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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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bedrückende Gefühl niederzukämpfen, einem vornehmen Manne
gegenüber zu stehen. Aber das war nur vorübergehend, er be¬
schloß, sich durch nichts imponieren zu lassen. Vornehmheit,
gut! die wollte er jenem lassen; aber ob der Mann so klug
sei, wie er, das würde sich erst noch ausweisen.

Der Graf erwiederte die tiefe Verbeugung des Fremden
mit einem Kopfnicken, wies auf einen Stuhl, zum Zeichen,
daß er Platz nehmen möge, und setzte sich selbst. "Nun, also
Herr". . . . . . Der Graf dehnte das "Herr", nach dem
Namen suchend. "Schmeiß ist mein Name," ergänzte der
Kommissionär. "Ganz recht, Herr Schmeiß! also was führt
Sie zu mir?"

Edmund Schmeiß hatte einen Fuß vorgesetzt und stemmte
den Cylinder auf das Knie. Dann begann er mit Manieren,
die zwischen Unterwürfigkeit, schnüffelnder Neugier und dreister
Zudringlichkeit unausgesetzt wechselten, den Zweck seines Kommens
in seichter, dabei glatt fließender Rede, wie sie den Handlungs¬
reisenden eigen ist, auseinanderzusetzen.

Der Graf hörte ihm eine Weile mit gelangweilter Miene
zu; er feilte inzwischen an seinen Fingernägeln. Als er mit
allen zehn Fingern durch war, blickte er auf und meinte, in
leicht näselndem Tone: "Ja, mein Bester -- ich weiß nicht --
Sie haben behauptet, Sie brächten mir Nachrichten von Saland
-- unter dieser Voraussetzung allein habe ich Sie angenommen.
Ich sehe wirklich nicht ein, was das hier eigentlich soll!"

"Doch Herr Graf! der Herr Graf wollen wir nur gütigst
gestatten, auszureden. Ich meine nämlich, daß die Interessen
der Herrschaft Saland mit meinem Vorschlage sehr eng ver¬
knüpft sind. Der Wald des Büttnerschen Bauerngutes grenzt
mit dem der Herrschaft, liegt wie ein Keil in dem Forst des
Herrn Grafen eingesprengt . . . ."

"Das weiß ich selbst, wahrscheinlich genauer als Sie!"
meinte der Graf, welcher ungeduldig zu werden anfing. "Um
diesen Wald handle ich schon seit Jahren. Ich werde wohl
nun endlich mal dazu kommen. Um lumpige fünfzig oder
sechzig Morgen handelt es sich, glaube ich."

bedrückende Gefühl niederzukämpfen, einem vornehmen Manne
gegenüber zu ſtehen. Aber das war nur vorübergehend, er be¬
ſchloß, ſich durch nichts imponieren zu laſſen. Vornehmheit,
gut! die wollte er jenem laſſen; aber ob der Mann ſo klug
ſei, wie er, das würde ſich erſt noch ausweiſen.

Der Graf erwiederte die tiefe Verbeugung des Fremden
mit einem Kopfnicken, wies auf einen Stuhl, zum Zeichen,
daß er Platz nehmen möge, und ſetzte ſich ſelbſt. „Nun, alſo
Herr“. . . . . . Der Graf dehnte das „Herr“, nach dem
Namen ſuchend. „Schmeiß iſt mein Name,“ ergänzte der
Kommiſſionär. „Ganz recht, Herr Schmeiß! alſo was führt
Sie zu mir?“

Edmund Schmeiß hatte einen Fuß vorgeſetzt und ſtemmte
den Cylinder auf das Knie. Dann begann er mit Manieren,
die zwiſchen Unterwürfigkeit, ſchnüffelnder Neugier und dreiſter
Zudringlichkeit unausgeſetzt wechſelten, den Zweck ſeines Kommens
in ſeichter, dabei glatt fließender Rede, wie ſie den Handlungs¬
reiſenden eigen iſt, auseinanderzuſetzen.

Der Graf hörte ihm eine Weile mit gelangweilter Miene
zu; er feilte inzwiſchen an ſeinen Fingernägeln. Als er mit
allen zehn Fingern durch war, blickte er auf und meinte, in
leicht näſelndem Tone: „Ja, mein Beſter — ich weiß nicht —
Sie haben behauptet, Sie brächten mir Nachrichten von Saland
— unter dieſer Vorausſetzung allein habe ich Sie angenommen.
Ich ſehe wirklich nicht ein, was das hier eigentlich ſoll!“

„Doch Herr Graf! der Herr Graf wollen wir nur gütigſt
geſtatten, auszureden. Ich meine nämlich, daß die Intereſſen
der Herrſchaft Saland mit meinem Vorſchlage ſehr eng ver¬
knüpft ſind. Der Wald des Büttnerſchen Bauerngutes grenzt
mit dem der Herrſchaft, liegt wie ein Keil in dem Forſt des
Herrn Grafen eingeſprengt . . . .“

„Das weiß ich ſelbſt, wahrſcheinlich genauer als Sie!“
meinte der Graf, welcher ungeduldig zu werden anfing. „Um
dieſen Wald handle ich ſchon ſeit Jahren. Ich werde wohl
nun endlich mal dazu kommen. Um lumpige fünfzig oder
ſechzig Morgen handelt es ſich, glaube ich.“

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[210/0224] bedrückende Gefühl niederzukämpfen, einem vornehmen Manne gegenüber zu ſtehen. Aber das war nur vorübergehend, er be¬ ſchloß, ſich durch nichts imponieren zu laſſen. Vornehmheit, gut! die wollte er jenem laſſen; aber ob der Mann ſo klug ſei, wie er, das würde ſich erſt noch ausweiſen. Der Graf erwiederte die tiefe Verbeugung des Fremden mit einem Kopfnicken, wies auf einen Stuhl, zum Zeichen, daß er Platz nehmen möge, und ſetzte ſich ſelbſt. „Nun, alſo Herr“. . . . . . Der Graf dehnte das „Herr“, nach dem Namen ſuchend. „Schmeiß iſt mein Name,“ ergänzte der Kommiſſionär. „Ganz recht, Herr Schmeiß! alſo was führt Sie zu mir?“ Edmund Schmeiß hatte einen Fuß vorgeſetzt und ſtemmte den Cylinder auf das Knie. Dann begann er mit Manieren, die zwiſchen Unterwürfigkeit, ſchnüffelnder Neugier und dreiſter Zudringlichkeit unausgeſetzt wechſelten, den Zweck ſeines Kommens in ſeichter, dabei glatt fließender Rede, wie ſie den Handlungs¬ reiſenden eigen iſt, auseinanderzuſetzen. Der Graf hörte ihm eine Weile mit gelangweilter Miene zu; er feilte inzwiſchen an ſeinen Fingernägeln. Als er mit allen zehn Fingern durch war, blickte er auf und meinte, in leicht näſelndem Tone: „Ja, mein Beſter — ich weiß nicht — Sie haben behauptet, Sie brächten mir Nachrichten von Saland — unter dieſer Vorausſetzung allein habe ich Sie angenommen. Ich ſehe wirklich nicht ein, was das hier eigentlich ſoll!“ „Doch Herr Graf! der Herr Graf wollen wir nur gütigſt geſtatten, auszureden. Ich meine nämlich, daß die Intereſſen der Herrſchaft Saland mit meinem Vorſchlage ſehr eng ver¬ knüpft ſind. Der Wald des Büttnerſchen Bauerngutes grenzt mit dem der Herrſchaft, liegt wie ein Keil in dem Forſt des Herrn Grafen eingeſprengt . . . .“ „Das weiß ich ſelbſt, wahrſcheinlich genauer als Sie!“ meinte der Graf, welcher ungeduldig zu werden anfing. „Um dieſen Wald handle ich ſchon ſeit Jahren. Ich werde wohl nun endlich mal dazu kommen. Um lumpige fünfzig oder ſechzig Morgen handelt es ſich, glaube ich.“

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/224>, abgerufen am 18.05.2024.