An dieser Ecke war er in früher Jugend bewahrt worden vor Unfall, wie durch ein Wunder: die Pferde waren scheu ge¬ worden, hatten den Knaben geschleift; als der Vater desselben Weges kam, sich den Tieren entgegenwarf und so des Kindes Leben rettete. Dort jenen wilden Rosenstrauch hatte er stehen lassen, während rings alles Gebüsch gerodet wurde, der Hage¬ butten wegen, aus denen die Bäuerin ein schmackhaftes Mus zu bereiten verstand. -- Hier hatte jeder Fußbreit Landes Be¬ deutung für ihn, jedes Hälmchen erzählte ihm eine Geschichte.
Jetzt verließ er den Hauptweg, schlug einen schmalen Gang zwischen zwei Feldern ein. Dabei stieß er auf einen frisch ge¬ setzten Grenzstein. Das war die neue Einteilung! -- Alles hatten sie ihm durcheinander geworfen: die Grenzen, die Schläge, die Fruchtfolge.
Da war ein Stück mit junger grüner Saat. Hafer konnte das nicht sein. Ja, zum Tenfel, was war denn das? -- Der Bauer blieb stehen, bückte sich, betrachtete sich die Hälmchen genau. Das war ja Gerste! -- War der Mensch verrückt, hier Gerste zu bauen, auf diesem nassen Zipfel! Der würde sich mal wundern im Herbst, was er hiervon ernten mochte! Er mußte doch seinen Acker kennen. Hier gerade war un¬ durchlässiger Tonboden, und immer Nässe. Da wollte solch ein Esel Gerste bauen! -- Der Alte lachte grimmig in sich hinein.
Aber er hatte ja noch was vor heute. Richtig! --
Ein kleiner Schauer lief ihm den Rücken hinab. Nur die Furcht nicht Herr werden lassen! Die Sache war schnell vorüber, wenn man's richtig anfing. Er überzeugte sich durch einen Griff in die Brusttasche, daß das, was er brauchte, auch da sei.
Was sie wohl sagen würden, wenn sie ihn erst gefunden haben würden! -- Was seine Peiniger da sagen würden! -- Kaschelernst, der Hund! Dort lag sein Feld. Sein Korn schien gut zu stehen heuer. Wie er ihm im vorigen Jahre die Saat umgestürzt hatte, das war doch mal ein gelungener Streich gewesen! -- Der Schimmer eines Lächelns flog über die verbissenen Züge des alten Mannes.
Jetzt mußte er Halt machen; er war zu schnell gegangen.
An dieſer Ecke war er in früher Jugend bewahrt worden vor Unfall, wie durch ein Wunder: die Pferde waren ſcheu ge¬ worden, hatten den Knaben geſchleift; als der Vater desſelben Weges kam, ſich den Tieren entgegenwarf und ſo des Kindes Leben rettete. Dort jenen wilden Roſenſtrauch hatte er ſtehen laſſen, während rings alles Gebüſch gerodet wurde, der Hage¬ butten wegen, aus denen die Bäuerin ein ſchmackhaftes Mus zu bereiten verſtand. — Hier hatte jeder Fußbreit Landes Be¬ deutung für ihn, jedes Hälmchen erzählte ihm eine Geſchichte.
Jetzt verließ er den Hauptweg, ſchlug einen ſchmalen Gang zwiſchen zwei Feldern ein. Dabei ſtieß er auf einen friſch ge¬ ſetzten Grenzſtein. Das war die neue Einteilung! — Alles hatten ſie ihm durcheinander geworfen: die Grenzen, die Schläge, die Fruchtfolge.
Da war ein Stück mit junger grüner Saat. Hafer konnte das nicht ſein. Ja, zum Tenfel, was war denn das? — Der Bauer blieb ſtehen, bückte ſich, betrachtete ſich die Hälmchen genau. Das war ja Gerſte! — War der Menſch verrückt, hier Gerſte zu bauen, auf dieſem naſſen Zipfel! Der würde ſich mal wundern im Herbſt, was er hiervon ernten mochte! Er mußte doch ſeinen Acker kennen. Hier gerade war un¬ durchläſſiger Tonboden, und immer Näſſe. Da wollte ſolch ein Eſel Gerſte bauen! — Der Alte lachte grimmig in ſich hinein.
Aber er hatte ja noch was vor heute. Richtig! —
Ein kleiner Schauer lief ihm den Rücken hinab. Nur die Furcht nicht Herr werden laſſen! Die Sache war ſchnell vorüber, wenn man's richtig anfing. Er überzeugte ſich durch einen Griff in die Bruſttaſche, daß das, was er brauchte, auch da ſei.
Was ſie wohl ſagen würden, wenn ſie ihn erſt gefunden haben würden! — Was ſeine Peiniger da ſagen würden! — Kaſchelernſt, der Hund! Dort lag ſein Feld. Sein Korn ſchien gut zu ſtehen heuer. Wie er ihm im vorigen Jahre die Saat umgeſtürzt hatte, das war doch mal ein gelungener Streich geweſen! — Der Schimmer eines Lächelns flog über die verbiſſenen Züge des alten Mannes.
Jetzt mußte er Halt machen; er war zu ſchnell gegangen.
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An dieſer Ecke war er in früher Jugend bewahrt worden vor
Unfall, wie durch ein Wunder: die Pferde waren ſcheu ge¬
worden, hatten den Knaben geſchleift; als der Vater desſelben
Weges kam, ſich den Tieren entgegenwarf und ſo des Kindes
Leben rettete. Dort jenen wilden Roſenſtrauch hatte er ſtehen
laſſen, während rings alles Gebüſch gerodet wurde, der Hage¬
butten wegen, aus denen die Bäuerin ein ſchmackhaftes Mus
zu bereiten verſtand. — Hier hatte jeder Fußbreit Landes Be¬
deutung für ihn, jedes Hälmchen erzählte ihm eine Geſchichte.
Jetzt verließ er den Hauptweg, ſchlug einen ſchmalen Gang
zwiſchen zwei Feldern ein. Dabei ſtieß er auf einen friſch ge¬
ſetzten Grenzſtein. Das war die neue Einteilung! — Alles hatten
ſie ihm durcheinander geworfen: die Grenzen, die Schläge, die
Fruchtfolge.
Da war ein Stück mit junger grüner Saat. Hafer konnte
das nicht ſein. Ja, zum Tenfel, was war denn das? — Der
Bauer blieb ſtehen, bückte ſich, betrachtete ſich die Hälmchen
genau. Das war ja Gerſte! — War der Menſch verrückt,
hier Gerſte zu bauen, auf dieſem naſſen Zipfel! Der würde
ſich mal wundern im Herbſt, was er hiervon ernten mochte!
Er mußte doch ſeinen Acker kennen. Hier gerade war un¬
durchläſſiger Tonboden, und immer Näſſe. Da wollte ſolch
ein Eſel Gerſte bauen! — Der Alte lachte grimmig in ſich hinein.
Aber er hatte ja noch was vor heute. Richtig! —
Ein kleiner Schauer lief ihm den Rücken hinab. Nur die
Furcht nicht Herr werden laſſen! Die Sache war ſchnell vorüber,
wenn man's richtig anfing. Er überzeugte ſich durch einen
Griff in die Bruſttaſche, daß das, was er brauchte, auch da ſei.
Was ſie wohl ſagen würden, wenn ſie ihn erſt gefunden
haben würden! — Was ſeine Peiniger da ſagen würden!
— Kaſchelernſt, der Hund! Dort lag ſein Feld. Sein Korn
ſchien gut zu ſtehen heuer. Wie er ihm im vorigen Jahre
die Saat umgeſtürzt hatte, das war doch mal ein gelungener
Streich geweſen! — Der Schimmer eines Lächelns flog über
die verbiſſenen Züge des alten Mannes.
Jetzt mußte er Halt machen; er war zu ſchnell gegangen.
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/436>, abgerufen am 24.11.2024.
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