Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
gehabt hätte, welches viel länger unddicker gewesen wäre, als das zu S. De- nis. Und dieses sind die Stücken von diesem Horne, welche wir zu Paris/ eben als wie anderswo, für das wahr- hafte Einhorn verkauffen, deme von ih- rer vielen gar grosse Eigenschaften zu- geschrieben werden, welche zu wider- sprechen, ich mich nicht unterstehe, weil ich es nicht versucht habe, auch keine Ge- legenheit gefunden, sattsame Proben davon zu nehmen. Es findet sich auch noch ein anderer Fleisch
Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
gehabt haͤtte, welches viel laͤnger unddicker geweſen waͤre, als das zu S. De- nis. Und dieſes ſind die Stuͤcken von dieſem Horne, welche wir zu Paris/ eben als wie anderswo, fuͤr das wahr- hafte Einhorn verkauffen, deme von ih- rer vielen gar groſſe Eigenſchaften zu- geſchrieben werden, welche zu wider- ſprechen, ich mich nicht unterſtehe, weil ich es nicht verſucht habe, auch keine Ge- legenheit gefunden, ſattſame Proben davon zu nehmen. Es findet ſich auch noch ein anderer Fleiſch
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De-<lb/> nis.</hi> Und dieſes ſind die Stuͤcken von<lb/> dieſem Horne, welche wir zu <hi rendition="#fr">Paris/</hi><lb/> eben als wie anderswo, fuͤr das wahr-<lb/> hafte Einhorn verkauffen, deme von ih-<lb/> rer vielen gar groſſe Eigenſchaften zu-<lb/> geſchrieben werden, welche zu wider-<lb/> ſprechen, ich mich nicht unterſtehe, weil<lb/> ich es nicht verſucht habe, auch keine Ge-<lb/> legenheit gefunden, ſattſame Proben<lb/> davon zu nehmen.</p><lb/> <note place="left">Siehe <hi rendition="#aq">Fig.</hi> 372.</note> <p>Es findet ſich auch noch ein anderer<lb/> Fiſch, dem der Name <hi rendition="#fr">See-Einhorn</hi><lb/> iſt beygeleget worden, welcher ſich an<lb/> unterſchiedenen Orten aufhaͤlt. Der<lb/> Herr <hi rendition="#fr">Dumantel</hi> berichtet, daß er in<lb/> dem Fluſſe der Jnſel <hi rendition="#fr">Tortuga,</hi> nahe<lb/> bey <hi rendition="#fr">S. Domingo,</hi> im Jahr 1644. ei-<lb/> nen ſolchen Fiſch von ungeheurer Groͤſ-<lb/> ſe geſehen. Dieſes <hi rendition="#fr">See-Einhorn/</hi><lb/> vermeldet er, verfolgte eine <hi rendition="#fr">Carague/</hi><lb/> oder einen andern Fiſch von mittelmaͤßi-<lb/> ger Groͤſſe, mit ſolchem Ungeſtuͤm, daß<lb/> er nicht beobachtend, wie er mehr Waſ-<lb/> ſers zum ſchwimmen noͤthig haͤtte, mit<lb/> dem halben Leibe aufs trockne und auf<lb/> eine groſſe Sandbanck gerieth, von dar<lb/> er nicht wieder in die Tieffe gelangen<lb/> konte, ſondern ward von den Ein-<lb/><note place="left">Siehe <hi rendition="#aq">Fig.</hi> 373.</note>wohnern tod geſchlagen. Er hatte ſechs<lb/> groſſe Floßfedern, welche am Ende<lb/> ſchier wie die Ruder an den Galeren<lb/> ſahen: zwey derſelben ſtunden, wo die<lb/> Ohren zu ſitzen pflegen, die andern viere<lb/> aber zur Seiten am Bauche, in gleicher<lb/> Weite von einander. Der gantze obe-<lb/> re Theil ſeines Leibes war mit groſſen<lb/> Schuppen bedecket, die ſo breit waren,<lb/> als ein Stuͤcke von 58. Sols, und gantz<lb/> blau, ſchienen gleich als ob ſie mit ſilber-<lb/> nen Flittern beſetzet waͤren. Hinten<lb/> am Halſe ſtunden ſie weit enger bey-<lb/> ſammen, und waren braun, als ob er<lb/> ein Halsband umgehabt. Die Schup-<lb/> pen am Bauche ſahen gelbe. Der<lb/> Kopf war ein wenig dicker, als ein Roß-<lb/> kopf, auch ſchier alſo geſtalt. Dieſer,<lb/> der Kopf, war mit Haaren bedeckt und<lb/> mit einer braunen harten Haut uͤberzo-<lb/> gen; und gleichwie das Einhorn ſein<lb/> Horn auf der Stirne traͤgt, alſo hatte<lb/> auch dieſes <hi rendition="#fr">See-Einhorn</hi> ein uͤber alle<lb/> maſſen ſchoͤnes Horn vor dem Kopfe,<lb/> welches neun und einen halben Schuh<lb/><cb n="588"/> lang war. Es war vollkommen gera-<lb/> de, und von der Stirne an, da es ſeinen<lb/> Anfang nahme, wurde es immer duͤn-<lb/> ner, bis es alſo ſpitzig ward, daß es auch<lb/> die haͤrteſten Dinge damit durchſtoſſen<lb/> koͤnnen. Das dicke Ende, das am Kopfe<lb/> ſtund, hielt ſechs zehen Zoll im Umfang:<lb/> von da an war dieſes wunderbarliche<lb/> Horn bis auf zwey Drittheil ſeiner Laͤn-<lb/> ge, wie eine Kelterſchraube geſtalt, oder<lb/> beſſer zu ſagen, Wellenweis, und wie<lb/> eine gedrehete Saͤule, auſſer daß die<lb/> Holkehlen gegen das Ende zu, immer<lb/> ſchlechter wurden, bis ſie ſich endlich<lb/> gantz und gar in einer angenehmen Ebe-<lb/> ne verlohren, welche ſich zwey Zoll uͤber<lb/> dem vierten Schuh endigte. Dieſes<lb/> gantze untere Theil war mit einer aſch-<lb/> farbenen Haut uͤberzogen, welche uͤber<lb/> und uͤber mit ſanften kurtzen Haͤrlein,<lb/> als wie mit Sammet, von abgeſchoſſe-<lb/> ner gelber Farbe, bedecket, darunter<lb/> aber ware es ſo weiß als Elffenbein.<lb/> Belangend das andere Theil, welches<lb/> gantz blos erſchien, daſſelbe war von Na-<lb/> tur ſpiegelglatt und glaͤntzendſchwartz,<lb/> mit etlichen weiß- und gelben ſehr zar-<lb/> ten Strichlein durchzogen, und dermaſ-<lb/> ſen veſte, daß man mit ſchwerer Muͤhe<lb/> ein wenig zartes Pulver, mit einer gu-<lb/> ten Feile, herabbringen kunte. Er hat-<lb/> te keine erhabene Ohren, ſondern zwey<lb/> groſſe Fiſchohren, wie die andern Fiſche.<lb/> Die Augen waren ſo groß, als wie Huͤ-<lb/> nereyer. Der Augapfel, welche Him-<lb/> melblau, mit gelb gezieret, war mit ei-<lb/> nem hochrothen Ringe umgeben, auf<lb/> den ein anderer heller, und wie ein Cry-<lb/> ſtall glaͤntzender folgete. Das Maul<lb/> war ziemlich weit aufgeſpalten, und<lb/> voller Zaͤhne, unter denen die erſten und<lb/> vorderſten ſcharff und ſpitzig waren, die<lb/> hinterſten aber, in beyden Kieffeln,<lb/> breit, und wie kleine Buckel erhaben.<lb/> Die Zunge war von rechter Laͤnge und<lb/> Dicke, mit einer rauhen zinnoberrothen<lb/> Haut uͤberzogen. Jm uͤbrigen hatte<lb/> dieſer ſeltzame Fiſch noch etwas auf ſei-<lb/> nem Kopfe, als wie eine Krone, welche<lb/> ohngefehr zwey Zoll hoch uͤber der<lb/> Haut hervorꝛagete, laͤnglicht rund war,<lb/> und ſpitzige Enden hatte. Mehr als<lb/> dreyhundert Perſonen haben von die-<lb/> ſem Fiſche gegeſſen, und ihn uͤberaus<lb/> delicat und niedlich befunden. Das<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Fleiſch</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0436]
Der Spezereyen und Materialien
gehabt haͤtte, welches viel laͤnger und
dicker geweſen waͤre, als das zu S. De-
nis. Und dieſes ſind die Stuͤcken von
dieſem Horne, welche wir zu Paris/
eben als wie anderswo, fuͤr das wahr-
hafte Einhorn verkauffen, deme von ih-
rer vielen gar groſſe Eigenſchaften zu-
geſchrieben werden, welche zu wider-
ſprechen, ich mich nicht unterſtehe, weil
ich es nicht verſucht habe, auch keine Ge-
legenheit gefunden, ſattſame Proben
davon zu nehmen.
Es findet ſich auch noch ein anderer
Fiſch, dem der Name See-Einhorn
iſt beygeleget worden, welcher ſich an
unterſchiedenen Orten aufhaͤlt. Der
Herr Dumantel berichtet, daß er in
dem Fluſſe der Jnſel Tortuga, nahe
bey S. Domingo, im Jahr 1644. ei-
nen ſolchen Fiſch von ungeheurer Groͤſ-
ſe geſehen. Dieſes See-Einhorn/
vermeldet er, verfolgte eine Carague/
oder einen andern Fiſch von mittelmaͤßi-
ger Groͤſſe, mit ſolchem Ungeſtuͤm, daß
er nicht beobachtend, wie er mehr Waſ-
ſers zum ſchwimmen noͤthig haͤtte, mit
dem halben Leibe aufs trockne und auf
eine groſſe Sandbanck gerieth, von dar
er nicht wieder in die Tieffe gelangen
konte, ſondern ward von den Ein-
wohnern tod geſchlagen. Er hatte ſechs
groſſe Floßfedern, welche am Ende
ſchier wie die Ruder an den Galeren
ſahen: zwey derſelben ſtunden, wo die
Ohren zu ſitzen pflegen, die andern viere
aber zur Seiten am Bauche, in gleicher
Weite von einander. Der gantze obe-
re Theil ſeines Leibes war mit groſſen
Schuppen bedecket, die ſo breit waren,
als ein Stuͤcke von 58. Sols, und gantz
blau, ſchienen gleich als ob ſie mit ſilber-
nen Flittern beſetzet waͤren. Hinten
am Halſe ſtunden ſie weit enger bey-
ſammen, und waren braun, als ob er
ein Halsband umgehabt. Die Schup-
pen am Bauche ſahen gelbe. Der
Kopf war ein wenig dicker, als ein Roß-
kopf, auch ſchier alſo geſtalt. Dieſer,
der Kopf, war mit Haaren bedeckt und
mit einer braunen harten Haut uͤberzo-
gen; und gleichwie das Einhorn ſein
Horn auf der Stirne traͤgt, alſo hatte
auch dieſes See-Einhorn ein uͤber alle
maſſen ſchoͤnes Horn vor dem Kopfe,
welches neun und einen halben Schuh
lang war. Es war vollkommen gera-
de, und von der Stirne an, da es ſeinen
Anfang nahme, wurde es immer duͤn-
ner, bis es alſo ſpitzig ward, daß es auch
die haͤrteſten Dinge damit durchſtoſſen
koͤnnen. Das dicke Ende, das am Kopfe
ſtund, hielt ſechs zehen Zoll im Umfang:
von da an war dieſes wunderbarliche
Horn bis auf zwey Drittheil ſeiner Laͤn-
ge, wie eine Kelterſchraube geſtalt, oder
beſſer zu ſagen, Wellenweis, und wie
eine gedrehete Saͤule, auſſer daß die
Holkehlen gegen das Ende zu, immer
ſchlechter wurden, bis ſie ſich endlich
gantz und gar in einer angenehmen Ebe-
ne verlohren, welche ſich zwey Zoll uͤber
dem vierten Schuh endigte. Dieſes
gantze untere Theil war mit einer aſch-
farbenen Haut uͤberzogen, welche uͤber
und uͤber mit ſanften kurtzen Haͤrlein,
als wie mit Sammet, von abgeſchoſſe-
ner gelber Farbe, bedecket, darunter
aber ware es ſo weiß als Elffenbein.
Belangend das andere Theil, welches
gantz blos erſchien, daſſelbe war von Na-
tur ſpiegelglatt und glaͤntzendſchwartz,
mit etlichen weiß- und gelben ſehr zar-
ten Strichlein durchzogen, und dermaſ-
ſen veſte, daß man mit ſchwerer Muͤhe
ein wenig zartes Pulver, mit einer gu-
ten Feile, herabbringen kunte. Er hat-
te keine erhabene Ohren, ſondern zwey
groſſe Fiſchohren, wie die andern Fiſche.
Die Augen waren ſo groß, als wie Huͤ-
nereyer. Der Augapfel, welche Him-
melblau, mit gelb gezieret, war mit ei-
nem hochrothen Ringe umgeben, auf
den ein anderer heller, und wie ein Cry-
ſtall glaͤntzender folgete. Das Maul
war ziemlich weit aufgeſpalten, und
voller Zaͤhne, unter denen die erſten und
vorderſten ſcharff und ſpitzig waren, die
hinterſten aber, in beyden Kieffeln,
breit, und wie kleine Buckel erhaben.
Die Zunge war von rechter Laͤnge und
Dicke, mit einer rauhen zinnoberrothen
Haut uͤberzogen. Jm uͤbrigen hatte
dieſer ſeltzame Fiſch noch etwas auf ſei-
nem Kopfe, als wie eine Krone, welche
ohngefehr zwey Zoll hoch uͤber der
Haut hervorꝛagete, laͤnglicht rund war,
und ſpitzige Enden hatte. Mehr als
dreyhundert Perſonen haben von die-
ſem Fiſche gegeſſen, und ihn uͤberaus
delicat und niedlich befunden. Das
Fleiſch
Siehe Fig. 373.
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