Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

Bild:
<< vorherige Seite

Hauptbeschreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] schön scharlachroth sehen, sanft anzu-
fühlen seyn, und ein schön Korn haben,
ziemlich gut riechen, und knarren, wenn
man ihn reibt.

Er wird zwar wohl auch zu Mar-
seille
und zu Paris gemacht: allein, er
sieht nicht so schön roth, hält auch nicht
Schwartzer
Corduan.
also lange. Was den schwartzen Cor-
duan
betrifft, da kommt der allerbeste
aus der Barbarey, und ist viel schöner
und schwärtzer, hat auch ein weit schö-
neres Korn, als der, welcher zu Rouan
gearbeitet, und Peaux fraiches, frische
[Spaltenumbruch] Felle, genennet wird, und mag man
mir sagen, was man will, er ist doch
nicht so gut, noch so schön, als wie der
aus der Barbarey.

Die Bockhäute, die wir zu Paris
haben, in denen Oelaus Provence ge-
bracht wird, verkauffen wir gewissen
Leuten, die sie zu allerhand Gebrauch
zurichten.

Es vermeinen etliche, der Frantzö-
sische Name Bouc komme vom Teutschen
Bock, oder vom Jtalienischen Becco
her: die Lateiner nennen ihn Hircus.

[Ende Spaltensatz]
Das vierzehende Capitel.
Vom Steinbock.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 348.

DEr Steinbock oder der wilde
Bock
ist ein Thier, das in Franck-
reich
wenig bekannt, desto mehr aber
in der Schweitz. Derowegen habe
ich für dienlich erachtet, dasjenige all-
hier anzuführen, was Peter Bellon
Mans
in seiner Reisebeschreibung am
14. Blatte, folgender Gestalt davon
vermeldet hat.

Weil es keine Wölffe auf der Jnsel
Candia giebet, dannenhero lassen die
Leute ihr Vieh gantz sicher und ohne
Furcht des Nachts über auf dem Felde,
und sonderlich die Schafe und Häm-
mel. Können nun die Einwohner jun-
ge Steinböcke, derer es eine grosse Men-
ge giebt, in den Gebirgen herumir-
rend antreffen, so ziehen sie dieselben
bey den zahmen Ziegen zugleich mit
auf, und machen sie gleichfalls zahm.
Die wilden aber gehören dem, der sie
fähet oder tödtet. Jhre Gröffe über-
trifft die gebührende Grösse und Dicke
der zahmen Ziegen nicht: doch haben
sie wohl eben soviel Fleisch, als ein gros-
ser Hirsch, sind auch mit dergleichen
gelblichten und kurtzen Haar bedecket,
nicht wie die Ziegen. Die Männlein
haben einen grossen braunen Bart,
welches eine Sache, die sonst an keinem
Thiere mehr, das Hirschhaar hat, zu
befinden. Wenn sie alt worden, wer-
den sie grau, und haben einen schwar-
tzen Streiffen über den Rückgrad. Wir
haben ihrer auch in unsern Gebirgen,
bevoraus an jähen und unersteiglichen
Orten. Zu verwundern ist es, daß ein
so kleines Thier dermassen schwere Hör-
[Spaltenumbruch] ner tragen kan, wie ich dann ein Paar
habe, die zwey Ellen lang sind. Diese
haben so viel Qveerstriche oder Linien,
oder Ringe, so viel Jahre die Böcke oder
Ziegen alt sind. So habe ich auch be-
funden, daß es ihrer zweyerley Ge-
schlechte giebt, welches ich auch mit de-
nen Hörnern, die ich aus Cypern und
Creta bringen lassen, und dem Herrn
Landvogt des Lyonischen Gebirges ver-
ehret habe, erwiesen. Unterschiedliche
mahl habe ich die Vergnügung gehabt,
und sie mit Griechischen Hunden hetzen
sehen. Auf denen allerhöhesten Ge-
birgen in Candia/ und sonderlich um
das Gebirge Spacchia und Madera,
giebt es Bauern, welche so gute Bogen-
schützen sind, daß sie die Böcke, auf fünff
und zwantzig Schritte weit, mit ihren
Pfeilen treffen können. Sie nehmen
aber die Weiblein, welche sie aufgezo-
gen und zahm gemacht haben, und bin-
den dieselben hier oder dort in dem Ge-
birge an, wo etwan die Männlein ihren
Lauff zu haben pflegen. Drauf macht
sich der Schütze auf die Seite, und ver-
birgt sich hinter das Gesträuche, dem
Wind entgegen, weil er wohl weiß, daß
der Steinbock einen dermassen scharf-
fen Geruch hat, daß er ihn auch auf
hundert Schritte riechen würde. Wann
dann das Männlein das Weiblein auf
dem Lauffe findet, steht es stille, und der
Bauer drucket seinen Bogen ab. Fügt
sichs, daß der Steinbock nur schlecht
verwundet, oder das Eisen ihm im Lei-
be stecken geblieben, so weiß er ihm selbst
meisterlich zu helffen: denn er geht nur

hin
K k 3

Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] ſchoͤn ſcharlachroth ſehen, ſanft anzu-
fuͤhlen ſeyn, und ein ſchoͤn Korn haben,
ziemlich gut riechen, und knarren, wenn
man ihn reibt.

Er wird zwar wohl auch zu Mar-
ſeille
und zu Paris gemacht: allein, er
ſieht nicht ſo ſchoͤn roth, haͤlt auch nicht
Schwartzer
Corduan.
alſo lange. Was den ſchwartzen Cor-
duan
betrifft, da kommt der allerbeſte
aus der Barbarey, und iſt viel ſchoͤner
und ſchwaͤrtzer, hat auch ein weit ſchoͤ-
neres Korn, als der, welcher zu Rouan
gearbeitet, und Peaux fraiches, friſche
[Spaltenumbruch] Felle, genennet wird, und mag man
mir ſagen, was man will, er iſt doch
nicht ſo gut, noch ſo ſchoͤn, als wie der
aus der Barbarey.

Die Bockhaͤute, die wir zu Paris
haben, in denen Oelaus Provence ge-
bracht wird, verkauffen wir gewiſſen
Leuten, die ſie zu allerhand Gebrauch
zurichten.

Es vermeinen etliche, der Frantzoͤ-
ſiſche Name Bouc komme vom Teutſchen
Bock, oder vom Jtalieniſchen Becco
her: die Lateiner nennen ihn Hircus.

[Ende Spaltensatz]
Das vierzehende Capitel.
Vom Steinbock.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 348.

DEr Steinbock oder der wilde
Bock
iſt ein Thier, das in Franck-
reich
wenig bekannt, deſto mehr aber
in der Schweitz. Derowegen habe
ich fuͤr dienlich erachtet, dasjenige all-
hier anzufuͤhren, was Peter Bellon
Mans
in ſeiner Reiſebeſchreibung am
14. Blatte, folgender Geſtalt davon
vermeldet hat.

Weil es keine Woͤlffe auf der Jnſel
Candia giebet, dannenhero laſſen die
Leute ihr Vieh gantz ſicher und ohne
Furcht des Nachts uͤber auf dem Felde,
und ſonderlich die Schafe und Haͤm-
mel. Koͤnnen nun die Einwohner jun-
ge Steinboͤcke, derer es eine groſſe Men-
ge giebt, in den Gebirgen herumir-
rend antreffen, ſo ziehen ſie dieſelben
bey den zahmen Ziegen zugleich mit
auf, und machen ſie gleichfalls zahm.
Die wilden aber gehoͤren dem, der ſie
faͤhet oder toͤdtet. Jhre Groͤffe uͤber-
trifft die gebuͤhrende Groͤſſe und Dicke
der zahmen Ziegen nicht: doch haben
ſie wohl eben ſoviel Fleiſch, als ein groſ-
ſer Hirſch, ſind auch mit dergleichen
gelblichten und kurtzen Haar bedecket,
nicht wie die Ziegen. Die Maͤnnlein
haben einen groſſen braunen Bart,
welches eine Sache, die ſonſt an keinem
Thiere mehr, das Hirſchhaar hat, zu
befinden. Wenn ſie alt worden, wer-
den ſie grau, und haben einen ſchwar-
tzen Streiffen uͤber den Ruͤckgrad. Wir
haben ihrer auch in unſern Gebirgen,
bevoraus an jaͤhen und unerſteiglichen
Orten. Zu verwundern iſt es, daß ein
ſo kleines Thier dermaſſen ſchwere Hoͤr-
[Spaltenumbruch] ner tragen kan, wie ich dann ein Paar
habe, die zwey Ellen lang ſind. Dieſe
haben ſo viel Qveerſtriche oder Linien,
oder Ringe, ſo viel Jahre die Boͤcke oder
Ziegen alt ſind. So habe ich auch be-
funden, daß es ihrer zweyerley Ge-
ſchlechte giebt, welches ich auch mit de-
nen Hoͤrnern, die ich aus Cypern und
Creta bringen laſſen, und dem Herrn
Landvogt des Lyoniſchen Gebirges ver-
ehret habe, erwieſen. Unterſchiedliche
mahl habe ich die Vergnuͤgung gehabt,
und ſie mit Griechiſchen Hunden hetzen
ſehen. Auf denen allerhoͤheſten Ge-
birgen in Candia/ und ſonderlich um
das Gebirge Spacchia und Madera,
giebt es Bauern, welche ſo gute Bogen-
ſchuͤtzen ſind, daß ſie die Boͤcke, auf fuͤnff
und zwantzig Schritte weit, mit ihren
Pfeilen treffen koͤnnen. Sie nehmen
aber die Weiblein, welche ſie aufgezo-
gen und zahm gemacht haben, und bin-
den dieſelben hier oder dort in dem Ge-
birge an, wo etwan die Maͤnnlein ihren
Lauff zu haben pflegen. Drauf macht
ſich der Schuͤtze auf die Seite, und ver-
birgt ſich hinter das Geſtraͤuche, dem
Wind entgegen, weil er wohl weiß, daß
der Steinbock einen dermaſſen ſcharf-
fen Geruch hat, daß er ihn auch auf
hundert Schritte riechen wuͤrde. Wann
dann das Maͤnnlein das Weiblein auf
dem Lauffe findet, ſteht es ſtille, und der
Bauer drucket ſeinen Bogen ab. Fuͤgt
ſichs, daß der Steinbock nur ſchlecht
verwundet, oder das Eiſen ihm im Lei-
be ſtecken geblieben, ſo weiß er ihm ſelbſt
meiſterlich zu helffen: denn er geht nur

hin
K k 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0395"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hauptbe&#x017F;chreibung zweyter Theil.</hi></fw><lb/><cb n="521"/>
&#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;charlachroth &#x017F;ehen, &#x017F;anft anzu-<lb/>
fu&#x0364;hlen &#x017F;eyn, und ein &#x017F;cho&#x0364;n Korn haben,<lb/>
ziemlich gut riechen, und knarren, wenn<lb/>
man ihn reibt.</p><lb/>
              <p>Er wird zwar wohl auch zu <hi rendition="#fr">Mar-<lb/>
&#x017F;eille</hi> und zu <hi rendition="#fr">Paris</hi> gemacht: allein, er<lb/>
&#x017F;ieht nicht &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n roth, ha&#x0364;lt auch nicht<lb/><note place="left">Schwartzer<lb/>
Corduan.</note>al&#x017F;o lange. Was den &#x017F;chwartzen <hi rendition="#fr">Cor-<lb/>
duan</hi> betrifft, da kommt der allerbe&#x017F;te<lb/>
aus der <hi rendition="#fr">Barbarey,</hi> und i&#x017F;t viel &#x017F;cho&#x0364;ner<lb/>
und &#x017F;chwa&#x0364;rtzer, hat auch ein weit &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
neres Korn, als der, welcher zu <hi rendition="#fr">Rouan</hi><lb/>
gearbeitet, und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Peaux fraiches,</hi></hi> fri&#x017F;che<lb/><cb n="522"/>
Felle, genennet wird, und mag man<lb/>
mir &#x017F;agen, was man will, er i&#x017F;t doch<lb/>
nicht &#x017F;o gut, noch &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n, als wie der<lb/>
aus der Barbarey.</p><lb/>
              <p>Die Bockha&#x0364;ute, die wir zu <hi rendition="#fr">Paris</hi><lb/>
haben, in denen Oelaus <hi rendition="#fr">Provence</hi> ge-<lb/>
bracht wird, verkauffen wir gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Leuten, die &#x017F;ie zu allerhand Gebrauch<lb/>
zurichten.</p><lb/>
              <p>Es vermeinen etliche, der Frantzo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;che Name <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bouc</hi></hi> komme vom Teut&#x017F;chen<lb/>
Bock, oder vom Jtalieni&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Becco</hi><lb/>
her: die Lateiner nennen ihn <hi rendition="#aq">Hircus.</hi></p>
              <cb type="end"/>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head> <hi rendition="#b">Das vierzehende Capitel.<lb/>
Vom Steinbock.</hi> </head><lb/>
              <cb type="start"/>
              <note place="left">Siehe <hi rendition="#aq">Fig.</hi> 348.</note>
              <p><hi rendition="#in">D</hi>Er <hi rendition="#fr">Steinbock</hi> oder der <hi rendition="#fr">wilde<lb/>
Bock</hi> i&#x017F;t ein Thier, das in <hi rendition="#fr">Franck-<lb/>
reich</hi> wenig bekannt, de&#x017F;to mehr aber<lb/>
in der <hi rendition="#fr">Schweitz.</hi> Derowegen habe<lb/>
ich fu&#x0364;r dienlich erachtet, dasjenige all-<lb/>
hier anzufu&#x0364;hren, was <hi rendition="#fr">Peter Bellon<lb/>
Mans</hi> in &#x017F;einer Rei&#x017F;ebe&#x017F;chreibung am<lb/>
14. Blatte, folgender Ge&#x017F;talt davon<lb/>
vermeldet hat.</p><lb/>
              <p>Weil es keine Wo&#x0364;lffe auf der Jn&#x017F;el<lb/><hi rendition="#fr">Candia</hi> giebet, dannenhero la&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
Leute ihr Vieh gantz &#x017F;icher und ohne<lb/>
Furcht des Nachts u&#x0364;ber auf dem Felde,<lb/>
und &#x017F;onderlich die Schafe und Ha&#x0364;m-<lb/>
mel. Ko&#x0364;nnen nun die Einwohner jun-<lb/>
ge Steinbo&#x0364;cke, derer es eine gro&#x017F;&#x017F;e Men-<lb/>
ge giebt, in den Gebirgen herumir-<lb/>
rend antreffen, &#x017F;o ziehen &#x017F;ie die&#x017F;elben<lb/>
bey den zahmen Ziegen zugleich mit<lb/>
auf, und machen &#x017F;ie gleichfalls zahm.<lb/>
Die wilden aber geho&#x0364;ren dem, der &#x017F;ie<lb/>
fa&#x0364;het oder to&#x0364;dtet. Jhre Gro&#x0364;ffe u&#x0364;ber-<lb/>
trifft die gebu&#x0364;hrende Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Dicke<lb/>
der zahmen Ziegen nicht: doch haben<lb/>
&#x017F;ie wohl eben &#x017F;oviel Flei&#x017F;ch, als ein gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er Hir&#x017F;ch, &#x017F;ind auch mit dergleichen<lb/>
gelblichten und kurtzen Haar bedecket,<lb/>
nicht wie die Ziegen. Die Ma&#x0364;nnlein<lb/>
haben einen gro&#x017F;&#x017F;en braunen Bart,<lb/>
welches eine Sache, die &#x017F;on&#x017F;t an keinem<lb/>
Thiere mehr, das Hir&#x017F;chhaar hat, zu<lb/>
befinden. Wenn &#x017F;ie alt worden, wer-<lb/>
den &#x017F;ie grau, und haben einen &#x017F;chwar-<lb/>
tzen Streiffen u&#x0364;ber den Ru&#x0364;ckgrad. Wir<lb/>
haben ihrer auch in un&#x017F;ern Gebirgen,<lb/>
bevoraus an ja&#x0364;hen und uner&#x017F;teiglichen<lb/>
Orten. Zu verwundern i&#x017F;t es, daß ein<lb/>
&#x017F;o kleines Thier derma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chwere Ho&#x0364;r-<lb/><cb/>
ner tragen kan, wie ich dann ein Paar<lb/>
habe, die zwey Ellen lang &#x017F;ind. Die&#x017F;e<lb/>
haben &#x017F;o viel Qveer&#x017F;triche oder Linien,<lb/>
oder Ringe, &#x017F;o viel Jahre die Bo&#x0364;cke oder<lb/>
Ziegen alt &#x017F;ind. So habe ich auch be-<lb/>
funden, daß es ihrer zweyerley Ge-<lb/>
&#x017F;chlechte giebt, welches ich auch mit de-<lb/>
nen Ho&#x0364;rnern, die ich aus <hi rendition="#fr">Cypern</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Creta</hi> bringen la&#x017F;&#x017F;en, und dem Herrn<lb/>
Landvogt des Lyoni&#x017F;chen Gebirges ver-<lb/>
ehret habe, erwie&#x017F;en. Unter&#x017F;chiedliche<lb/>
mahl habe ich die Vergnu&#x0364;gung gehabt,<lb/>
und &#x017F;ie mit Griechi&#x017F;chen Hunden hetzen<lb/>
&#x017F;ehen. Auf denen allerho&#x0364;he&#x017F;ten Ge-<lb/>
birgen in <hi rendition="#fr">Candia/</hi> und &#x017F;onderlich um<lb/>
das Gebirge Spacchia und Madera,<lb/>
giebt es Bauern, welche &#x017F;o gute Bogen-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tzen &#x017F;ind, daß &#x017F;ie die Bo&#x0364;cke, auf fu&#x0364;nff<lb/>
und zwantzig Schritte weit, mit ihren<lb/>
Pfeilen treffen ko&#x0364;nnen. Sie nehmen<lb/>
aber die Weiblein, welche &#x017F;ie aufgezo-<lb/>
gen und zahm gemacht haben, und bin-<lb/>
den die&#x017F;elben hier oder dort in dem Ge-<lb/>
birge an, wo etwan die Ma&#x0364;nnlein ihren<lb/>
Lauff zu haben pflegen. Drauf macht<lb/>
&#x017F;ich der Schu&#x0364;tze auf die Seite, und ver-<lb/>
birgt &#x017F;ich hinter das Ge&#x017F;tra&#x0364;uche, dem<lb/>
Wind entgegen, weil er wohl weiß, daß<lb/>
der <hi rendition="#fr">Steinbock</hi> einen derma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;charf-<lb/>
fen Geruch hat, daß er ihn auch auf<lb/>
hundert Schritte riechen wu&#x0364;rde. Wann<lb/>
dann das Ma&#x0364;nnlein das Weiblein auf<lb/>
dem Lauffe findet, &#x017F;teht es &#x017F;tille, und der<lb/>
Bauer drucket &#x017F;einen Bogen ab. Fu&#x0364;gt<lb/>
&#x017F;ichs, daß der <hi rendition="#fr">Steinbock</hi> nur &#x017F;chlecht<lb/>
verwundet, oder das Ei&#x017F;en ihm im Lei-<lb/>
be &#x017F;tecken geblieben, &#x017F;o weiß er ihm &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
mei&#x017F;terlich zu helffen: denn er geht nur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k 3</fw><fw place="bottom" type="catch">hin</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0395] Hauptbeſchreibung zweyter Theil. ſchoͤn ſcharlachroth ſehen, ſanft anzu- fuͤhlen ſeyn, und ein ſchoͤn Korn haben, ziemlich gut riechen, und knarren, wenn man ihn reibt. Er wird zwar wohl auch zu Mar- ſeille und zu Paris gemacht: allein, er ſieht nicht ſo ſchoͤn roth, haͤlt auch nicht alſo lange. Was den ſchwartzen Cor- duan betrifft, da kommt der allerbeſte aus der Barbarey, und iſt viel ſchoͤner und ſchwaͤrtzer, hat auch ein weit ſchoͤ- neres Korn, als der, welcher zu Rouan gearbeitet, und Peaux fraiches, friſche Felle, genennet wird, und mag man mir ſagen, was man will, er iſt doch nicht ſo gut, noch ſo ſchoͤn, als wie der aus der Barbarey. Schwartzer Corduan. Die Bockhaͤute, die wir zu Paris haben, in denen Oelaus Provence ge- bracht wird, verkauffen wir gewiſſen Leuten, die ſie zu allerhand Gebrauch zurichten. Es vermeinen etliche, der Frantzoͤ- ſiſche Name Bouc komme vom Teutſchen Bock, oder vom Jtalieniſchen Becco her: die Lateiner nennen ihn Hircus. Das vierzehende Capitel. Vom Steinbock. DEr Steinbock oder der wilde Bock iſt ein Thier, das in Franck- reich wenig bekannt, deſto mehr aber in der Schweitz. Derowegen habe ich fuͤr dienlich erachtet, dasjenige all- hier anzufuͤhren, was Peter Bellon Mans in ſeiner Reiſebeſchreibung am 14. Blatte, folgender Geſtalt davon vermeldet hat. Weil es keine Woͤlffe auf der Jnſel Candia giebet, dannenhero laſſen die Leute ihr Vieh gantz ſicher und ohne Furcht des Nachts uͤber auf dem Felde, und ſonderlich die Schafe und Haͤm- mel. Koͤnnen nun die Einwohner jun- ge Steinboͤcke, derer es eine groſſe Men- ge giebt, in den Gebirgen herumir- rend antreffen, ſo ziehen ſie dieſelben bey den zahmen Ziegen zugleich mit auf, und machen ſie gleichfalls zahm. Die wilden aber gehoͤren dem, der ſie faͤhet oder toͤdtet. Jhre Groͤffe uͤber- trifft die gebuͤhrende Groͤſſe und Dicke der zahmen Ziegen nicht: doch haben ſie wohl eben ſoviel Fleiſch, als ein groſ- ſer Hirſch, ſind auch mit dergleichen gelblichten und kurtzen Haar bedecket, nicht wie die Ziegen. Die Maͤnnlein haben einen groſſen braunen Bart, welches eine Sache, die ſonſt an keinem Thiere mehr, das Hirſchhaar hat, zu befinden. Wenn ſie alt worden, wer- den ſie grau, und haben einen ſchwar- tzen Streiffen uͤber den Ruͤckgrad. Wir haben ihrer auch in unſern Gebirgen, bevoraus an jaͤhen und unerſteiglichen Orten. Zu verwundern iſt es, daß ein ſo kleines Thier dermaſſen ſchwere Hoͤr- ner tragen kan, wie ich dann ein Paar habe, die zwey Ellen lang ſind. Dieſe haben ſo viel Qveerſtriche oder Linien, oder Ringe, ſo viel Jahre die Boͤcke oder Ziegen alt ſind. So habe ich auch be- funden, daß es ihrer zweyerley Ge- ſchlechte giebt, welches ich auch mit de- nen Hoͤrnern, die ich aus Cypern und Creta bringen laſſen, und dem Herrn Landvogt des Lyoniſchen Gebirges ver- ehret habe, erwieſen. Unterſchiedliche mahl habe ich die Vergnuͤgung gehabt, und ſie mit Griechiſchen Hunden hetzen ſehen. Auf denen allerhoͤheſten Ge- birgen in Candia/ und ſonderlich um das Gebirge Spacchia und Madera, giebt es Bauern, welche ſo gute Bogen- ſchuͤtzen ſind, daß ſie die Boͤcke, auf fuͤnff und zwantzig Schritte weit, mit ihren Pfeilen treffen koͤnnen. Sie nehmen aber die Weiblein, welche ſie aufgezo- gen und zahm gemacht haben, und bin- den dieſelben hier oder dort in dem Ge- birge an, wo etwan die Maͤnnlein ihren Lauff zu haben pflegen. Drauf macht ſich der Schuͤtze auf die Seite, und ver- birgt ſich hinter das Geſtraͤuche, dem Wind entgegen, weil er wohl weiß, daß der Steinbock einen dermaſſen ſcharf- fen Geruch hat, daß er ihn auch auf hundert Schritte riechen wuͤrde. Wann dann das Maͤnnlein das Weiblein auf dem Lauffe findet, ſteht es ſtille, und der Bauer drucket ſeinen Bogen ab. Fuͤgt ſichs, daß der Steinbock nur ſchlecht verwundet, oder das Eiſen ihm im Lei- be ſtecken geblieben, ſo weiß er ihm ſelbſt meiſterlich zu helffen: denn er geht nur hin K k 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/395
Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/395>, abgerufen am 22.11.2024.