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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch]

Man darff diesen Samen durchaus
zu keinen Sachen thun, die man wohl-
riechend zu machen gedencket, oder es
muß einer wohl damit umzugehen wis-
sen. Widrigen Falls wird alles ver-
derbet werden.

[Spaltenumbruch]

Der Bisamsamen hat, meines wis-
sens, keinen Nutzen in der Artzney, weil
uns entweder seine Kraft und Tugend
annoch verborgen, oder aber, weil mir
nur seine Eigenschaften zur Zeit noch
unbekannt sind.

[Ende Spaltensatz]
Das fünff und zwantzigste Capitel.
Von der Conzenille.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 29.

DJe Conzenille, mit dem Zuna-
men Misteca, ist der Samen eines
Gewächses, welches drey Fuß hoch
wächst, und zwey Finger dicke, schöne grü-
ne und sehr stachlichte Blätter hat, nach
welchen die Schoten, die gelbgrün sind
und wie Hertzen sehen, folgen, darin-
nen ein Hauffen Körnlein, wie grosse
Nadelkoppen stecken, unter denen etliche
ziemlich platt, andere dagegen dreyeckigt
sind, alle aber und insgesamt rauch und
wie Chagrinleder, aussenher weiß, inn-
wendig blutroth.

Diese Samkörner werden aus Peru
und andern Orten in Neuspanien/ näm-
lich von der Saltz- und Mexicanischen
See/
zu uns gebracht, inngleichen von
Cadix, einer in Andalusien am Ge-
stade des mittägigen Oceans gelegenen
Stadt, theils mit denen Spanischen
Gallionen, theils mit der Flotte, wel-
che mit Silber und Golde aus den Pe-
ruanischen Goldgruben beladen, alle
Jahre nach Spanien segelt, und zu-
gleich Jpecacuanha/ Quinquina,
Sarsaparilla/
und andere selbiger
Orten gangbare Wahren mitbringet.
Von Cadix wird sie durch andere Schif-
fe nach Holland, England und Mar-
seille
abgeführet, und von dem letztern
Orte auch zu uns gebracht.

Die Conzenille wird von den Spa-
niern
dermassen hochgehalten, daß sie
dieselbige, aus Beysorge, sie möchte auch
in Franckreich aufgehen, mit Feuer und
Kalch zu fernern Wachsthum untaug-
lich machen. Ja was noch mehr, dafern
sich iemand, der kein gebohrner Spani-
er ist, an denen Orten, wo die Conze-
nillen-Pflantzen stehen, betreten läßt,
wird er, wie mir gesaget worden, also-
fort aufgeknüpft.

Die meisten glauben und wollen be-
haupten, es sey die Cochenille ein Thier-
lein: ich selbst hätte es vermeinet, wenn
ich nicht in zweyen Briefen von Herren
Frantz Rousseau, der aus der Land-
[Spaltenumbruch] schaft Auxerre bürtig, und zu Leogan-
na
auf der Küste S. Domingo seßhaft
ist, eines bessern wäre versichert worden.
Jm ersten Briefe, den 15. Maji 1692.
datir
et, schreibt er also:

Mein Herr,

"Die Cochenillenpflantze, die ihr
"zu kennen und Nachricht davon zu ha-
"ben verlanget, schießt ohngefehr zwey
"oder drey Fuß hoch in die Höhe, als
"wie lauter Reiser, mit zwey Finger
"dicken Blättern besetzt, welche gar lieb-
"lich grün sehen, und über und über mit
"Stacheln bewehret sind. Der Sa-
"men steckt in kleinen Hülsen, die wie
"ein Hertz aussehen, und wenn sie reiff
"worden, gelblicht sind: diese läst man
"trocknen, und thut sie in leinene oder
"lederne Säcke, auf die Weise, wie sie
"nach Franckreich gebracht werden. Die
"ihr bekommen habt, wächst auf Spani-
"schen Boden, meistentheils an der
"Saltzsee, denn das wenige, das bey uns
"zu Leoganna wächst, verdient nicht,
"daß ich davon melde.

Diß lautet gantz anders, als was
Furetiere davon erzehlet, welcher die
Kermesbeeren mit der Conzenille ver-
menget, und zu Ende seiner Beschrei-
bung saget, daß es ein graues Würm-
lein sey, aus Jndien kommend, mit dem
ein so grosser Handel getrieben werde,
daß allein in die Stadt Tlascala, im
Königreich Mexico gelegen, des Jah-
res für mehr als zweymahl hundert tau-
send Thaler werth gebracht werde. Nach
ihm hat mir der Ehrw. P. Plumier,
ein Minorit, folgendes zum theil münd-
lich erzehlet, zum theil aber mit eigner
Hand geschrieben gegeben.

Die Cochenille, Misteca genannt,
ist ein kleines Thierlein, einer Wantze
nicht unähnlich: wird sowohl in Neu-
spanien/
als auch in denen Americani-
schen Jnseln
auf unterschiedlichen Ge-
wächsen gefunden, und zwar so häuffig,

daß
Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch]

Man darff dieſen Samen durchaus
zu keinen Sachen thun, die man wohl-
riechend zu machen gedencket, oder es
muß einer wohl damit umzugehen wiſ-
ſen. Widrigen Falls wird alles ver-
derbet werden.

[Spaltenumbruch]

Der Biſamſamen hat, meines wiſ-
ſens, keinen Nutzen in der Artzney, weil
uns entweder ſeine Kraft und Tugend
annoch verborgen, oder aber, weil mir
nur ſeine Eigenſchaften zur Zeit noch
unbekannt ſind.

[Ende Spaltensatz]
Das fuͤnff und zwantzigſte Capitel.
Von der Conzenille.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 29.

DJe Conzenille, mit dem Zuna-
men Miſteca, iſt der Samen eines
Gewaͤchſes, welches drey Fuß hoch
waͤchſt, und zwey Finger dicke, ſchoͤne gruͤ-
ne und ſehr ſtachlichte Blaͤtter hat, nach
welchen die Schoten, die gelbgruͤn ſind
und wie Hertzen ſehen, folgen, darin-
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Nadelkoppen ſtecken, unter denen etliche
ziemlich platt, andere dagegen dreyeckigt
ſind, alle aber und insgeſamt rauch und
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wendig blutroth.

Dieſe Samkoͤrner werden aus Peru
und andern Orten in Neuſpanien/ naͤm-
lich von der Saltz- und Mexicaniſchen
See/
zu uns gebracht, inngleichen von
Cadix, einer in Andaluſien am Ge-
ſtade des mittaͤgigen Oceans gelegenen
Stadt, theils mit denen Spaniſchen
Gallionen, theils mit der Flotte, wel-
che mit Silber und Golde aus den Pe-
ruaniſchen Goldgruben beladen, alle
Jahre nach Spanien ſegelt, und zu-
gleich Jpecacuanha/ Quinquina,
Sarſaparilla/
und andere ſelbiger
Orten gangbare Wahren mitbringet.
Von Cadix wird ſie durch andere Schif-
fe nach Holland, England und Mar-
ſeille
abgefuͤhret, und von dem letztern
Orte auch zu uns gebracht.

Die Conzenille wird von den Spa-
niern
dermaſſen hochgehalten, daß ſie
dieſelbige, aus Beyſorge, ſie moͤchte auch
in Franckreich aufgehen, mit Feuer und
Kalch zu fernern Wachsthum untaug-
lich machen. Ja was noch mehr, dafern
ſich iemand, der kein gebohrner Spani-
er iſt, an denen Orten, wo die Conze-
nillen-Pflantzen ſtehen, betreten laͤßt,
wird er, wie mir geſaget worden, alſo-
fort aufgeknuͤpft.

Die meiſten glauben und wollen be-
haupten, es ſey die Cochenille ein Thier-
lein: ich ſelbſt haͤtte es vermeinet, wenn
ich nicht in zweyen Briefen von Herren
Frantz Rouſſeau, der aus der Land-
[Spaltenumbruch] ſchaft Auxerre buͤrtig, und zu Leogan-
na
auf der Kuͤſte S. Domingo ſeßhaft
iſt, eines beſſern waͤre verſichert worden.
Jm erſten Briefe, den 15. Maji 1692.
datir
et, ſchreibt er alſo:

Mein Herr,

„Die Cochenillenpflantze, die ihr
„zu kennen und Nachricht davon zu ha-
„ben verlanget, ſchießt ohngefehr zwey
„oder drey Fuß hoch in die Hoͤhe, als
„wie lauter Reiſer, mit zwey Finger
„dicken Blaͤttern beſetzt, welche gar lieb-
„lich gruͤn ſehen, und uͤber und uͤber mit
„Stacheln bewehret ſind. Der Sa-
„men ſteckt in kleinen Huͤlſen, die wie
„ein Hertz auſſehen, und wenn ſie reiff
„worden, gelblicht ſind: dieſe laͤſt man
„trocknen, und thut ſie in leinene oder
„lederne Saͤcke, auf die Weiſe, wie ſie
„nach Franckreich gebracht werden. Die
„ihr bekommen habt, waͤchſt auf Spani-
„ſchen Boden, meiſtentheils an der
„Saltzſee, denn das wenige, das bey uns
„zu Leoganna waͤchſt, verdient nicht,
„daß ich davon melde.

Diß lautet gantz anders, als was
Furetiere davon erzehlet, welcher die
Kermesbeeren mit der Conzenille ver-
menget, und zu Ende ſeiner Beſchrei-
bung ſaget, daß es ein graues Wuͤrm-
lein ſey, aus Jndien kommend, mit dem
ein ſo groſſer Handel getrieben werde,
daß allein in die Stadt Tlaſcala, im
Koͤnigreich Mexico gelegen, des Jah-
res fuͤr mehr als zweymahl hundert tau-
ſend Thaler werth gebracht werde. Nach
ihm hat mir der Ehrw. P. Plumier,
ein Minorit, folgendes zum theil muͤnd-
lich erzehlet, zum theil aber mit eigner
Hand geſchrieben gegeben.

Die Cochenille, Miſteca genannt,
iſt ein kleines Thierlein, einer Wantze
nicht unaͤhnlich: wird ſowohl in Neu-
ſpanien/
als auch in denen Americani-
ſchen Jnſeln
auf unterſchiedlichen Ge-
waͤchſen gefunden, und zwar ſo haͤuffig,

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[0048] Der Spezereyen und Materialien Man darff dieſen Samen durchaus zu keinen Sachen thun, die man wohl- riechend zu machen gedencket, oder es muß einer wohl damit umzugehen wiſ- ſen. Widrigen Falls wird alles ver- derbet werden. Der Biſamſamen hat, meines wiſ- ſens, keinen Nutzen in der Artzney, weil uns entweder ſeine Kraft und Tugend annoch verborgen, oder aber, weil mir nur ſeine Eigenſchaften zur Zeit noch unbekannt ſind. Das fuͤnff und zwantzigſte Capitel. Von der Conzenille. DJe Conzenille, mit dem Zuna- men Miſteca, iſt der Samen eines Gewaͤchſes, welches drey Fuß hoch waͤchſt, und zwey Finger dicke, ſchoͤne gruͤ- ne und ſehr ſtachlichte Blaͤtter hat, nach welchen die Schoten, die gelbgruͤn ſind und wie Hertzen ſehen, folgen, darin- nen ein Hauffen Koͤrnlein, wie groſſe Nadelkoppen ſtecken, unter denen etliche ziemlich platt, andere dagegen dreyeckigt ſind, alle aber und insgeſamt rauch und wie Chagrinleder, auſſenher weiß, inn- wendig blutroth. Dieſe Samkoͤrner werden aus Peru und andern Orten in Neuſpanien/ naͤm- lich von der Saltz- und Mexicaniſchen See/ zu uns gebracht, inngleichen von Cadix, einer in Andaluſien am Ge- ſtade des mittaͤgigen Oceans gelegenen Stadt, theils mit denen Spaniſchen Gallionen, theils mit der Flotte, wel- che mit Silber und Golde aus den Pe- ruaniſchen Goldgruben beladen, alle Jahre nach Spanien ſegelt, und zu- gleich Jpecacuanha/ Quinquina, Sarſaparilla/ und andere ſelbiger Orten gangbare Wahren mitbringet. Von Cadix wird ſie durch andere Schif- fe nach Holland, England und Mar- ſeille abgefuͤhret, und von dem letztern Orte auch zu uns gebracht. Die Conzenille wird von den Spa- niern dermaſſen hochgehalten, daß ſie dieſelbige, aus Beyſorge, ſie moͤchte auch in Franckreich aufgehen, mit Feuer und Kalch zu fernern Wachsthum untaug- lich machen. Ja was noch mehr, dafern ſich iemand, der kein gebohrner Spani- er iſt, an denen Orten, wo die Conze- nillen-Pflantzen ſtehen, betreten laͤßt, wird er, wie mir geſaget worden, alſo- fort aufgeknuͤpft. Die meiſten glauben und wollen be- haupten, es ſey die Cochenille ein Thier- lein: ich ſelbſt haͤtte es vermeinet, wenn ich nicht in zweyen Briefen von Herren Frantz Rouſſeau, der aus der Land- ſchaft Auxerre buͤrtig, und zu Leogan- na auf der Kuͤſte S. Domingo ſeßhaft iſt, eines beſſern waͤre verſichert worden. Jm erſten Briefe, den 15. Maji 1692. datiret, ſchreibt er alſo: Mein Herr, „Die Cochenillenpflantze, die ihr „zu kennen und Nachricht davon zu ha- „ben verlanget, ſchießt ohngefehr zwey „oder drey Fuß hoch in die Hoͤhe, als „wie lauter Reiſer, mit zwey Finger „dicken Blaͤttern beſetzt, welche gar lieb- „lich gruͤn ſehen, und uͤber und uͤber mit „Stacheln bewehret ſind. Der Sa- „men ſteckt in kleinen Huͤlſen, die wie „ein Hertz auſſehen, und wenn ſie reiff „worden, gelblicht ſind: dieſe laͤſt man „trocknen, und thut ſie in leinene oder „lederne Saͤcke, auf die Weiſe, wie ſie „nach Franckreich gebracht werden. Die „ihr bekommen habt, waͤchſt auf Spani- „ſchen Boden, meiſtentheils an der „Saltzſee, denn das wenige, das bey uns „zu Leoganna waͤchſt, verdient nicht, „daß ich davon melde. Diß lautet gantz anders, als was Furetiere davon erzehlet, welcher die Kermesbeeren mit der Conzenille ver- menget, und zu Ende ſeiner Beſchrei- bung ſaget, daß es ein graues Wuͤrm- lein ſey, aus Jndien kommend, mit dem ein ſo groſſer Handel getrieben werde, daß allein in die Stadt Tlaſcala, im Koͤnigreich Mexico gelegen, des Jah- res fuͤr mehr als zweymahl hundert tau- ſend Thaler werth gebracht werde. Nach ihm hat mir der Ehrw. P. Plumier, ein Minorit, folgendes zum theil muͤnd- lich erzehlet, zum theil aber mit eigner Hand geſchrieben gegeben. Die Cochenille, Miſteca genannt, iſt ein kleines Thierlein, einer Wantze nicht unaͤhnlich: wird ſowohl in Neu- ſpanien/ als auch in denen Americani- ſchen Jnſeln auf unterſchiedlichen Ge- waͤchſen gefunden, und zwar ſo haͤuffig, daß

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/48>, abgerufen am 21.11.2024.