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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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der Darstellung schließt aber die Milde, ja eine gewisse Weichheit
des Empfindens nicht aus. Nirgends giebt Polenz bloße Photo¬
graphie, was er erzählt, hat stets einen besonderen Sinn, einen
ethischen Kern; eine tiefhumane Gesinnung, ein Streben, auch im
Unscheinbarsten den Gehalt des Göttlichen zu erkennen, zeichnet
alle Schöpfungen des Dichters aus. Selbst gegen das, was ihm
verhaßt ist, gegen Pharisäer, glatte Streber und aufgeblasene
Hohlköpfe, kämpft Polenz weniger mit schlagender Geißel, als mit
überlegener Ironie. Sein Talent ist ein vielseitiges, nur im rein
Lyrischen ruht seine Stärke nicht. Das vorliegende Buch bildet ein
Gemisch von kleinen Novellen, Skizzen, Satiren und Gedichten;
es ist manches Schwächliche darunter, das Bedeutende aber über¬
wiegt weitaus. Ein kleines Meisterstück ist gleich die erste Erzäh¬
lung "Karline", die in einfachster Weise von einem braven ein¬
fältigen Landmädchen erzählt und doch eine Fülle feiner Seelen¬
beobachtung verrät. Durch sinnvollen Gehalt entzückt die Skizze
"Bezahl's Gott", in der sich ein innerlicher Humor offenbart, der,
um zu wirken, gar keiner äußeren Spaßmittel bedarf. Wie die
reiche Kuhbichbäuerin, die ihr ganzes Leben hindurch ihr Herz
vor jeder Mitleidserregung bewahrt hat, schließlich doch noch ihrer
"ewigen Seligkeit" gewiß wird, das ist so köstlich und eigenartig
aus dem Leben heraus erzählt, daß man den Verfasser gern um
mehr dergleichen bitten möchte. Aehnliches Gepräge trägt "Eine
Partie Skat", nur daß der Humor hier bittrer und schärfer er¬
scheint. Von den Satiren, die meist im Versgewande auftreten, er
freut die Geschichte vom Gigerl und Obergigerl durch ihre sprach¬
liche Kunstfertigkeit, der Bericht über die Synode, von der Jesus als
"Fremder" ausgeschlossen wird, durch ihren sinnigen, nur zu zeit¬
gemäßen Inhalt. Seinem nationalen Fühlen giebt der Dichter in
dem "antisemitischen" Gleichnis vom "Sämann und Dohlen"
kräftigen Ausdruck. Auch unter den "Gedichten" im engeren
Sinne findet sich manch schwungvoller Erguß, wie das von Hutten,
und manches anziehende Bild, u. A. "Eine Königin", "Vor einem
Christusbilde", "Freiheit."

der Darſtellung ſchließt aber die Milde, ja eine gewiſſe Weichheit
des Empfindens nicht aus. Nirgends giebt Polenz bloße Photo¬
graphie, was er erzählt, hat ſtets einen beſonderen Sinn, einen
ethiſchen Kern; eine tiefhumane Geſinnung, ein Streben, auch im
Unſcheinbarſten den Gehalt des Göttlichen zu erkennen, zeichnet
alle Schöpfungen des Dichters aus. Selbſt gegen das, was ihm
verhaßt iſt, gegen Phariſäer, glatte Streber und aufgeblaſene
Hohlköpfe, kämpft Polenz weniger mit ſchlagender Geißel, als mit
überlegener Ironie. Sein Talent iſt ein vielſeitiges, nur im rein
Lyriſchen ruht ſeine Stärke nicht. Das vorliegende Buch bildet ein
Gemiſch von kleinen Novellen, Skizzen, Satiren und Gedichten;
es iſt manches Schwächliche darunter, das Bedeutende aber über¬
wiegt weitaus. Ein kleines Meiſterſtück iſt gleich die erſte Erzäh¬
lung „Karline“, die in einfachſter Weiſe von einem braven ein¬
fältigen Landmädchen erzählt und doch eine Fülle feiner Seelen¬
beobachtung verrät. Durch ſinnvollen Gehalt entzückt die Skizze
„Bezahl's Gott“, in der ſich ein innerlicher Humor offenbart, der,
um zu wirken, gar keiner äußeren Spaßmittel bedarf. Wie die
reiche Kuhbichbäuerin, die ihr ganzes Leben hindurch ihr Herz
vor jeder Mitleidserregung bewahrt hat, ſchließlich doch noch ihrer
„ewigen Seligkeit“ gewiß wird, das iſt ſo köſtlich und eigenartig
aus dem Leben heraus erzählt, daß man den Verfaſſer gern um
mehr dergleichen bitten möchte. Aehnliches Gepräge trägt „Eine
Partie Skat“, nur daß der Humor hier bittrer und ſchärfer er¬
ſcheint. Von den Satiren, die meiſt im Versgewande auftreten, er
freut die Geſchichte vom Gigerl und Obergigerl durch ihre ſprach¬
liche Kunſtfertigkeit, der Bericht über die Synode, von der Jeſus als
„Fremder“ ausgeſchloſſen wird, durch ihren ſinnigen, nur zu zeit¬
gemäßen Inhalt. Seinem nationalen Fühlen giebt der Dichter in
dem „antiſemitiſchen“ Gleichnis vom „Sämann und Dohlen“
kräftigen Ausdruck. Auch unter den „Gedichten“ im engeren
Sinne findet ſich manch ſchwungvoller Erguß, wie das von Hutten,
und manches anziehende Bild, u. A. „Eine Königin“, „Vor einem
Chriſtusbilde“, „Freiheit.“

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[0449] der Darſtellung ſchließt aber die Milde, ja eine gewiſſe Weichheit des Empfindens nicht aus. Nirgends giebt Polenz bloße Photo¬ graphie, was er erzählt, hat ſtets einen beſonderen Sinn, einen ethiſchen Kern; eine tiefhumane Geſinnung, ein Streben, auch im Unſcheinbarſten den Gehalt des Göttlichen zu erkennen, zeichnet alle Schöpfungen des Dichters aus. Selbſt gegen das, was ihm verhaßt iſt, gegen Phariſäer, glatte Streber und aufgeblaſene Hohlköpfe, kämpft Polenz weniger mit ſchlagender Geißel, als mit überlegener Ironie. Sein Talent iſt ein vielſeitiges, nur im rein Lyriſchen ruht ſeine Stärke nicht. Das vorliegende Buch bildet ein Gemiſch von kleinen Novellen, Skizzen, Satiren und Gedichten; es iſt manches Schwächliche darunter, das Bedeutende aber über¬ wiegt weitaus. Ein kleines Meiſterſtück iſt gleich die erſte Erzäh¬ lung „Karline“, die in einfachſter Weiſe von einem braven ein¬ fältigen Landmädchen erzählt und doch eine Fülle feiner Seelen¬ beobachtung verrät. Durch ſinnvollen Gehalt entzückt die Skizze „Bezahl's Gott“, in der ſich ein innerlicher Humor offenbart, der, um zu wirken, gar keiner äußeren Spaßmittel bedarf. Wie die reiche Kuhbichbäuerin, die ihr ganzes Leben hindurch ihr Herz vor jeder Mitleidserregung bewahrt hat, ſchließlich doch noch ihrer „ewigen Seligkeit“ gewiß wird, das iſt ſo köſtlich und eigenartig aus dem Leben heraus erzählt, daß man den Verfaſſer gern um mehr dergleichen bitten möchte. Aehnliches Gepräge trägt „Eine Partie Skat“, nur daß der Humor hier bittrer und ſchärfer er¬ ſcheint. Von den Satiren, die meiſt im Versgewande auftreten, er freut die Geſchichte vom Gigerl und Obergigerl durch ihre ſprach¬ liche Kunſtfertigkeit, der Bericht über die Synode, von der Jeſus als „Fremder“ ausgeſchloſſen wird, durch ihren ſinnigen, nur zu zeit¬ gemäßen Inhalt. Seinem nationalen Fühlen giebt der Dichter in dem „antiſemitiſchen“ Gleichnis vom „Sämann und Dohlen“ kräftigen Ausdruck. Auch unter den „Gedichten“ im engeren Sinne findet ſich manch ſchwungvoller Erguß, wie das von Hutten, und manches anziehende Bild, u. A. „Eine Königin“, „Vor einem Chriſtusbilde“, „Freiheit.“

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/449>, abgerufen am 24.11.2024.