Hernachen is nur noch 's Kraut. In a Wochen a zwee noch hin, denk'ch, sein mer fertig."
"Gratuliere, gratuliere! -- Sie haben wohl eine starke Familie, Herr Büttner?"
"'s langt zu, Herr Harrassowitz, 's langt Se gerade zu," meinte der Bauer und lachte in sich hinein. "Mit de Enkel sein's 'r immer a Mäuler achte, die gefittert sein wullen -- ju, ju!"
"Nun, um so mehr Hände sind dann auch da zur Be¬ stellung und in der Erntezeit -- nicht wahr, Herr Büttner? Eine zahlreiche Familie ist ein Segen Gottes, besonders für den Landmann. Ich kenne die ländlichen Verhältnisse, ich kenne sie! Sie mögen mir das glauben, lieber Büttner. -- Und wie steht's denn mit der Winterung?"
Der Bauer berichtete, daß der Roggen gut durch den Winter gekommen und nur wenig ausgewintert sei. "Ene wohre Pracht! Wie ene Bürschte, weeß der Hohle, wie ene Bürschte steht Sie das Korn!"
"Nun, das ist ja hocherfreulich zu hören! Da hätten wir also die schönsten Aussichten für eine gute Ernte. Da wird wiedermal schönes Geld unter die Leute kommen! Und hat der Bauer Geld, dann hat's die ganze Welt."
"Das mechte och sein -- das mechte freilich sein, Herr Harrassowitz!" meinte der Büttnerbauer und kratzte sich hinter den Ohren. "'s Geld is sihre rar gewest. Ne ach Gott, zu rare ist dos gewest in der letzten Zeit, Herr Harrassowitz!"
"Nun, Sie werden doch nicht etwa klagen wollen, Herr Büttner! Sie, mit Ihrer schönen Besitzung! -- Wie groß ist denn das Gut, wenn ich fragen darf?"
"Zweemalhundert und a paaren dreißig Morgen, alles in allen, mit an Buusche."
"Das wäre ja bald ein kleines Rittergut! Und da wollen Sie lamentieren! Ich bitte Sie, guter Herr Büttner, was sollen denn dann die kleinen Leute machen!"
"Ju, wenn ock de vielen Abgaben ne wären, und de Gemeenelasten und de Schulden."
Hernachen is nur noch 's Kraut. In a Wochen a zwee noch hin, denk'ch, ſein mer fertig.“
„Gratuliere, gratuliere! — Sie haben wohl eine ſtarke Familie, Herr Büttner?“
„'s langt zu, Herr Harraſſowitz, 's langt Se gerade zu,“ meinte der Bauer und lachte in ſich hinein. „Mit de Enkel ſein's 'r immer a Mäuler achte, die gefittert ſein wullen — ju, ju!“
„Nun, um ſo mehr Hände ſind dann auch da zur Be¬ ſtellung und in der Erntezeit — nicht wahr, Herr Büttner? Eine zahlreiche Familie iſt ein Segen Gottes, beſonders für den Landmann. Ich kenne die ländlichen Verhältniſſe, ich kenne ſie! Sie mögen mir das glauben, lieber Büttner. — Und wie ſteht's denn mit der Winterung?“
Der Bauer berichtete, daß der Roggen gut durch den Winter gekommen und nur wenig ausgewintert ſei. „Ene wohre Pracht! Wie ene Bürſchte, weeß der Hohle, wie ene Bürſchte ſteht Sie das Korn!“
„Nun, das iſt ja hocherfreulich zu hören! Da hätten wir alſo die ſchönſten Ausſichten für eine gute Ernte. Da wird wiedermal ſchönes Geld unter die Leute kommen! Und hat der Bauer Geld, dann hat's die ganze Welt.“
„Das mechte och ſein — das mechte freilich ſein, Herr Harraſſowitz!“ meinte der Büttnerbauer und kratzte ſich hinter den Ohren. „'s Geld is ſihre rar geweſt. Ne ach Gott, zu rare iſt dos geweſt in der letzten Zeit, Herr Harraſſowitz!“
„Nun, Sie werden doch nicht etwa klagen wollen, Herr Büttner! Sie, mit Ihrer ſchönen Beſitzung! — Wie groß iſt denn das Gut, wenn ich fragen darf?“
„Zweemalhundert und a paaren dreißig Morgen, alles in allen, mit an Buuſche.“
„Das wäre ja bald ein kleines Rittergut! Und da wollen Sie lamentieren! Ich bitte Sie, guter Herr Büttner, was ſollen denn dann die kleinen Leute machen!“
„Ju, wenn ock de vielen Abgaben ne wären, und de Gemeenelaſten und de Schulden.“
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[46/0060]
Hernachen is nur noch 's Kraut. In a Wochen a zwee noch
hin, denk'ch, ſein mer fertig.“
„Gratuliere, gratuliere! — Sie haben wohl eine ſtarke
Familie, Herr Büttner?“
„'s langt zu, Herr Harraſſowitz, 's langt Se gerade zu,“
meinte der Bauer und lachte in ſich hinein. „Mit de Enkel
ſein's 'r immer a Mäuler achte, die gefittert ſein wullen —
ju, ju!“
„Nun, um ſo mehr Hände ſind dann auch da zur Be¬
ſtellung und in der Erntezeit — nicht wahr, Herr Büttner?
Eine zahlreiche Familie iſt ein Segen Gottes, beſonders für
den Landmann. Ich kenne die ländlichen Verhältniſſe, ich
kenne ſie! Sie mögen mir das glauben, lieber Büttner. —
Und wie ſteht's denn mit der Winterung?“
Der Bauer berichtete, daß der Roggen gut durch den
Winter gekommen und nur wenig ausgewintert ſei. „Ene
wohre Pracht! Wie ene Bürſchte, weeß der Hohle, wie ene
Bürſchte ſteht Sie das Korn!“
„Nun, das iſt ja hocherfreulich zu hören! Da hätten wir
alſo die ſchönſten Ausſichten für eine gute Ernte. Da wird
wiedermal ſchönes Geld unter die Leute kommen! Und hat
der Bauer Geld, dann hat's die ganze Welt.“
„Das mechte och ſein — das mechte freilich ſein, Herr
Harraſſowitz!“ meinte der Büttnerbauer und kratzte ſich hinter
den Ohren. „'s Geld is ſihre rar geweſt. Ne ach Gott, zu
rare iſt dos geweſt in der letzten Zeit, Herr Harraſſowitz!“
„Nun, Sie werden doch nicht etwa klagen wollen, Herr
Büttner! Sie, mit Ihrer ſchönen Beſitzung! — Wie groß iſt
denn das Gut, wenn ich fragen darf?“
„Zweemalhundert und a paaren dreißig Morgen, alles
in allen, mit an Buuſche.“
„Das wäre ja bald ein kleines Rittergut! Und da wollen
Sie lamentieren! Ich bitte Sie, guter Herr Büttner, was
ſollen denn dann die kleinen Leute machen!“
„Ju, wenn ock de vielen Abgaben ne wären, und de
Gemeenelaſten und de Schulden.“
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/60>, abgerufen am 16.07.2024.
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