte keine wirksameren Mittel, das Herz eines Mannes
zu bestricken, als dieses schlichte Naturkind.

Plötzlich senkte sie den Kopf, errötend und noch leiser als
vorher, meinte sie: "Willst De Dir nich Deinen Jungen an¬
sehn, Gustav? Er is nu bald een Jahr!" --

Der junge Mann stand unschlüssig, im Innersten bestürzt.
Er fühlte sehr deutlich, daß dieser Augenblick für ihn die Ent¬
scheidung bedeute. Wenn er ihr jetzt den Willen that, mit ihr
ging und sich den Jungen ansah, dann bekannte er sich zur
Vaterschaft. Bisher hatte er das Kind nicht als das seine
anerkannt, sich hinter der Ausflucht verschanzend, daß man ja
gar nicht wissen könne, von wem es sei.

Pauline hatte den Kopf wieder aufgerichtet und bat ihn
mit den Augen. Dann mit ihrer weichen Mädchenstimme: "Ich
ha' dem Jungen nu schun su viel vun Dir vorderzahlt. Er
kann noch ne raden. Aber "Papa!" das kann er duch
schun sagen. -- Komm ack, Gustav, sieh der'n wen'gstens a
mal an! --

Sie nahm ihn an der Hand und zog ihn nach der Rich¬
tung, wohin sie ihn haben wollte. "Komm ack, Gustav,

zuſagen, ſie habe es inzwiſchen mit einem anderen getrieben.
Aber, in dieſem Augenblick, unter den Blicken ihrer treuen
Augen, fühlte er mit einemmale, auf wie ſchwachen Füßen
dieſer Verdacht eigentlich ſtehe. Er hatte ja die ganze Geſchichte,
die ihm von anderen hinterbracht worden war, nie recht ge¬
glaubt. Das war ja nur ein willkommener Vorwand für ihn
geweſen, auf gute Art von ihr los zu kommen.

Als ſie nun jetzt ſo vor ihm ſtand, einen Kopf kleiner
als er, friſch und geſund, wie ein Apfel, mit ihren guten
großen Augen, und den leuchtenden Zähnchen, da befand er
ſich wieder ganz unter ihrem Banne.

„Ich habe mich ſu ärgern miſſen über Dich!“ ſagte ſie
leiſe, und ſchluchzte auf einmal auf. Die Thränen ſaßen ſehr
locker bei ihr. Zwiſchen dem Weinen durch konnte ſie ſo lieb
und ſchmeichelnd dreinblicken, wie eine zahme Taube. Niemand
hatte dem Mädchen dieſe Künſte gelehrt, aber, die raffinierteſte
Kokette hatte keine wirkſameren Mittel, das Herz eines Mannes
zu beſtricken, als dieſes ſchlichte Naturkind.

Plötzlich ſenkte ſie den Kopf, errötend und noch leiſer als
vorher, meinte ſie: „Willſt De Dir nich Deinen Jungen an¬
ſehn, Guſtav? Er is nu bald een Jahr!“ —

Der junge Mann ſtand unſchlüſſig, im Innerſten beſtürzt.
Er fühlte ſehr deutlich, daß dieſer Augenblick für ihn die Ent¬
ſcheidung bedeute. Wenn er ihr jetzt den Willen that, mit ihr
ging und ſich den Jungen anſah, dann bekannte er ſich zur
Vaterſchaft. Bisher hatte er das Kind nicht als das ſeine
anerkannt, ſich hinter der Ausflucht verſchanzend, daß man ja
gar nicht wiſſen könne, von wem es ſei.

Pauline hatte den Kopf wieder aufgerichtet und bat ihn
mit den Augen. Dann mit ihrer weichen Mädchenſtimme: „Ich
ha' dem Jungen nu ſchun ſu viel vun Dir vorderzahlt. Er
kann noch ne raden. Aber „Papa!“ das kann er duch
ſchun ſagen. — Komm ack, Guſtav, ſieh der'n wen'gſtens a
mal an! —

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[8/0022] zuſagen, ſie habe es inzwiſchen mit einem anderen getrieben. Aber, in dieſem Augenblick, unter den Blicken ihrer treuen Augen, fühlte er mit einemmale, auf wie ſchwachen Füßen dieſer Verdacht eigentlich ſtehe. Er hatte ja die ganze Geſchichte, die ihm von anderen hinterbracht worden war, nie recht ge¬ glaubt. Das war ja nur ein willkommener Vorwand für ihn geweſen, auf gute Art von ihr los zu kommen. Als ſie nun jetzt ſo vor ihm ſtand, einen Kopf kleiner als er, friſch und geſund, wie ein Apfel, mit ihren guten großen Augen, und den leuchtenden Zähnchen, da befand er ſich wieder ganz unter ihrem Banne. „Ich habe mich ſu ärgern miſſen über Dich!“ ſagte ſie leiſe, und ſchluchzte auf einmal auf. Die Thränen ſaßen ſehr locker bei ihr. Zwiſchen dem Weinen durch konnte ſie ſo lieb und ſchmeichelnd dreinblicken, wie eine zahme Taube. Niemand hatte dem Mädchen dieſe Künſte gelehrt, aber, die raffinierteſte Kokette hatte keine wirkſameren Mittel, das Herz eines Mannes zu beſtricken, als dieſes ſchlichte Naturkind. Plötzlich ſenkte ſie den Kopf, errötend und noch leiſer als vorher, meinte ſie: „Willſt De Dir nich Deinen Jungen an¬ ſehn, Guſtav? Er is nu bald een Jahr!“ — Der junge Mann ſtand unſchlüſſig, im Innerſten beſtürzt. Er fühlte ſehr deutlich, daß dieſer Augenblick für ihn die Ent¬ ſcheidung bedeute. Wenn er ihr jetzt den Willen that, mit ihr ging und ſich den Jungen anſah, dann bekannte er ſich zur Vaterſchaft. Bisher hatte er das Kind nicht als das ſeine anerkannt, ſich hinter der Ausflucht verſchanzend, daß man ja gar nicht wiſſen könne, von wem es ſei. Pauline hatte den Kopf wieder aufgerichtet und bat ihn mit den Augen. Dann mit ihrer weichen Mädchenſtimme: „Ich ha' dem Jungen nu ſchun ſu viel vun Dir vorderzahlt. Er kann noch ne raden. Aber „Papa!“ das kann er duch ſchun ſagen. — Komm ack, Guſtav, ſieh der'n wen'gſtens a mal an! — Sie nahm ihn an der Hand und zog ihn nach der Rich¬ tung, wohin ſie ihn haben wollte. „Komm ack, Guſtav,

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/22>, abgerufen am 21.11.2024.