Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
geben kan: oftmahls muß man wohldrey und vier Blattern haben, ehe man eine Untze Bisam bekommt. Der König von Boutan/ befürch- Man muß den Bisam erwehlen, Der Bisam wird wenig zur Artzney so viel
Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
geben kan: oftmahls muß man wohldrey und vier Blattern haben, ehe man eine Untze Biſam bekommt. Der Koͤnig von Boutan/ befuͤrch- Man muß den Biſam erwehlen, Der Biſam wird wenig zur Artzney ſo viel
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0370"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Spezereyen und Materialien</hi></fw><lb/><cb n="483"/> geben kan: oftmahls muß man wohl<lb/> drey und vier Blattern haben, ehe<lb/> man eine Untze Biſam bekommt.</p><lb/> <p>Der Koͤnig von <hi rendition="#fr">Boutan/</hi> befuͤrch-<lb/> tend, es moͤchte der Betrug, der mit<lb/> dem <hi rendition="#fr">Biſam</hi> getrieben wird, der Hand-<lb/> lung ſchaden bringen, zumahl da man<lb/> ihn auch von <hi rendition="#fr">Tunpuin</hi> und <hi rendition="#fr">Cochin-<lb/> china</hi> bekommt, ob er gleich viel theu-<lb/> rer iſt, weil er allda nicht ſo haͤuffig zu<lb/> haben: dieſer Koͤnig, ſage ich, aus Bey-<lb/> ſorge, es duͤrffte dieſe verfaͤlſchte Waa-<lb/> re die Handlung in ſeinem Reiche in<lb/> ſchlechten Credit ſetzen, befahl vor eini-<lb/> ger Zeit, daß keine Blattern mehr nach<lb/><hi rendition="#fr">Boutan,</hi> woſelbſt er reſidiret, zugenaͤ-<lb/> het, ſondern offen ſolten gebracht, und<lb/> mit ſeinem Siegel verſiegelt werden.<lb/> Die ich gekauffet, waren alle von dieſer<lb/> Art: doch aller des Koͤniges Vorſichtig-<lb/> keit unerachtet, oͤffnen die Bauern die<lb/> Blattern fein ſaͤuberlich, und thun, wie<lb/> ich bereits erwaͤhnet, kleine Stuͤcklein<lb/> Bley hinein, welches die Kauffleute<lb/> auch nicht achten, indem das Bley, wie<lb/> ich gleichfalls angemercket, den Biſam<lb/> nicht verderbet, ſondern nur am Ge-<lb/> wichte Schaden thut. So weit <hi rendition="#fr">Ta-<lb/> vernier.</hi></p><lb/> <p>Man muß den <hi rendition="#fr">Biſam</hi> erwehlen,<lb/> welcher fein trucken, und das Haͤutlein,<lb/> darein er gewickelt, fein zarte iſt: denn<lb/> es giebt derer, an denen mehr Haut<lb/> und Haare ſind, als Waare darinne iſt.<lb/> Es ſollen auch gar wenig Haare an der<lb/> Haut ſeyn, und die Haut muß braun<lb/> ſehen, denn dieſes iſt das Zeichen der ge-<lb/> rechten <hi rendition="#fr">Biſamblaſen</hi> oder <hi rendition="#fr">Nieren<lb/> aus Tunquin/</hi> welcher weit hoͤher ge-<lb/> halten wird, und viel beſſer iſt, als der<lb/><hi rendition="#fr">Bengaliſche,</hi> der in Blaſen mit weiſ-<lb/> ſen Haaren gewickelt iſt. Der <hi rendition="#fr">Biſam<lb/> ohne Umſchlag</hi> ſoll auserleſen wer-<lb/> den, wenn er recht trucken und tannet-<lb/> braun von Farbe iſt, einen unertraͤg-<lb/> lich ſtarcken Geruch und bittern Ge-<lb/> ſchmack hat: wenn er ohne ſchwartze<lb/> und harte Broͤcklein iſt, ſo viel nur im-<lb/> mer moͤglich: und wenn er aufs Feuer<lb/> gelegt, brennet und verzehret wird.<lb/> Wiewohl dieſe Regel nicht allemahl zu-<lb/> trifft, und nur bey demjenigen Biſam<lb/> gilt, der mit Erde vermenget iſt: denn<lb/> welcher mit Blute vermiſchet worden,<lb/> an demſelben ſchafft das Feuer nichts.<lb/><cb n="484"/> Andere wollen, der gute <hi rendition="#fr">Biſam</hi> muͤſſe<lb/> eine Fettigkeit von ſich geben, wenn<lb/> man ihn zwiſchen den Fingern druͤcket.<lb/> Weil es dann eine Waare, die gar<lb/> ſchwerlich zu erkennen iſt, ſo daß auch<lb/> wohl die Verſtaͤndigſten damit ſind be-<lb/> trogen worden, als hat ſolches ihrer<lb/> vielen Anlaß und Gelegenheit gegeben,<lb/> denſelben zu vermiſchen. Und eben<lb/> darum darff man ſich nicht an den<lb/> wohlfeilen Preiß kehren, ſondern man<lb/> ſoll ihn bey rechtſchaffenen Kauffleuten<lb/> erkauffen, und alle den <hi rendition="#fr">Biſam</hi> ver-<lb/> werffen, den die Hauſirer mit und ohne<lb/> Blaſen zu verkauffen haben, weil es<lb/> nichts als Unflat iſt. Sie geben aber<lb/> zu beſſerer Beſchoͤnigung ihrer Betruͤ-<lb/> gerey vor, und bereden die Leute, wel-<lb/> che ihn von ihnen kauffen, daß ſie ihn<lb/> deshalben ſo gutes Kauffes geben koͤn-<lb/> ten, weil ſie ihn ſelbſt mit aus dem Lan-<lb/> de gebracht, und keinen Zoll, der in<lb/> Wahrheit ſehr wichtig iſt, davon gege-<lb/> ben: oder aber, ſie waͤren Matroſen,<lb/> und haͤtten ihn von ihren Capitainen<lb/> ſtatt der Beſoldung bekommen: oder<lb/> wiſſen ſich durch Anfuͤhrung anderer<lb/> Urſachen, ihrer liederlichen Waaren<lb/> dermaſſen meiſterlich zu entſchlagen,<lb/> daß ſie mehr Waaren um 20. Sols hin-<lb/> geben, als ein redlicher Handelsmann<lb/> kaum um 20. Pfund verlaſſen koͤnte:<lb/> und dennoch ziehen ſie bey dieſem<lb/> ſchlechten Preiſſe einen groſſen Ge-<lb/> winn. Dahero ſage ich, daß derjenige<lb/> Biſam, der mit Erde vermenget iſt, gar<lb/> leichtlich moͤge erkennet werden, wenn<lb/> man ihn nur auf eine gluͤhende Kohle<lb/> leget, denn ſo bleibt die Erde uͤber, wenn<lb/> welche drunter: hingegen, wann er mit<lb/> Blute vermiſchet iſt, verbleibet nur<lb/> ein wenig Aſche oder graulicht Pulver<lb/> uͤbrig, und dieſer ſoll eben ſo wohl ver-<lb/> worffen werden, als wie der, deſſen Ge-<lb/> ruch gar zu lieblich iſt, denn dieſen gu-<lb/> ten Geruch bekommt er nirgend an-<lb/> ders her, als wenn er mit einer oder<lb/> der andern Materie verſetzet worden<lb/> iſt, dadurch ſeine Theilgen von einan-<lb/> der geſondert werden.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#fr">Biſam</hi> wird wenig zur Artzney<lb/> gebraucht, weil er den Frauensperſo-<lb/> nen ſo gar zu wider, hingegen brauchen<lb/> ihn die Parfumirer deſto mehr. 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Der Spezereyen und Materialien
geben kan: oftmahls muß man wohl
drey und vier Blattern haben, ehe
man eine Untze Biſam bekommt.
Der Koͤnig von Boutan/ befuͤrch-
tend, es moͤchte der Betrug, der mit
dem Biſam getrieben wird, der Hand-
lung ſchaden bringen, zumahl da man
ihn auch von Tunpuin und Cochin-
china bekommt, ob er gleich viel theu-
rer iſt, weil er allda nicht ſo haͤuffig zu
haben: dieſer Koͤnig, ſage ich, aus Bey-
ſorge, es duͤrffte dieſe verfaͤlſchte Waa-
re die Handlung in ſeinem Reiche in
ſchlechten Credit ſetzen, befahl vor eini-
ger Zeit, daß keine Blattern mehr nach
Boutan, woſelbſt er reſidiret, zugenaͤ-
het, ſondern offen ſolten gebracht, und
mit ſeinem Siegel verſiegelt werden.
Die ich gekauffet, waren alle von dieſer
Art: doch aller des Koͤniges Vorſichtig-
keit unerachtet, oͤffnen die Bauern die
Blattern fein ſaͤuberlich, und thun, wie
ich bereits erwaͤhnet, kleine Stuͤcklein
Bley hinein, welches die Kauffleute
auch nicht achten, indem das Bley, wie
ich gleichfalls angemercket, den Biſam
nicht verderbet, ſondern nur am Ge-
wichte Schaden thut. So weit Ta-
vernier.
Man muß den Biſam erwehlen,
welcher fein trucken, und das Haͤutlein,
darein er gewickelt, fein zarte iſt: denn
es giebt derer, an denen mehr Haut
und Haare ſind, als Waare darinne iſt.
Es ſollen auch gar wenig Haare an der
Haut ſeyn, und die Haut muß braun
ſehen, denn dieſes iſt das Zeichen der ge-
rechten Biſamblaſen oder Nieren
aus Tunquin/ welcher weit hoͤher ge-
halten wird, und viel beſſer iſt, als der
Bengaliſche, der in Blaſen mit weiſ-
ſen Haaren gewickelt iſt. Der Biſam
ohne Umſchlag ſoll auserleſen wer-
den, wenn er recht trucken und tannet-
braun von Farbe iſt, einen unertraͤg-
lich ſtarcken Geruch und bittern Ge-
ſchmack hat: wenn er ohne ſchwartze
und harte Broͤcklein iſt, ſo viel nur im-
mer moͤglich: und wenn er aufs Feuer
gelegt, brennet und verzehret wird.
Wiewohl dieſe Regel nicht allemahl zu-
trifft, und nur bey demjenigen Biſam
gilt, der mit Erde vermenget iſt: denn
welcher mit Blute vermiſchet worden,
an demſelben ſchafft das Feuer nichts.
Andere wollen, der gute Biſam muͤſſe
eine Fettigkeit von ſich geben, wenn
man ihn zwiſchen den Fingern druͤcket.
Weil es dann eine Waare, die gar
ſchwerlich zu erkennen iſt, ſo daß auch
wohl die Verſtaͤndigſten damit ſind be-
trogen worden, als hat ſolches ihrer
vielen Anlaß und Gelegenheit gegeben,
denſelben zu vermiſchen. Und eben
darum darff man ſich nicht an den
wohlfeilen Preiß kehren, ſondern man
ſoll ihn bey rechtſchaffenen Kauffleuten
erkauffen, und alle den Biſam ver-
werffen, den die Hauſirer mit und ohne
Blaſen zu verkauffen haben, weil es
nichts als Unflat iſt. Sie geben aber
zu beſſerer Beſchoͤnigung ihrer Betruͤ-
gerey vor, und bereden die Leute, wel-
che ihn von ihnen kauffen, daß ſie ihn
deshalben ſo gutes Kauffes geben koͤn-
ten, weil ſie ihn ſelbſt mit aus dem Lan-
de gebracht, und keinen Zoll, der in
Wahrheit ſehr wichtig iſt, davon gege-
ben: oder aber, ſie waͤren Matroſen,
und haͤtten ihn von ihren Capitainen
ſtatt der Beſoldung bekommen: oder
wiſſen ſich durch Anfuͤhrung anderer
Urſachen, ihrer liederlichen Waaren
dermaſſen meiſterlich zu entſchlagen,
daß ſie mehr Waaren um 20. Sols hin-
geben, als ein redlicher Handelsmann
kaum um 20. Pfund verlaſſen koͤnte:
und dennoch ziehen ſie bey dieſem
ſchlechten Preiſſe einen groſſen Ge-
winn. Dahero ſage ich, daß derjenige
Biſam, der mit Erde vermenget iſt, gar
leichtlich moͤge erkennet werden, wenn
man ihn nur auf eine gluͤhende Kohle
leget, denn ſo bleibt die Erde uͤber, wenn
welche drunter: hingegen, wann er mit
Blute vermiſchet iſt, verbleibet nur
ein wenig Aſche oder graulicht Pulver
uͤbrig, und dieſer ſoll eben ſo wohl ver-
worffen werden, als wie der, deſſen Ge-
ruch gar zu lieblich iſt, denn dieſen gu-
ten Geruch bekommt er nirgend an-
ders her, als wenn er mit einer oder
der andern Materie verſetzet worden
iſt, dadurch ſeine Theilgen von einan-
der geſondert werden.
Der Biſam wird wenig zur Artzney
gebraucht, weil er den Frauensperſo-
nen ſo gar zu wider, hingegen brauchen
ihn die Parfumirer deſto mehr. Doch
wird ſein auch bey weitem nicht mehr
ſo viel
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