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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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schweren und unappetitlichen Verrichtungen, die sie zu Haus
thun müßten, wie: misten, jauchen, graben, dreschen, melken,
karren und die Egge ziehen, fielen da weg. Auch würde meist
in Akkord gearbeitet, ohne Aufsicht von Seiten der Dienst¬
herrschaft. Ganz frei sei man und ungebunden. Könne es
etwas Schöneres geben! Und im Herbste kehre man dann mit
dem ganzen reichen Lohne des Sommers, frohen Mutes in
die Heimat zurück.

Der Werber machte eine Pause. Er hatte die Stimmung
so gut vorzubereiten verstanden, daß er nur noch die Hand
auszustrecken brauchte, und er hatte die Mädchen alle.

Da trat Gustav vor und sagte er wolle mal ein paar
Fragen stellen. "Bitte schön!" meinte der Agent. "Dazu bin
ich hier, um Rede und Antwort zu stehen. Jemehr Sie fragen,
desto angenehmer ist es mir." Er sagte das mit größter Zu¬
vorkommenheit, betrachtete sich den jungen Mann jedoch gleich¬
zeitig mit forschenden Blicken, die nicht frei von Argwohn waren.

"Wir haben ja hier alle gehört" begann Gustav und
wandte sich mehr an die anwesenden Männer, als an die
Frauen, "wie schön dort alles ist, wo der Herr uns hinbringen
möchte, und wie dort alles gut ist, viel besser als hier bei
uns." Er stockte. Das freie Sprechen war ihm etwas völlig
Ungewohntes. Einen Augenblick lang gingen ihm die Gedanken
aus. ,Du bleibst stecken!' Dachte er bei sich. Dann nahm er
alle Willenskraft zusammen und fand das verlorene Gedanken¬
ende wieder. "Solch ein Land möchten wir wohl alle kennen
lernen, wie es der Herr da beschreibt. Aber ehe ich den
Kontrakt unterschreibe und mit dem Herrn Aufseheragenten
dorthin gehe, da möchte ich doch vorher von ihm noch eins
wissen: nämlich, warum denn die Leute dort, die Burschen und
die Mädel aus dem Lande, von dem uns der Herr erzählt,
warum die denn nicht auf Arbeit gehen wollen, und sich das
Verdienst mitnehmen? Oder giebt's dort etwa keine Arbeiter
nicht? Das glaub ich doch nicht!" --

Die Anwesenden waren diesen Worten mit Spannung ge¬
folgt. Die Männer gaben ihren Beifall zu erkennen. Das

ſchweren und unappetitlichen Verrichtungen, die ſie zu Haus
thun müßten, wie: miſten, jauchen, graben, dreſchen, melken,
karren und die Egge ziehen, fielen da weg. Auch würde meiſt
in Akkord gearbeitet, ohne Aufſicht von Seiten der Dienſt¬
herrſchaft. Ganz frei ſei man und ungebunden. Könne es
etwas Schöneres geben! Und im Herbſte kehre man dann mit
dem ganzen reichen Lohne des Sommers, frohen Mutes in
die Heimat zurück.

Der Werber machte eine Pauſe. Er hatte die Stimmung
ſo gut vorzubereiten verſtanden, daß er nur noch die Hand
auszuſtrecken brauchte, und er hatte die Mädchen alle.

Da trat Guſtav vor und ſagte er wolle mal ein paar
Fragen ſtellen. „Bitte ſchön!“ meinte der Agent. „Dazu bin
ich hier, um Rede und Antwort zu ſtehen. Jemehr Sie fragen,
deſto angenehmer iſt es mir.“ Er ſagte das mit größter Zu¬
vorkommenheit, betrachtete ſich den jungen Mann jedoch gleich¬
zeitig mit forſchenden Blicken, die nicht frei von Argwohn waren.

„Wir haben ja hier alle gehört“ begann Guſtav und
wandte ſich mehr an die anweſenden Männer, als an die
Frauen, „wie ſchön dort alles iſt, wo der Herr uns hinbringen
möchte, und wie dort alles gut iſt, viel beſſer als hier bei
uns.“ Er ſtockte. Das freie Sprechen war ihm etwas völlig
Ungewohntes. Einen Augenblick lang gingen ihm die Gedanken
aus. ‚Du bleibſt ſtecken!‘ Dachte er bei ſich. Dann nahm er
alle Willenskraft zuſammen und fand das verlorene Gedanken¬
ende wieder. „Solch ein Land möchten wir wohl alle kennen
lernen, wie es der Herr da beſchreibt. Aber ehe ich den
Kontrakt unterſchreibe und mit dem Herrn Aufſeheragenten
dorthin gehe, da möchte ich doch vorher von ihm noch eins
wiſſen: nämlich, warum denn die Leute dort, die Burſchen und
die Mädel aus dem Lande, von dem uns der Herr erzählt,
warum die denn nicht auf Arbeit gehen wollen, und ſich das
Verdienſt mitnehmen? Oder giebt's dort etwa keine Arbeiter
nicht? Das glaub ich doch nicht!“ —

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folgt. Die Männer gaben ihren Beifall zu erkennen. Das

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[226/0240] ſchweren und unappetitlichen Verrichtungen, die ſie zu Haus thun müßten, wie: miſten, jauchen, graben, dreſchen, melken, karren und die Egge ziehen, fielen da weg. Auch würde meiſt in Akkord gearbeitet, ohne Aufſicht von Seiten der Dienſt¬ herrſchaft. Ganz frei ſei man und ungebunden. Könne es etwas Schöneres geben! Und im Herbſte kehre man dann mit dem ganzen reichen Lohne des Sommers, frohen Mutes in die Heimat zurück. Der Werber machte eine Pauſe. Er hatte die Stimmung ſo gut vorzubereiten verſtanden, daß er nur noch die Hand auszuſtrecken brauchte, und er hatte die Mädchen alle. Da trat Guſtav vor und ſagte er wolle mal ein paar Fragen ſtellen. „Bitte ſchön!“ meinte der Agent. „Dazu bin ich hier, um Rede und Antwort zu ſtehen. Jemehr Sie fragen, deſto angenehmer iſt es mir.“ Er ſagte das mit größter Zu¬ vorkommenheit, betrachtete ſich den jungen Mann jedoch gleich¬ zeitig mit forſchenden Blicken, die nicht frei von Argwohn waren. „Wir haben ja hier alle gehört“ begann Guſtav und wandte ſich mehr an die anweſenden Männer, als an die Frauen, „wie ſchön dort alles iſt, wo der Herr uns hinbringen möchte, und wie dort alles gut iſt, viel beſſer als hier bei uns.“ Er ſtockte. Das freie Sprechen war ihm etwas völlig Ungewohntes. Einen Augenblick lang gingen ihm die Gedanken aus. ‚Du bleibſt ſtecken!‘ Dachte er bei ſich. Dann nahm er alle Willenskraft zuſammen und fand das verlorene Gedanken¬ ende wieder. „Solch ein Land möchten wir wohl alle kennen lernen, wie es der Herr da beſchreibt. Aber ehe ich den Kontrakt unterſchreibe und mit dem Herrn Aufſeheragenten dorthin gehe, da möchte ich doch vorher von ihm noch eins wiſſen: nämlich, warum denn die Leute dort, die Burſchen und die Mädel aus dem Lande, von dem uns der Herr erzählt, warum die denn nicht auf Arbeit gehen wollen, und ſich das Verdienſt mitnehmen? Oder giebt's dort etwa keine Arbeiter nicht? Das glaub ich doch nicht!“ — Die Anweſenden waren dieſen Worten mit Spannung ge¬ folgt. Die Männer gaben ihren Beifall zu erkennen. Das

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/240>, abgerufen am 25.11.2024.