Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.Wanda hingegen stellte sich vor Pauline hin und musterte Paulinens Hals, Wangen und Stirn färbten sich purpurn. Frau Katschners Vermittlertalent half über diesen kritischen Pauline saß stumm dabei und rührte sich kaum. Auf "Famos ist es hier!" rief eben Wanda. "Überhaupt, die "Was haben Sie denn da drinne? Junge Katzen?" fragte "Ach, das ist ja das Kind!" rief Frau Katschner. "Was! Habt Ihr hier kleine Kinder?" Pauline saß wie mit Blut übergossen, die Augen in den "Wir wissen eigentlich selbst nicht recht, wie wir zu dem Wanda hingegen ſtellte ſich vor Pauline hin und muſterte Paulinens Hals, Wangen und Stirn färbten ſich purpurn. Frau Katſchners Vermittlertalent half über dieſen kritiſchen Pauline ſaß ſtumm dabei und rührte ſich kaum. Auf „Famos iſt es hier!“ rief eben Wanda. „Überhaupt, die „Was haben Sie denn da drinne? Junge Katzen?“ fragte „Ach, das iſt ja das Kind!“ rief Frau Katſchner. „Was! Habt Ihr hier kleine Kinder?“ Pauline ſaß wie mit Blut übergoſſen, die Augen in den „Wir wiſſen eigentlich ſelbſt nicht recht, wie wir zu dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0091" n="77"/> <p>Wanda hingegen ſtellte ſich vor Pauline hin und muſterte<lb/> ſie von oben bis unten. „Dieſe Pauline!“ rief ſie. „Was<lb/> das für ein Weib geworden iſt. Wie eine Frau ſieht ſie aus,<lb/> wie die reine Frau! Gar nichts vom Mädel mehr!“</p><lb/> <p>Paulinens Hals, Wangen und Stirn färbten ſich purpurn.<lb/> Die Komteſſe ahnte nicht, welchen Sinn jene ihrer Bemerkung<lb/> unterlegen mußte.</p><lb/> <p>Frau Katſchners Vermittlertalent half über dieſen kritiſchen<lb/> Moment hinweg. Sie ſprach und fragte, machte auf dieſes<lb/> und jenes aufmerkſam, forderte die Damen zum Sitzen auf.<lb/> Sie erzählte aus jetziger und früherer Zeit, wußte ihre devote<lb/> Geſinnung gegen die Herrſchaft in das rechte Licht zu rücken.<lb/> Mit ihrer Bewunderung für die Erſcheinung der Komteſſen<lb/> hielt ſie nicht zurück. Sie war eine Meiſterin in der Dienſt¬<lb/> botenſchmeichelei. Durch gelegentlich eingeworfene Fragen ver¬<lb/> ſtand ſie es übrigens auch, die jungen Damen zur Ausſprache<lb/> zu bringen, ſo daß ſie bald allerhand für ſie Wiſſenswertes in<lb/> Erfahrung gebracht hatte.</p><lb/> <p>Pauline ſaß ſtumm dabei und rührte ſich kaum. Auf<lb/> dem Mädchen ſchien irgend etwas zu laſten.</p><lb/> <p>„Famos iſt es hier!“ rief eben Wanda. „Überhaupt, die<lb/> ſogenannten armen Leuten haben es doch gar nicht ſchlecht!“<lb/> Da erhob ſich in der Kammer nebenan ein jämmerliches<lb/> Quiecken. Pauline wurde ſehr unruhig und ſelbſt Frau Katſchner<lb/> warf einen beſorgten Blick nach jener Thür.</p><lb/> <p>„Was haben Sie denn da drinne? Junge Katzen?“ fragte<lb/> Wanda. Sie ſchien große Luſt zu verſpüren, dem Grunde des<lb/> Lärmes ſofort nachzuforſchen.</p><lb/> <p>„Ach, das iſt ja das Kind!“ rief Frau Katſchner.<lb/> „Gnädige Konteſſen müſſen entſchuldigen!“</p><lb/> <p>„Was! Habt Ihr hier kleine Kinder?“</p><lb/> <p>Pauline ſaß wie mit Blut übergoſſen, die Augen in den<lb/> Schoß gerichtet.</p><lb/> <p>„Wir wiſſen eigentlich ſelbſt nicht recht, wie wir zu dem<lb/> Kinde kommen,“ ſagte Frau Katſchner. „Da habe ich eine<lb/> Schweſter, von der is der Mann geſtorben, und da is eine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0091]
Wanda hingegen ſtellte ſich vor Pauline hin und muſterte
ſie von oben bis unten. „Dieſe Pauline!“ rief ſie. „Was
das für ein Weib geworden iſt. Wie eine Frau ſieht ſie aus,
wie die reine Frau! Gar nichts vom Mädel mehr!“
Paulinens Hals, Wangen und Stirn färbten ſich purpurn.
Die Komteſſe ahnte nicht, welchen Sinn jene ihrer Bemerkung
unterlegen mußte.
Frau Katſchners Vermittlertalent half über dieſen kritiſchen
Moment hinweg. Sie ſprach und fragte, machte auf dieſes
und jenes aufmerkſam, forderte die Damen zum Sitzen auf.
Sie erzählte aus jetziger und früherer Zeit, wußte ihre devote
Geſinnung gegen die Herrſchaft in das rechte Licht zu rücken.
Mit ihrer Bewunderung für die Erſcheinung der Komteſſen
hielt ſie nicht zurück. Sie war eine Meiſterin in der Dienſt¬
botenſchmeichelei. Durch gelegentlich eingeworfene Fragen ver¬
ſtand ſie es übrigens auch, die jungen Damen zur Ausſprache
zu bringen, ſo daß ſie bald allerhand für ſie Wiſſenswertes in
Erfahrung gebracht hatte.
Pauline ſaß ſtumm dabei und rührte ſich kaum. Auf
dem Mädchen ſchien irgend etwas zu laſten.
„Famos iſt es hier!“ rief eben Wanda. „Überhaupt, die
ſogenannten armen Leuten haben es doch gar nicht ſchlecht!“
Da erhob ſich in der Kammer nebenan ein jämmerliches
Quiecken. Pauline wurde ſehr unruhig und ſelbſt Frau Katſchner
warf einen beſorgten Blick nach jener Thür.
„Was haben Sie denn da drinne? Junge Katzen?“ fragte
Wanda. Sie ſchien große Luſt zu verſpüren, dem Grunde des
Lärmes ſofort nachzuforſchen.
„Ach, das iſt ja das Kind!“ rief Frau Katſchner.
„Gnädige Konteſſen müſſen entſchuldigen!“
„Was! Habt Ihr hier kleine Kinder?“
Pauline ſaß wie mit Blut übergoſſen, die Augen in den
Schoß gerichtet.
„Wir wiſſen eigentlich ſelbſt nicht recht, wie wir zu dem
Kinde kommen,“ ſagte Frau Katſchner. „Da habe ich eine
Schweſter, von der is der Mann geſtorben, und da is eine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |