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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] hannis Ubel zu nennen pflegen, sey.

Man hat mir aus Stockholm
nachfolgendes, wie nämlich die Elende
gejagt und getödtet würden, überschrie-
ben.

Das Elend ist ein Thier, ohngefehr
acht oder neun Fuß hoch: Kopf und
Ohren gleichen einem Esel, die Läuffe
einem Hirsche, das Gehörn aber siehet
so, wie ich es habe stechen lassen, doch
ist es viel breiter. Wenn sie es fahen
wollen, thun sich vier Litthauer zu-
sammen, und gehen in das Holtz, ein
ieder mit einem guten Sebel, Feuer-
rohr, Bajonet und dickem Seile gerü-
stet: iedweder trägt noch überdiß eine
Leiter drey Fuß hoch, damit sie auf die
Bäume steigen können, wenn sie den
Schnee drunter weggefegt. Also lie-
gen und lauren sie, ohne das geringste
Geräusche zu machen. So bald sie die
Elende entdecken, welche allezeit in
ungerader Zahl aufzustehen pflegen,
5. 7. 9. 11. 13. 15. 17. 19. bis zu 21.
Stück, und kaum, daß sie aus ihrem
Lager gekommen, alsofort von der fal-
lenden Sucht angegriffen werden, so
giebt ein iedweder von den vier lauren-
den dem Thiere stracks einen Schuß,
nicht in den Leib, sondern in die Wei-
chen oder in die zärtesten Theile, und se-
hen zu, daß sie ihm ein oder das andere
Glied entzwey schiessen mögen; drauf
steigen sie herab, und binden das Thier
mit ihren Stricken an allen vieren zu-
sammen: indessen sich nun das Thier
abmattet, bemühen sie sich ihm den lin-
cken Fuß abzuhauen, welcher voll grü-
nes Mooses worden, indem sich das
Thier abgeschlagen. Wann sie denn
den Fuß abgehauen, lassen sie das Thier
liegen, und hohlen die Bauern mit Wa-
gen und Ochsen herbey, das Thier,
welches sie oftmahls annoch lebend
finden, hinweg zu führen: ist es noch
nicht todt, so schlagen sie ihm den Kopf
mit Aexten ein, ziehen es ab, und ma-
chen Pasteten draus, denn sie leben von
dem Fleische dieses Thieres, welches ein
herrlich gut Essen ist. Dabey aber
müssen sie Achtung geben, daß die an-
dern Elende nicht dazu kommen, mitt-
lerweile sie eines tödten, denn grosse
Gefahr dabey: deswegen schiessen sie
fort für fort, oder machen sonst ein
groß Getümmel, oder steigen wieder
[Spaltenumbruch] auf die Bäume, und halten ihr Gewehr
allzeit fertig. Auch ist zu mercken, daß
wann denen Thieren, welche die fallen-
de Sucht haben, so viel Zeit gelassen
wird, daß sie ihren Fuß in das Maul
nehmen, und hernach ins Ohr stecken
mögen, sie sich alsofort wiederum er-
heben, einen Sprung über den andern
thun, und so wütend sind, daß sie alles
umbringen solten, was sie nur erreichen
könten.

Die Haare auf dem Rücken des Elen-
des sehen mäusefahl.

Die Elende in Canada sind Zwit-
ter und viel kleiner denn die Litthaui-
schen
und Schwedischen.

Jn der Artzney wird von dem gan-
tzen Thiere mehr nicht, denn der lincke
Hinterfuß gebraucht, weil er, wie ge-
dacht, denenjenigen so trefflich dienen
soll, welche mit obbemeldten Kranck-
heiten beladen; und deswegen mögen
dieselben, die eine Elendsklaue nöthig
haben, Sorge tragen, daß sie auch auf-
richtig sey, und nicht etwa ein Fuß
von einen andern ihm gleichenden Thie-
re, welches iedoch gar schwerlich zu
mercken, wofern nicht wenigstens der
Schenckel nebst der Haut noch dran
sitzet, daß man es dergestalt an denen
Haaren erkennen mag und sehen, daß
es der lincke Hinterfuß. Desgleichen
habe man Acht, daß er nicht von Wür-
mern zerfressen, welches sehr ofte ge-
schicht, wenn er alt wird: dahingegen
soll die Klaue gewichtig, schwartz, glän-
tzend und gantz dichte seyn. Diese Klaue,
oder das Horn davon, ist bey denen
Apotheckern einiger massen gebräuch-
lich, nicht nur zu denenjenigen Artzney-
en, die wieder obbenannte Kranckhei-
ten dienen, sondern auch zu etlichen an-
dern, dazu es erfodert wird. Etliche
geben für, es habe seine Ruthe eben die-
selbe Kraft, die der Fuß hat, dem die
Lateiner den Namen Ungula Alcis ge-
geben. Andere heissen das Elend das
grosse Thier/ nicht sowohl, weil es das
höheste unter allen Thieren, sondern
weil es das schnelleste ist im lauffen, und
wegen seiner Stärcke schier nicht zu bän-
digen, indem es alles, was ihm begeg-
net, zerbricht und niederstößt.

Aus der Haut dieses Thiers wird al-
lerhand Zeug gemacht, Handschuhe,
und dergleichen.

[Ende Spaltensatz]
Das
J i

Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] hannis Ubel zu nennen pflegen, ſey.

Man hat mir aus Stockholm
nachfolgendes, wie naͤmlich die Elende
gejagt und getoͤdtet wuͤrden, uͤberſchrie-
ben.

Das Elend iſt ein Thier, ohngefehr
acht oder neun Fuß hoch: Kopf und
Ohren gleichen einem Eſel, die Laͤuffe
einem Hirſche, das Gehoͤrn aber ſiehet
ſo, wie ich es habe ſtechen laſſen, doch
iſt es viel breiter. Wenn ſie es fahen
wollen, thun ſich vier Litthauer zu-
ſammen, und gehen in das Holtz, ein
ieder mit einem guten Sebel, Feuer-
rohr, Bajonet und dickem Seile geruͤ-
ſtet: iedweder traͤgt noch uͤberdiß eine
Leiter drey Fuß hoch, damit ſie auf die
Baͤume ſteigen koͤnnen, wenn ſie den
Schnee drunter weggefegt. Alſo lie-
gen und lauren ſie, ohne das geringſte
Geraͤuſche zu machen. So bald ſie die
Elende entdecken, welche allezeit in
ungerader Zahl aufzuſtehen pflegen,
5. 7. 9. 11. 13. 15. 17. 19. bis zu 21.
Stuͤck, und kaum, daß ſie aus ihrem
Lager gekommen, alſofort von der fal-
lenden Sucht angegriffen werden, ſo
giebt ein iedweder von den vier lauren-
den dem Thiere ſtracks einen Schuß,
nicht in den Leib, ſondern in die Wei-
chen oder in die zaͤrteſten Theile, und ſe-
hen zu, daß ſie ihm ein oder das andere
Glied entzwey ſchieſſen moͤgen; drauf
ſteigen ſie herab, und binden das Thier
mit ihren Stricken an allen vieren zu-
ſammen: indeſſen ſich nun das Thier
abmattet, bemuͤhen ſie ſich ihm den lin-
cken Fuß abzuhauen, welcher voll gruͤ-
nes Mooſes worden, indem ſich das
Thier abgeſchlagen. Wann ſie denn
den Fuß abgehauen, laſſen ſie das Thier
liegen, und hohlen die Bauern mit Wa-
gen und Ochſen herbey, das Thier,
welches ſie oftmahls annoch lebend
finden, hinweg zu fuͤhren: iſt es noch
nicht todt, ſo ſchlagen ſie ihm den Kopf
mit Aexten ein, ziehen es ab, und ma-
chen Paſteten draus, denn ſie leben von
dem Fleiſche dieſes Thieres, welches ein
herrlich gut Eſſen iſt. Dabey aber
muͤſſen ſie Achtung geben, daß die an-
dern Elende nicht dazu kommen, mitt-
lerweile ſie eines toͤdten, denn groſſe
Gefahr dabey: deswegen ſchieſſen ſie
fort fuͤr fort, oder machen ſonſt ein
groß Getuͤmmel, oder ſteigen wieder
[Spaltenumbruch] auf die Baͤume, und halten ihr Gewehr
allzeit fertig. Auch iſt zu mercken, daß
wann denen Thieren, welche die fallen-
de Sucht haben, ſo viel Zeit gelaſſen
wird, daß ſie ihren Fuß in das Maul
nehmen, und hernach ins Ohr ſtecken
moͤgen, ſie ſich alſofort wiederum er-
heben, einen Sprung uͤber den andern
thun, und ſo wuͤtend ſind, daß ſie alles
umbringen ſolten, was ſie nur erreichen
koͤnten.

Die Haare auf dem Ruͤcken des Elen-
des ſehen maͤuſefahl.

Die Elende in Canada ſind Zwit-
ter und viel kleiner denn die Litthaui-
ſchen
und Schwediſchen.

Jn der Artzney wird von dem gan-
tzen Thiere mehr nicht, denn der lincke
Hinterfuß gebraucht, weil er, wie ge-
dacht, denenjenigen ſo trefflich dienen
ſoll, welche mit obbemeldten Kranck-
heiten beladen; und deswegen moͤgen
dieſelben, die eine Elendsklaue noͤthig
haben, Sorge tragen, daß ſie auch auf-
richtig ſey, und nicht etwa ein Fuß
von einen andern ihm gleichenden Thie-
re, welches iedoch gar ſchwerlich zu
mercken, wofern nicht wenigſtens der
Schenckel nebſt der Haut noch dran
ſitzet, daß man es dergeſtalt an denen
Haaren erkennen mag und ſehen, daß
es der lincke Hinterfuß. Desgleichen
habe man Acht, daß er nicht von Wuͤr-
mern zerfreſſen, welches ſehr ofte ge-
ſchicht, wenn er alt wird: dahingegen
ſoll die Klaue gewichtig, ſchwartz, glaͤn-
tzend und gantz dichte ſeyn. Dieſe Klaue,
oder das Horn davon, iſt bey denen
Apotheckern einiger maſſen gebraͤuch-
lich, nicht nur zu denenjenigen Artzney-
en, die wieder obbenannte Kranckhei-
ten dienen, ſondern auch zu etlichen an-
dern, dazu es erfodert wird. Etliche
geben fuͤr, es habe ſeine Ruthe eben die-
ſelbe Kraft, die der Fuß hat, dem die
Lateiner den Namen Ungula Alcis ge-
geben. Andere heiſſen das Elend das
groſſe Thier/ nicht ſowohl, weil es das
hoͤheſte unter allen Thieren, ſondern
weil es das ſchnelleſte iſt im lauffen, und
wegen ſeiner Staͤrcke ſchier nicht zu baͤn-
digen, indem es alles, was ihm begeg-
net, zerbricht und niederſtoͤßt.

Aus der Haut dieſes Thiers wird al-
lerhand Zeug gemacht, Handſchuhe,
und dergleichen.

[Ende Spaltensatz]
Das
J i
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[0381] Hauptbeſchreibung zweyter Theil. hannis Ubel zu nennen pflegen, ſey. Man hat mir aus Stockholm nachfolgendes, wie naͤmlich die Elende gejagt und getoͤdtet wuͤrden, uͤberſchrie- ben. Das Elend iſt ein Thier, ohngefehr acht oder neun Fuß hoch: Kopf und Ohren gleichen einem Eſel, die Laͤuffe einem Hirſche, das Gehoͤrn aber ſiehet ſo, wie ich es habe ſtechen laſſen, doch iſt es viel breiter. Wenn ſie es fahen wollen, thun ſich vier Litthauer zu- ſammen, und gehen in das Holtz, ein ieder mit einem guten Sebel, Feuer- rohr, Bajonet und dickem Seile geruͤ- ſtet: iedweder traͤgt noch uͤberdiß eine Leiter drey Fuß hoch, damit ſie auf die Baͤume ſteigen koͤnnen, wenn ſie den Schnee drunter weggefegt. Alſo lie- gen und lauren ſie, ohne das geringſte Geraͤuſche zu machen. So bald ſie die Elende entdecken, welche allezeit in ungerader Zahl aufzuſtehen pflegen, 5. 7. 9. 11. 13. 15. 17. 19. bis zu 21. Stuͤck, und kaum, daß ſie aus ihrem Lager gekommen, alſofort von der fal- lenden Sucht angegriffen werden, ſo giebt ein iedweder von den vier lauren- den dem Thiere ſtracks einen Schuß, nicht in den Leib, ſondern in die Wei- chen oder in die zaͤrteſten Theile, und ſe- hen zu, daß ſie ihm ein oder das andere Glied entzwey ſchieſſen moͤgen; drauf ſteigen ſie herab, und binden das Thier mit ihren Stricken an allen vieren zu- ſammen: indeſſen ſich nun das Thier abmattet, bemuͤhen ſie ſich ihm den lin- cken Fuß abzuhauen, welcher voll gruͤ- nes Mooſes worden, indem ſich das Thier abgeſchlagen. Wann ſie denn den Fuß abgehauen, laſſen ſie das Thier liegen, und hohlen die Bauern mit Wa- gen und Ochſen herbey, das Thier, welches ſie oftmahls annoch lebend finden, hinweg zu fuͤhren: iſt es noch nicht todt, ſo ſchlagen ſie ihm den Kopf mit Aexten ein, ziehen es ab, und ma- chen Paſteten draus, denn ſie leben von dem Fleiſche dieſes Thieres, welches ein herrlich gut Eſſen iſt. Dabey aber muͤſſen ſie Achtung geben, daß die an- dern Elende nicht dazu kommen, mitt- lerweile ſie eines toͤdten, denn groſſe Gefahr dabey: deswegen ſchieſſen ſie fort fuͤr fort, oder machen ſonſt ein groß Getuͤmmel, oder ſteigen wieder auf die Baͤume, und halten ihr Gewehr allzeit fertig. Auch iſt zu mercken, daß wann denen Thieren, welche die fallen- de Sucht haben, ſo viel Zeit gelaſſen wird, daß ſie ihren Fuß in das Maul nehmen, und hernach ins Ohr ſtecken moͤgen, ſie ſich alſofort wiederum er- heben, einen Sprung uͤber den andern thun, und ſo wuͤtend ſind, daß ſie alles umbringen ſolten, was ſie nur erreichen koͤnten. Die Haare auf dem Ruͤcken des Elen- des ſehen maͤuſefahl. Die Elende in Canada ſind Zwit- ter und viel kleiner denn die Litthaui- ſchen und Schwediſchen. Jn der Artzney wird von dem gan- tzen Thiere mehr nicht, denn der lincke Hinterfuß gebraucht, weil er, wie ge- dacht, denenjenigen ſo trefflich dienen ſoll, welche mit obbemeldten Kranck- heiten beladen; und deswegen moͤgen dieſelben, die eine Elendsklaue noͤthig haben, Sorge tragen, daß ſie auch auf- richtig ſey, und nicht etwa ein Fuß von einen andern ihm gleichenden Thie- re, welches iedoch gar ſchwerlich zu mercken, wofern nicht wenigſtens der Schenckel nebſt der Haut noch dran ſitzet, daß man es dergeſtalt an denen Haaren erkennen mag und ſehen, daß es der lincke Hinterfuß. Desgleichen habe man Acht, daß er nicht von Wuͤr- mern zerfreſſen, welches ſehr ofte ge- ſchicht, wenn er alt wird: dahingegen ſoll die Klaue gewichtig, ſchwartz, glaͤn- tzend und gantz dichte ſeyn. Dieſe Klaue, oder das Horn davon, iſt bey denen Apotheckern einiger maſſen gebraͤuch- lich, nicht nur zu denenjenigen Artzney- en, die wieder obbenannte Kranckhei- ten dienen, ſondern auch zu etlichen an- dern, dazu es erfodert wird. Etliche geben fuͤr, es habe ſeine Ruthe eben die- ſelbe Kraft, die der Fuß hat, dem die Lateiner den Namen Ungula Alcis ge- geben. Andere heiſſen das Elend das groſſe Thier/ nicht ſowohl, weil es das hoͤheſte unter allen Thieren, ſondern weil es das ſchnelleſte iſt im lauffen, und wegen ſeiner Staͤrcke ſchier nicht zu baͤn- digen, indem es alles, was ihm begeg- net, zerbricht und niederſtoͤßt. Aus der Haut dieſes Thiers wird al- lerhand Zeug gemacht, Handſchuhe, und dergleichen. Das J i

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/381>, abgerufen am 22.11.2024.