"Aber, bedenken Sie doch nur, Lieber, Sie bekommen da¬ durch Kapital in die Hand. Ich glaube Ihre Verhältnisse sind derart, daß Sie das ganz gut gebrauchen können."
"Wie's mir ergieht, oder ne ergieht, das geht niemanden uf der Welt nischt ne an!" rief der Alte; das Zittern seiner Stimme ließ die innere Erregung ahnen.
"Herr Gott! Mißverstehen Sie mich nur nicht! Fällt mir im Traume nicht ein, mich in Ihre Verhältnisse zu mischen. Ich habe nur soviel sagen wollen, daß Sie, wenn Sie erst mal Ihren Wald los sind, alle Kraft auf die Verbesserung der Felder und der Wiesen verwenden können. Ich glaube, da ließe sich noch manches thun. Ich bin neulich mal über ihr Grundstück geritten. Da draußen am Waldesrande liegt ein ganzer Schlag, auf dem wächst nichts als Unkraut."
Der Bauer rückte in seiner Ecke unruhig hin und her, da jener ihn, ohne es zu ahnen, an der verwundbarsten Stelle traf. Das war ja sein ärgster Kummer, daß er das Büschel¬ gewende schon zum zweiten Male mußte als Brache liegen lassen, weil es ihm an Arbeitskräften fehlte.
Hauptmann Schroff fuhr unbeirrt fort: "Da ließe sich sicher noch vieles bessern. Und vor allem! intensivere Wirt¬ schaft mein Lieber, intensiveres Düngen. Aber dazu ist Bar¬ geld nötig. Ich meine, Sie sollten mit beiden Händen zu¬ greifen, wenn Ihnen ein solches Gebot gemacht wird." Der Sprecher merkte in seinem Eifer wohl nicht, wie es in dem Gesichte des Alten wetterte und zuckte. Das waren ja alles Dinge, die er nur zu gut wußte, die er sich selbst wie oft gesagt, die aber im Munde des Fremden als beleidigende Vor¬ würfe wirkten.
"Und nun noch eins!" fuhr der Hauptmann fort "etwas, das auch wieder das gemeinsame Interesse illustriert, welches Sie wie der Graf, an dem Handel haben. Aus dem gräf¬ lichen Forste tritt nicht selten das Wild auf die Fluren hinaus, wahrscheinlich auch auf Ihre Felder . . ."
Jetzt riß dem Alten die Geduld. Die Erwähnung des Wildes, das ihm seine Saaten zertrampelte und sein Getreide
„Aber, bedenken Sie doch nur, Lieber, Sie bekommen da¬ durch Kapital in die Hand. Ich glaube Ihre Verhältniſſe ſind derart, daß Sie das ganz gut gebrauchen können.“
„Wie's mir ergieht, oder ne ergieht, das geht niemanden uf der Welt niſcht ne an!“ rief der Alte; das Zittern ſeiner Stimme ließ die innere Erregung ahnen.
„Herr Gott! Mißverſtehen Sie mich nur nicht! Fällt mir im Traume nicht ein, mich in Ihre Verhältniſſe zu miſchen. Ich habe nur ſoviel ſagen wollen, daß Sie, wenn Sie erſt mal Ihren Wald los ſind, alle Kraft auf die Verbeſſerung der Felder und der Wieſen verwenden können. Ich glaube, da ließe ſich noch manches thun. Ich bin neulich mal über ihr Grundſtück geritten. Da draußen am Waldesrande liegt ein ganzer Schlag, auf dem wächſt nichts als Unkraut.“
Der Bauer rückte in ſeiner Ecke unruhig hin und her, da jener ihn, ohne es zu ahnen, an der verwundbarſten Stelle traf. Das war ja ſein ärgſter Kummer, daß er das Büſchel¬ gewende ſchon zum zweiten Male mußte als Brache liegen laſſen, weil es ihm an Arbeitskräften fehlte.
Hauptmann Schroff fuhr unbeirrt fort: „Da ließe ſich ſicher noch vieles beſſern. Und vor allem! intenſivere Wirt¬ ſchaft mein Lieber, intenſiveres Düngen. Aber dazu iſt Bar¬ geld nötig. Ich meine, Sie ſollten mit beiden Händen zu¬ greifen, wenn Ihnen ein ſolches Gebot gemacht wird.“ Der Sprecher merkte in ſeinem Eifer wohl nicht, wie es in dem Geſichte des Alten wetterte und zuckte. Das waren ja alles Dinge, die er nur zu gut wußte, die er ſich ſelbſt wie oft geſagt, die aber im Munde des Fremden als beleidigende Vor¬ würfe wirkten.
„Und nun noch eins!“ fuhr der Hauptmann fort „etwas, das auch wieder das gemeinſame Intereſſe illuſtriert, welches Sie wie der Graf, an dem Handel haben. Aus dem gräf¬ lichen Forſte tritt nicht ſelten das Wild auf die Fluren hinaus, wahrſcheinlich auch auf Ihre Felder . . .“
Jetzt riß dem Alten die Geduld. Die Erwähnung des Wildes, das ihm ſeine Saaten zertrampelte und ſein Getreide
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„Aber, bedenken Sie doch nur, Lieber, Sie bekommen da¬
durch Kapital in die Hand. Ich glaube Ihre Verhältniſſe ſind
derart, daß Sie das ganz gut gebrauchen können.“
„Wie's mir ergieht, oder ne ergieht, das geht niemanden
uf der Welt niſcht ne an!“ rief der Alte; das Zittern ſeiner
Stimme ließ die innere Erregung ahnen.
„Herr Gott! Mißverſtehen Sie mich nur nicht! Fällt
mir im Traume nicht ein, mich in Ihre Verhältniſſe zu miſchen.
Ich habe nur ſoviel ſagen wollen, daß Sie, wenn Sie erſt
mal Ihren Wald los ſind, alle Kraft auf die Verbeſſerung
der Felder und der Wieſen verwenden können. Ich glaube,
da ließe ſich noch manches thun. Ich bin neulich mal über
ihr Grundſtück geritten. Da draußen am Waldesrande liegt
ein ganzer Schlag, auf dem wächſt nichts als Unkraut.“
Der Bauer rückte in ſeiner Ecke unruhig hin und her,
da jener ihn, ohne es zu ahnen, an der verwundbarſten Stelle
traf. Das war ja ſein ärgſter Kummer, daß er das Büſchel¬
gewende ſchon zum zweiten Male mußte als Brache liegen
laſſen, weil es ihm an Arbeitskräften fehlte.
Hauptmann Schroff fuhr unbeirrt fort: „Da ließe ſich
ſicher noch vieles beſſern. Und vor allem! intenſivere Wirt¬
ſchaft mein Lieber, intenſiveres Düngen. Aber dazu iſt Bar¬
geld nötig. Ich meine, Sie ſollten mit beiden Händen zu¬
greifen, wenn Ihnen ein ſolches Gebot gemacht wird.“ Der
Sprecher merkte in ſeinem Eifer wohl nicht, wie es in dem
Geſichte des Alten wetterte und zuckte. Das waren ja alles
Dinge, die er nur zu gut wußte, die er ſich ſelbſt wie oft
geſagt, die aber im Munde des Fremden als beleidigende Vor¬
würfe wirkten.
„Und nun noch eins!“ fuhr der Hauptmann fort „etwas,
das auch wieder das gemeinſame Intereſſe illuſtriert, welches
Sie wie der Graf, an dem Handel haben. Aus dem gräf¬
lichen Forſte tritt nicht ſelten das Wild auf die Fluren hinaus,
wahrſcheinlich auch auf Ihre Felder . . .“
Jetzt riß dem Alten die Geduld. Die Erwähnung des
Wildes, das ihm ſeine Saaten zertrampelte und ſein Getreide
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/76>, abgerufen am 25.11.2024.
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