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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] die Eyer zu finden. Wann dieses ge-
schehen, so verläßt sie dieselbigen, und
kehret wieder nach der See. Die Eyer
aber werden dergestalt in dem Sande,
darinne sie sechs Wochen liegen, ausge-
brütet: nach deren Verlauff kriechen
die kleinen Schildkröten, die so groß sind
als die Wachteln, aus, und fliehen ge-
rade nach der See, ob ihnen schon nie-
mand den Weg dahin weiset. Be-
kommt man sie aber, ehe sie noch dahin
gelangen, werden sie mit Haut und
Haar zugerichtet, denn sie geben ein
delicates Essen.

Die Requiem und andere grosse Fi-
sche mehr bekriegen sie gantz grausam-
lich, und fressen bey nahe so viel, als
nur in die See kommen, und denn ist
die gemeine Sage der Einwohner, daß
das gantze Land damit bedeckt seyn
würde, wenn gleich von iedem Satze
mehr nicht denn zwey davon kommen
solten. Die nun entwischen, begeben
sich in die saltzichten Seen und Mora-
ste, unter die Klippen, und unter die
Wurtzeln der Paretuvierbäume/
welche als wie Bögen und dermassen
in einander geschlungen seyn, daß die
grossen Raubfische ihnen nicht zukom-
men können: allda verbleiben sie, bis
sie entweder zu entfliehen, oder sich
selbst zu beschützen vermögend sind. Sie
kommen niemahls aufs Land, ausser
bey der Nacht, und wenn der Mond
untergangen. Am häuffigsten aber
kommen sie zu Lande, wenn es regnet,
donnert und blitzt.

Wenn sie aufs Land gekommen, so
senden unsre Frantzosen ihre Leute
überallehin, wo sich gute Sandbäncke
befinden, hernach wird das Fleisch un-
ter sie gleich ausgetheilet. Andere aber
thun sich zu sechsen oder sieben zusam-
men, rüsten ein Canoe aus, welches ze-
hen, zwölff, bis funffzehn Vässer, auch
wohl drey oder vier Tonnen zu tragen
vermag, und suchen die Sandbäncke,
welche am meisten von den Schild-
kröten besuchet werden; hernach thei-
len sie die Nacht in vier Theil, und ein
ieder hält den vierten Theil hindurch
Wache, und gehet langs der Banck auf
und ab. Finden sie eine Schildkröte,
so kehren sie dieselbe um und auf den
Rücken, und lassen sie also bis an den
[Spaltenumbruch] Morgen liegen, unbesorget, daß sie sich
wieder umkehren werde. Einige sagen,
daß sie seuftzeten und weineten, wenn sie
solcher gestalt umgewendet worden:
daß sie seuftzen, mag wohl wahr seyn,
was aber die Thränen betrifft, die sind
nichts anders als eine gewisse Feuchtig-
keit, die ihnen aus den Augen rinnet,
und man für Zähren angesehen hat.

Begiebt sichs, daß etwa eine Schild-
kröte so groß wäre, daß ein Mann mit
ihr nicht könte zu rechte kommen, so
bringt er sie doch stracks zu paaren,
wann er sie nur ein vier oder fünffmahl
mit seinem Kolben auf die Schnautze
schmeißt. Wer sich eine Lust will
machen, der setzt sich ihr auf dem Rü-
cken, hält ihr die Augen mit den Fingern
zu, und leitet sie, wohin es ihm belie-
bet: wann es aber auch schon zehen
Meilen tief ins Land hinein wäre, wird
sie doch, wenn man sie frey läßt, ihren
Weg gerade nach der See zu nehmen, ob
man sie auch schon hundert mahl um-
drehete. Ein iedweder giebt seinen An-
theil zu Saltze, damit das Fleisch ein-
gesaltzet wird; bey der Wiederkehr aber
wird das Fleisch unter sie gleich ausge-
theilet, doch bleibt ein Loos vor denje-
nigen, dem der Fang zustehet.

Die Caret kommt siebenzehn Tage
vorher, ehe sie ihre Eyer legt, und be-
sichtiget das Land: so daß, wann einer
einen Zug oder Gang derselben ange-
troffen, und keine Eyer gefunden hat,
er nur den siebenzehenden Tag hernach
wieder dahin gehen darff, so wird er sie
unfehlbar erwischen.

Die Caret ist eben so böse als die
Kaouanne; sie beißt härter, und hält
recht hartnäckicht: denn als ich eines
Tages eine lebendige wolte nach unse-
rer Hütte tragen lassen, und sie an bey-
de Hinterfüsse über einen Hebebaum,
den zwey von unsern Knechten auf der
Achsel trugen, aufgehencket hatte, bisse
sie den einen in die Hinterbacken, daß
er erschröcklich zu schreyen begunte, so
daß iederman von den Hausleuten
zulieffe, auf sie schlug und sie brennete,
sich auch bemüheten ihr den Rachen mit
eisernen Stäben aufzubrechen; al-
lein sie ließ das, was sie einmahl gefas-
set, nicht wieder gehen, bis man ihr den
Hals abgestochen.

[Ende Spaltensatz]
Das
P p 3

Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch] die Eyer zu finden. Wann dieſes ge-
ſchehen, ſo verlaͤßt ſie dieſelbigen, und
kehret wieder nach der See. Die Eyer
aber werden dergeſtalt in dem Sande,
darinne ſie ſechs Wochen liegen, ausge-
bruͤtet: nach deren Verlauff kriechen
die kleinen Schildkroͤten, die ſo groß ſind
als die Wachteln, aus, und fliehen ge-
rade nach der See, ob ihnen ſchon nie-
mand den Weg dahin weiſet. Be-
kommt man ſie aber, ehe ſie noch dahin
gelangen, werden ſie mit Haut und
Haar zugerichtet, denn ſie geben ein
delicates Eſſen.

Die Requiem und andere groſſe Fi-
ſche mehr bekriegen ſie gantz grauſam-
lich, und freſſen bey nahe ſo viel, als
nur in die See kommen, und denn iſt
die gemeine Sage der Einwohner, daß
das gantze Land damit bedeckt ſeyn
wuͤrde, wenn gleich von iedem Satze
mehr nicht denn zwey davon kommen
ſolten. Die nun entwiſchen, begeben
ſich in die ſaltzichten Seen und Mora-
ſte, unter die Klippen, und unter die
Wurtzeln der Paretuvierbaͤume/
welche als wie Boͤgen und dermaſſen
in einander geſchlungen ſeyn, daß die
groſſen Raubfiſche ihnen nicht zukom-
men koͤnnen: allda verbleiben ſie, bis
ſie entweder zu entfliehen, oder ſich
ſelbſt zu beſchuͤtzen vermoͤgend ſind. Sie
kommen niemahls aufs Land, auſſer
bey der Nacht, und wenn der Mond
untergangen. Am haͤuffigſten aber
kommen ſie zu Lande, wenn es regnet,
donnert und blitzt.

Wenn ſie aufs Land gekommen, ſo
ſenden unſre Frantzoſen ihre Leute
uͤberallehin, wo ſich gute Sandbaͤncke
befinden, hernach wird das Fleiſch un-
ter ſie gleich ausgetheilet. Andere aber
thun ſich zu ſechſen oder ſieben zuſam-
men, ruͤſten ein Canoe aus, welches ze-
hen, zwoͤlff, bis funffzehn Vaͤſſer, auch
wohl drey oder vier Tonnen zu tragen
vermag, und ſuchen die Sandbaͤncke,
welche am meiſten von den Schild-
kroͤten beſuchet werden; hernach thei-
len ſie die Nacht in vier Theil, und ein
ieder haͤlt den vierten Theil hindurch
Wache, und gehet langs der Banck auf
und ab. Finden ſie eine Schildkroͤte,
ſo kehren ſie dieſelbe um und auf den
Ruͤcken, und laſſen ſie alſo bis an den
[Spaltenumbruch] Morgen liegen, unbeſorget, daß ſie ſich
wieder umkehren werde. Einige ſagen,
daß ſie ſeuftzeten und weineten, wenn ſie
ſolcher geſtalt umgewendet worden:
daß ſie ſeuftzen, mag wohl wahr ſeyn,
was aber die Thraͤnen betrifft, die ſind
nichts anders als eine gewiſſe Feuchtig-
keit, die ihnen aus den Augen rinnet,
und man fuͤr Zaͤhren angeſehen hat.

Begiebt ſichs, daß etwa eine Schild-
kroͤte ſo groß waͤre, daß ein Mann mit
ihr nicht koͤnte zu rechte kommen, ſo
bringt er ſie doch ſtracks zu paaren,
wann er ſie nur ein vier oder fuͤnffmahl
mit ſeinem Kolben auf die Schnautze
ſchmeißt. Wer ſich eine Luſt will
machen, der ſetzt ſich ihr auf dem Ruͤ-
cken, haͤlt ihr die Augen mit den Fingern
zu, und leitet ſie, wohin es ihm belie-
bet: wann es aber auch ſchon zehen
Meilen tief ins Land hinein waͤre, wird
ſie doch, wenn man ſie frey laͤßt, ihren
Weg gerade nach der See zu nehmen, ob
man ſie auch ſchon hundert mahl um-
drehete. Ein iedweder giebt ſeinen An-
theil zu Saltze, damit das Fleiſch ein-
geſaltzet wird; bey der Wiederkehr aber
wird das Fleiſch unter ſie gleich ausge-
theilet, doch bleibt ein Loos vor denje-
nigen, dem der Fang zuſtehet.

Die Caret kommt ſiebenzehn Tage
vorher, ehe ſie ihre Eyer legt, und be-
ſichtiget das Land: ſo daß, wann einer
einen Zug oder Gang derſelben ange-
troffen, und keine Eyer gefunden hat,
er nur den ſiebenzehenden Tag hernach
wieder dahin gehen darff, ſo wird er ſie
unfehlbar erwiſchen.

Die Caret iſt eben ſo boͤſe als die
Kaouanne; ſie beißt haͤrter, und haͤlt
recht hartnaͤckicht: denn als ich eines
Tages eine lebendige wolte nach unſe-
rer Huͤtte tragen laſſen, und ſie an bey-
de Hinterfuͤſſe uͤber einen Hebebaum,
den zwey von unſern Knechten auf der
Achſel trugen, aufgehencket hatte, biſſe
ſie den einen in die Hinterbacken, daß
er erſchroͤcklich zu ſchreyen begunte, ſo
daß iederman von den Hausleuten
zulieffe, auf ſie ſchlug und ſie brennete,
ſich auch bemuͤheten ihr den Rachen mit
eiſernen Staͤben aufzubrechen; al-
lein ſie ließ das, was ſie einmahl gefaſ-
ſet, nicht wieder gehen, bis man ihr den
Hals abgeſtochen.

[Ende Spaltensatz]
Das
P p 3
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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/445>, abgerufen am 22.11.2024.