Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
der weissen wird insgemein diejenigeGattung gebrauchet, welche Johann Bauhin Corallum album Officinarum oculatum, weisse geäugelte Corallen, in den Apothecken gebräuchlich, genennet hat, weil sie mit unterschiedlichen Löch- lein, als wie die Sorten der Madrepora, Siehe Fig. 149.überstreuet sind. Der schwartze Co- rall, Antipathes genannt, ist zu nichts nütze, scheinet überdiß eine gantz andere Natur, denn die anderen, zu haben. Die Corallen werden in dem Mittel- Tavernier meldet, die Corallen Weil die Corallen auf denen tieff in Man ziehet, vermittelst eines oder nigung
Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
der weiſſen wird insgemein diejenigeGattung gebrauchet, welche Johann Bauhin Corallum album Officinarum oculatum, weiſſe geaͤugelte Corallen, in den Apothecken gebraͤuchlich, genennet hat, weil ſie mit unterſchiedlichen Loͤch- lein, als wie die Sorten der Madrepora, Siehe Fig. 149.uͤberſtreuet ſind. Der ſchwartze Co- rall, Antipathes genannt, iſt zu nichts nuͤtze, ſcheinet uͤberdiß eine gantz andere Natur, denn die anderen, zu haben. Die Corallen werden in dem Mittel- Tavernier meldet, die Corallen Weil die Corallen auf denen tieff in Man ziehet, vermittelſt eines oder nigung
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Der <hi rendition="#fr">ſchwartze Co-<lb/> rall,</hi> <hi rendition="#aq">Antipathes</hi> genannt, iſt zu nichts<lb/> nuͤtze, ſcheinet uͤberdiß eine gantz andere<lb/> Natur, denn die anderen, zu haben.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#fr">Corallen</hi> werden in dem Mittel-<lb/> meer an der Kuͤſte von <hi rendition="#fr">Provence,</hi> bey<lb/><hi rendition="#fr">Toulon/</hi> an <hi rendition="#fr">Capo Creux</hi> zwiſchen<lb/><hi rendition="#fr">Colioure</hi> und <hi rendition="#fr">Roſes,</hi> an den <hi rendition="#fr">Catalo-<lb/> niſchen</hi> Kuͤſten, in der Enge zwiſchen<lb/><hi rendition="#fr">Sicilien</hi> und <hi rendition="#fr">Jtalien,</hi> gegen <hi rendition="#fr">Baſtion<lb/> de France</hi> zu, und an andern Orten<lb/> mehr, z. E. an den Kuͤſten von <hi rendition="#fr">Sar-<lb/> dinien,</hi> bey der Jnſel <hi rendition="#fr">Corſica,</hi> und ſo<lb/> weiter, gefiſchet.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Tavernier</hi> meldet, die <hi rendition="#fr">Corallen</hi><lb/> wuͤrden vom Anfang des Aprils, bis zu<lb/> Ausgang des Heumonats, gefiſchet.<lb/> Dazu werden gemeiniglich 200. Bar-<lb/> qven gebrauchet, doch ein Jahr mehr,<lb/> das andere weniger. Dieſe werden<lb/> langs der <hi rendition="#fr">Rivier von Genua</hi> gebauet,<lb/> und ſind uͤberaus leicht, fuͤhren groſſe<lb/> Segel, auf daß ſie deſto ſchneller lauf-<lb/> fen koͤnnen, und werden ſonſt keine auf<lb/> der Mittelſee gefunden, die ſo groſſe Se-<lb/> gel fuͤhreten; es vermag ſie auch keine<lb/> Galeere einzuhohlen. Jn ieder Bar-<lb/> qve befinden ſich ſieben Mann, nebſt ei-<lb/> nem Jungen, der ihnen zur Hand gehet.<lb/> Dieſe Fiſcherey geſchiehet 25. bis 40.<lb/> Meilen vom Lande ab, woſelbſt ſie Klip-<lb/> pen anzutreffen vermeinen, begeben<lb/> ſich aber aus Furcht vor den Corſaren<lb/> nicht gar zu weit in die See, und entge-<lb/> hen ihnen, wann ſie derſelben gewahr<lb/> werden, durch die Macht ihrer Segel.</p><lb/> <p>Weil die Corallen auf denen tieff in<lb/> der See liegenden Klippen wachſen,<lb/> dannenhero bedienen ſie ſich folgendes<lb/> Handgriffs, damit ſie dieſelben uͤber-<lb/> kommen moͤgen. Die Fiſcher binden<lb/> zwey Balcken creutzweis uͤbereinander,<lb/> und hencken ein groß Stuͤcke Bley dran,<lb/> auf daß ſie in den Grund ſincken: vor-<lb/> her aber umwickeln ſie die Hoͤltzer mit<lb/> verworrenen Hanffe, welchen ſie Dau-<lb/> mensdicke, nur liederlich hin zuſammen<lb/> gedrehet haben, und machen die Hoͤltzer<lb/> an das Vorder- und Hintertheil der<lb/><cb n="204"/> Barque mit zweyen Seilen veſte, laſſen<lb/> ſie drauf fallen, indem ſie langs der Klip-<lb/> pe hinlauffen. Wann ſich dann der<lb/> Hanff in die Corallen verwickelt, ſind<lb/> oftmahls fuͤnff oder ſechs Barquen noͤ-<lb/> thig, die Balcken heraus zu ziehen. Sol-<lb/> te nun, indem ſie eine ſo groſſe Gewalt<lb/> gebrauchen, eines von den Seilen reiſ-<lb/> ſen, ſo ſind alle Ruderer in Lebensge-<lb/> fahr: daß es demnach ein gefaͤhrliches<lb/> Handwerck. Jndem ſie aber die Co-<lb/> rallen mit ſolcher Gewalt abreiſſen, faͤllt<lb/> eben ſo viel in die See, als ſie heraus zie-<lb/> hen, und weil am Grunde derſel-<lb/> ben alles voll Moraſt und ſumpficht iſt,<lb/> verzehren ſich die Corallen von Tag zu<lb/> Tage, als wie etwa die Fruͤchte auf der<lb/> Erden von den Wuͤrmern verzehret<lb/> und benaget werden. Derohalben, ie<lb/> eher ſie die Corallen aus dem Schlam-<lb/> me ziehen, ie weniger ſind ſie verdorben.<lb/> Doch werden ſchier keine, als die rothen<lb/> Corallen gebrauchet, ſo wohl zur Artz-<lb/> ney, als zu andern Sachen, dazu ſie er-<lb/> fodert werden. Unter allen Voͤlckern<lb/> ſchaͤtzen die <hi rendition="#fr">Japaner</hi> und andere Na-<lb/> tionen ſie am hoͤheſten; allein ſie achten<lb/> keine, denn die rothen, und dieſe muͤſſen<lb/> dichte, glaͤntzend, uͤberaus roth und ſchoͤ-<lb/> ne Aeſte ſeyn: hingegen werden die klei-<lb/> nen Stuͤcken, die mit einer tartariſchen<lb/> Materie und anderm Unrathe uͤberzo-<lb/> gen ſind, verworffen. Jedoch, wenn<lb/> ſie ſollen zu Pulver geſtoſſen werden,<lb/> liegt eben nichts dran, ob es ſchon nur<lb/> kleine Stuͤcklein ſind, wenn ſie nur, wie<lb/> obgedacht, beſchaffen.</p><lb/> <p>Man ziehet, vermittelſt eines oder<lb/> des andern <hi rendition="#aq">acidi,</hi> eine <hi rendition="#fr">Tinctur</hi> aus den<lb/><hi rendition="#fr">Corallen,</hi> die hernach, bis ſie honigdi-<lb/> cke worden, eingekocht, und alsdann,<lb/> wiewohl unrecht <hi rendition="#fr">Corallen-Syrup</hi><lb/> oder <hi rendition="#fr">Corallen-Tinctur</hi> genennet, ihr<lb/> auch groſſe Kraft und Tugend zugeleget<lb/> wird. Welches iedennoch wieder alle<lb/> Vernunft, alldieweil die <hi rendition="#fr">gerechte Co-<lb/> rallen-Tinctur</hi> ohne Zuthun einiges<lb/> ſauern muß bereitet, und die Tinctur<lb/> mit geſchmoltzner Butter oder zerlaſſe-<lb/> nem weiſſen Wachſe ausgezogen wer-<lb/> den. Dieſe wird hernach wiederum mit<lb/> Weingeiſt aus dem Schmaltze gezogen,<lb/> und abgerauchet, bis ſie zu gebuͤhrender<lb/> Dicke und Conſiſtentz gebracht worden.<lb/> Und dieſe Tiuctur iſt eine gantz unver-<lb/> gleichliche Hertzſtaͤrckung und Blutrei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nigung</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0186]
Der Spezereyen und Materialien
der weiſſen wird insgemein diejenige
Gattung gebrauchet, welche Johann
Bauhin Corallum album Officinarum
oculatum, weiſſe geaͤugelte Corallen, in
den Apothecken gebraͤuchlich, genennet
hat, weil ſie mit unterſchiedlichen Loͤch-
lein, als wie die Sorten der Madrepora,
uͤberſtreuet ſind. Der ſchwartze Co-
rall, Antipathes genannt, iſt zu nichts
nuͤtze, ſcheinet uͤberdiß eine gantz andere
Natur, denn die anderen, zu haben.
Siehe Fig. 149.
Die Corallen werden in dem Mittel-
meer an der Kuͤſte von Provence, bey
Toulon/ an Capo Creux zwiſchen
Colioure und Roſes, an den Catalo-
niſchen Kuͤſten, in der Enge zwiſchen
Sicilien und Jtalien, gegen Baſtion
de France zu, und an andern Orten
mehr, z. E. an den Kuͤſten von Sar-
dinien, bey der Jnſel Corſica, und ſo
weiter, gefiſchet.
Tavernier meldet, die Corallen
wuͤrden vom Anfang des Aprils, bis zu
Ausgang des Heumonats, gefiſchet.
Dazu werden gemeiniglich 200. Bar-
qven gebrauchet, doch ein Jahr mehr,
das andere weniger. Dieſe werden
langs der Rivier von Genua gebauet,
und ſind uͤberaus leicht, fuͤhren groſſe
Segel, auf daß ſie deſto ſchneller lauf-
fen koͤnnen, und werden ſonſt keine auf
der Mittelſee gefunden, die ſo groſſe Se-
gel fuͤhreten; es vermag ſie auch keine
Galeere einzuhohlen. Jn ieder Bar-
qve befinden ſich ſieben Mann, nebſt ei-
nem Jungen, der ihnen zur Hand gehet.
Dieſe Fiſcherey geſchiehet 25. bis 40.
Meilen vom Lande ab, woſelbſt ſie Klip-
pen anzutreffen vermeinen, begeben
ſich aber aus Furcht vor den Corſaren
nicht gar zu weit in die See, und entge-
hen ihnen, wann ſie derſelben gewahr
werden, durch die Macht ihrer Segel.
Weil die Corallen auf denen tieff in
der See liegenden Klippen wachſen,
dannenhero bedienen ſie ſich folgendes
Handgriffs, damit ſie dieſelben uͤber-
kommen moͤgen. Die Fiſcher binden
zwey Balcken creutzweis uͤbereinander,
und hencken ein groß Stuͤcke Bley dran,
auf daß ſie in den Grund ſincken: vor-
her aber umwickeln ſie die Hoͤltzer mit
verworrenen Hanffe, welchen ſie Dau-
mensdicke, nur liederlich hin zuſammen
gedrehet haben, und machen die Hoͤltzer
an das Vorder- und Hintertheil der
Barque mit zweyen Seilen veſte, laſſen
ſie drauf fallen, indem ſie langs der Klip-
pe hinlauffen. Wann ſich dann der
Hanff in die Corallen verwickelt, ſind
oftmahls fuͤnff oder ſechs Barquen noͤ-
thig, die Balcken heraus zu ziehen. Sol-
te nun, indem ſie eine ſo groſſe Gewalt
gebrauchen, eines von den Seilen reiſ-
ſen, ſo ſind alle Ruderer in Lebensge-
fahr: daß es demnach ein gefaͤhrliches
Handwerck. Jndem ſie aber die Co-
rallen mit ſolcher Gewalt abreiſſen, faͤllt
eben ſo viel in die See, als ſie heraus zie-
hen, und weil am Grunde derſel-
ben alles voll Moraſt und ſumpficht iſt,
verzehren ſich die Corallen von Tag zu
Tage, als wie etwa die Fruͤchte auf der
Erden von den Wuͤrmern verzehret
und benaget werden. Derohalben, ie
eher ſie die Corallen aus dem Schlam-
me ziehen, ie weniger ſind ſie verdorben.
Doch werden ſchier keine, als die rothen
Corallen gebrauchet, ſo wohl zur Artz-
ney, als zu andern Sachen, dazu ſie er-
fodert werden. Unter allen Voͤlckern
ſchaͤtzen die Japaner und andere Na-
tionen ſie am hoͤheſten; allein ſie achten
keine, denn die rothen, und dieſe muͤſſen
dichte, glaͤntzend, uͤberaus roth und ſchoͤ-
ne Aeſte ſeyn: hingegen werden die klei-
nen Stuͤcken, die mit einer tartariſchen
Materie und anderm Unrathe uͤberzo-
gen ſind, verworffen. Jedoch, wenn
ſie ſollen zu Pulver geſtoſſen werden,
liegt eben nichts dran, ob es ſchon nur
kleine Stuͤcklein ſind, wenn ſie nur, wie
obgedacht, beſchaffen.
Man ziehet, vermittelſt eines oder
des andern acidi, eine Tinctur aus den
Corallen, die hernach, bis ſie honigdi-
cke worden, eingekocht, und alsdann,
wiewohl unrecht Corallen-Syrup
oder Corallen-Tinctur genennet, ihr
auch groſſe Kraft und Tugend zugeleget
wird. Welches iedennoch wieder alle
Vernunft, alldieweil die gerechte Co-
rallen-Tinctur ohne Zuthun einiges
ſauern muß bereitet, und die Tinctur
mit geſchmoltzner Butter oder zerlaſſe-
nem weiſſen Wachſe ausgezogen wer-
den. Dieſe wird hernach wiederum mit
Weingeiſt aus dem Schmaltze gezogen,
und abgerauchet, bis ſie zu gebuͤhrender
Dicke und Conſiſtentz gebracht worden.
Und dieſe Tiuctur iſt eine gantz unver-
gleichliche Hertzſtaͤrckung und Blutrei-
nigung
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