Tagelohn treten. Die Arbeiter, die sich ausgerechnet hatten, daß sie nun nicht mehr den guten Verdienst haben würden, den sie bei der Akkordarbeit erzielen konnten, sahen der Änderung des Lohnsatzes mit Unlust entgegen. Es war darüber schon viel hin und her gesprochen worden unter den Leuten. Man hatte es dem Aufseher nahe gelegt, wegen Aufhebung dieses Vertragspunktes mit dem Arbeitgeber zu verhandeln. Aber, Gustav hatte erklärt, was geschrieben sei, sei geschrieben, und an dem Kontrakte dürfe nicht gerüttelt werden. Darüber er¬ hob sich Murren unter den Leuten, einzelne erklärten, im Tage¬ lohn würden sie faulenzen.
Häschke gab das Gelegenheit, seinem Herzen gründ¬ lich Luft zu machen. Er schimpfte auf den Arbeitsherrn und seine Beamten, gebrauchte Worte wie "Lohnsklaverei" und "Ausbeutung des Arbeiters," -- Gustav warf ihm daraufhin vor, er sei ein "Roter". Häschke nahm den Vorwurf pfiffig lächelnd hin; die "Roten" seien noch nicht so schlimm wie die "Goldnen", meinte er. --
Eines Tages kam der Inspektor an die Arbeiter-Gruppe herangeritten und teilte ihnen in protzig barschem Tone mit, daß morgen, mit beginnender Roggenernte, der Tagelohn in Kraft trete. Er erwarte pünktlichsten Beginn der Arbeit bei Sonnenaufgang und größten Fleiß; Bummelei werde er nicht dulden. Schließlich drohte er mit Lohnabzügen und Fortjagen auf der Stelle. Damit sprengte er an der Reihe entlang, daß den Leuten Sand und Erdklöße in's Gesicht flogen.
Häschke blickte dem jungen Beamten mit einem eigentüm¬ lichen Lächeln nach. "Daß De Dich nur nich geschnitten hast, Kleener!" meinte er. "Wenn wir früh vor fünfen antreten, so is das freiwillig. Sollen wir Überstunden machen, dann megt Ihr uns hübsch drum bitten. So steht de Sache, Freundchen!"
Am nächsten Morgen war ein Teil der Arbeiter nicht dazu zu bewegen, vor fünf Uhr zur Arbeit zu gehen, trotz Gustavs bald drohendem, bald gütlichem Zureden. Der Stimm¬ führer dieser Aufsäßigen war Häschkekarl. Im Kontrakte stehe nichts davon, daß sie zu Überstunden verpflichtet seien. Der
Tagelohn treten. Die Arbeiter, die ſich ausgerechnet hatten, daß ſie nun nicht mehr den guten Verdienſt haben würden, den ſie bei der Akkordarbeit erzielen konnten, ſahen der Änderung des Lohnſatzes mit Unluſt entgegen. Es war darüber ſchon viel hin und her geſprochen worden unter den Leuten. Man hatte es dem Aufſeher nahe gelegt, wegen Aufhebung dieſes Vertragspunktes mit dem Arbeitgeber zu verhandeln. Aber, Guſtav hatte erklärt, was geſchrieben ſei, ſei geſchrieben, und an dem Kontrakte dürfe nicht gerüttelt werden. Darüber er¬ hob ſich Murren unter den Leuten, einzelne erklärten, im Tage¬ lohn würden ſie faulenzen.
Häſchke gab das Gelegenheit, ſeinem Herzen gründ¬ lich Luft zu machen. Er ſchimpfte auf den Arbeitsherrn und ſeine Beamten, gebrauchte Worte wie „Lohnſklaverei“ und „Ausbeutung des Arbeiters,“ — Guſtav warf ihm daraufhin vor, er ſei ein „Roter“. Häſchke nahm den Vorwurf pfiffig lächelnd hin; die „Roten“ ſeien noch nicht ſo ſchlimm wie die „Goldnen“, meinte er. —
Eines Tages kam der Inſpektor an die Arbeiter-Gruppe herangeritten und teilte ihnen in protzig barſchem Tone mit, daß morgen, mit beginnender Roggenernte, der Tagelohn in Kraft trete. Er erwarte pünktlichſten Beginn der Arbeit bei Sonnenaufgang und größten Fleiß; Bummelei werde er nicht dulden. Schließlich drohte er mit Lohnabzügen und Fortjagen auf der Stelle. Damit ſprengte er an der Reihe entlang, daß den Leuten Sand und Erdklöße in's Geſicht flogen.
Häſchke blickte dem jungen Beamten mit einem eigentüm¬ lichen Lächeln nach. „Daß De Dich nur nich geſchnitten haſt, Kleener!“ meinte er. „Wenn wir früh vor fünfen antreten, ſo is das freiwillig. Sollen wir Überſtunden machen, dann megt Ihr uns hübſch drum bitten. So ſteht de Sache, Freundchen!“
Am nächſten Morgen war ein Teil der Arbeiter nicht dazu zu bewegen, vor fünf Uhr zur Arbeit zu gehen, trotz Guſtavs bald drohendem, bald gütlichem Zureden. Der Stimm¬ führer dieſer Aufſäßigen war Häſchkekarl. Im Kontrakte ſtehe nichts davon, daß ſie zu Überſtunden verpflichtet ſeien. Der
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Tagelohn treten. Die Arbeiter, die ſich ausgerechnet hatten,
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ſie bei der Akkordarbeit erzielen konnten, ſahen der Änderung
des Lohnſatzes mit Unluſt entgegen. Es war darüber ſchon
viel hin und her geſprochen worden unter den Leuten. Man
hatte es dem Aufſeher nahe gelegt, wegen Aufhebung dieſes
Vertragspunktes mit dem Arbeitgeber zu verhandeln. Aber,
Guſtav hatte erklärt, was geſchrieben ſei, ſei geſchrieben, und
an dem Kontrakte dürfe nicht gerüttelt werden. Darüber er¬
hob ſich Murren unter den Leuten, einzelne erklärten, im Tage¬
lohn würden ſie faulenzen.
Häſchke gab das Gelegenheit, ſeinem Herzen gründ¬
lich Luft zu machen. Er ſchimpfte auf den Arbeitsherrn und
ſeine Beamten, gebrauchte Worte wie „Lohnſklaverei“ und
„Ausbeutung des Arbeiters,“ — Guſtav warf ihm daraufhin
vor, er ſei ein „Roter“. Häſchke nahm den Vorwurf pfiffig
lächelnd hin; die „Roten“ ſeien noch nicht ſo ſchlimm wie die
„Goldnen“, meinte er. —
Eines Tages kam der Inſpektor an die Arbeiter-Gruppe
herangeritten und teilte ihnen in protzig barſchem Tone mit,
daß morgen, mit beginnender Roggenernte, der Tagelohn in
Kraft trete. Er erwarte pünktlichſten Beginn der Arbeit bei
Sonnenaufgang und größten Fleiß; Bummelei werde er nicht
dulden. Schließlich drohte er mit Lohnabzügen und Fortjagen
auf der Stelle. Damit ſprengte er an der Reihe entlang, daß
den Leuten Sand und Erdklöße in's Geſicht flogen.
Häſchke blickte dem jungen Beamten mit einem eigentüm¬
lichen Lächeln nach. „Daß De Dich nur nich geſchnitten haſt,
Kleener!“ meinte er. „Wenn wir früh vor fünfen antreten,
ſo is das freiwillig. Sollen wir Überſtunden machen, dann
megt Ihr uns hübſch drum bitten. So ſteht de Sache, Freundchen!“
Am nächſten Morgen war ein Teil der Arbeiter nicht
dazu zu bewegen, vor fünf Uhr zur Arbeit zu gehen, trotz
Guſtavs bald drohendem, bald gütlichem Zureden. Der Stimm¬
führer dieſer Aufſäßigen war Häſchkekarl. Im Kontrakte ſtehe
nichts davon, daß ſie zu Überſtunden verpflichtet ſeien. Der
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/318>, abgerufen am 21.11.2024.
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