Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
Nachdem ich hernach von der Reise Das Conzenillenkorn wächst in Hier ist zu mercken: Der Baum Allein, dieser des Herren Furetiere, Mein Herr, Die Cochenille betreffend, davon Es gedencket auch der Herr Rous- So verdienen auch des Herrn Rous- weil
Der Spezereyen und Materialien [Spaltenumbruch]
Nachdem ich hernach von der Reiſe Das Conzenillenkorn waͤchſt in Hier iſt zu mercken: Der Baum Allein, dieſer des Herren Furetiere, Mein Herr, Die Cochenille betreffend, davon Es gedencket auch der Herr Rouſ- So verdienen auch des Herrn Rouſ- weil
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Es iſt ein kleines lebendiges<lb/> Thierlein, oder beſſer zu reden, ein Un-<lb/> geziefer, faſt wie eine Wantze geſtalt.<lb/> Wenn es ſich zu erſt an die Baͤume haͤn-<lb/> get, iſt es nicht groͤſſer, denn ein Floh, und<lb/> ſein Samen wie Kaͤſemuͤlben; fuͤllet ei-<lb/> nen gantzen Baum, ja wohl einen gan-<lb/> tzen Garten an, und wird des Jahrs ein<lb/> oder zweymahl geſammlet. Die Baͤu-<lb/> me pflantzen ſie ordentlich in Reihen,<lb/> wie die Weinſtoͤcke, nehmen ſie fleißig in<lb/> acht, und jaͤten das Unkraut herum aus.<lb/> Je juͤnger die Baͤume, ie mehr und beſ-<lb/> ſere Conzenille tragen ſie; doch muͤſſen<lb/> ſie mit groſſer Sorgfalt vor dem Unge-<lb/> ziefer, und ſonderlich vor den Huͤnern,<lb/> welche die Conzenillen gerne freſſen,<lb/> verwahret werden. Die Pflantzen<lb/> ſaͤubern ſie mit Fuchsſchwaͤntzen, damit<lb/> der friſche Same nicht verderbe. Wann<lb/> dann die Wuͤrmlein groß genug, wer-<lb/> den ſie mit ſonderlichem Fleiſſe abgele-<lb/> ſen, und mit kaltem Waſſer, welches<lb/> druͤber her geſpritzet wird, ertoͤdtet, her-<lb/> nach im Schatten getrocknet, und in ir-<lb/> denen Geſchirren aufgehoben: zuwei-<lb/> len toͤdtet man ſie mit Aſche, welche her-<lb/> nachmahls wieder abgewaſchen wird.</p><lb/> <p>Hier iſt zu mercken: Der Baum<lb/><hi rendition="#fr">Tuna</hi> ſey nichts anders, denn obgedach-<lb/> tes <hi rendition="#aq">Opuntium,</hi> oder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Raquette,</hi></hi> deſſen es<lb/> vielerley Geſchlechte giebt, jedoch muß<lb/> diejenige Art zu Pflegung der Conze-<lb/> nille erwehlet werden, deren Frucht den<lb/> ſchoͤnen rothen Saft in ſich enthaͤlt.</p><lb/> <p>Allein, dieſer des Herren <hi rendition="#fr">Furetiere,<lb/> P. Plumiers</hi> und <hi rendition="#fr">Laets</hi> Meinung<lb/> kan ich durchaus nicht beypflichten, ſon-<lb/> dern muß vielmehr glauben, die <hi rendition="#fr">Coche-<lb/> nille</hi> ſey der Samen eines Gewaͤchſes;<lb/> weil mir der Herr <hi rendition="#fr">Rouſſeau</hi> zu Ende<lb/> ſeines Briefes geſchrieben, daß er zu<lb/> mehrer Beſtaͤrckung ſeines Vorgebens<lb/> mit eheſten eine ſolche Pflantze uͤberſen-<lb/> den wolle, hoffe auch, er werde es mit<lb/><cb n="36"/> Goͤttlicher Huͤlffe gewiß thun, denn er<lb/> uͤberdiß in ſeinem andern Schreiben<lb/> vom 25. <hi rendition="#aq">Maji</hi> erwehnten Jahres folgen-<lb/> der maſſen ſchreibet.</p><lb/> <floatingText> <body> <div type="letter" n="4"> <opener> <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Mein Herr,</hi> </hi> </salute> </opener><lb/> <p>Die <hi rendition="#fr">Cochenille</hi> betreffend, davon<lb/> ich ihm gedacht, davon muß ich ihm eine<lb/> artige Begebenheit vermelden, die ſich<lb/> mit einem Pater, Minoriten-Ordens,<lb/> der, wie es ſcheinet, aus Provence buͤr-<lb/> tig, zugetragen. Dieſer, welcher ſich<lb/> auf die Kenntnuͤß der Kraͤuter gar wohl<lb/> verſtehen wolte, mochte zwiſchen 45.<lb/> und 50. Jahren ſeyn, und war ſchwartz<lb/> von Geſichte. Man haͤtte ihn auch fuͤr<lb/> einen verſtaͤndigen Mann gehalten,<lb/> wenn er nur ſchweigen koͤnnen; ſo aber<lb/> erſahe er zu ſeinem Ungluͤcke, etliche<lb/><hi rendition="#fr">Acacien/</hi> welches ſehr ſtachlichte Baͤu-<lb/> me ſind, denn er wolte auch in der Zei-<lb/> chenkunſt erfahren ſeyn, und <hi rendition="#fr">Cardaſ-<lb/> ſen,</hi> ein Gewaͤchs, deſſen Blaͤtter zwey<lb/> Finger dicke, und bey nahe, als wie die<lb/> Raquete, die man in <hi rendition="#fr">Franckreich</hi> zum<lb/> Ballſpiel brauchet, ſehen. Dieſe tra-<lb/> gen Fruͤchte, wie Feigen, welche einen<lb/> etwas ſcharffen Geſchmack haben, und<lb/> den Harn roth faͤrben. Auf dieſen<lb/> Baͤumen fand er einige Thierlein, und<lb/> gab fuͤr, das waͤren die Conzenille, wo-<lb/> ruͤber die Einwohner zu <hi rendition="#fr">S. Domingo/</hi><lb/> denen dieſes Gewaͤchſe, und was es iſt,<lb/> nur gar zu wohl bekannt, zu heftigem<lb/> Gelaͤchter bewogen wurden. Es wur-<lb/> de auch dieſes guten Paters Credit und<lb/> Anſehen hierdurch bey iederman, und<lb/> inſonderheit bey dem Herrn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">de Cuſſi,</hi></hi> wel-<lb/> cher, gleichwie auch andere, ein ſonder-<lb/> lich Vertrauen in dieſes Mannes Wor-<lb/> te geſetzt, uͤber die Maſſe verringert.<lb/> Bald darauf iſt er nach <hi rendition="#fr">Franckreich</hi> ge-<lb/> reiſet, und hat auch, ſo viel ich weiß, ſei-<lb/> nen Jrrthum, den er von der Conze-<lb/> nille zu S. 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Der Spezereyen und Materialien
Nachdem ich hernach von der Reiſe
nach Domingo zuruͤck kommen, durch-
ſuchte ich diejenigen Scribenten, welche
America beſchrieben haben, und fand
folgendes in Johann Laets Be-
ſchreibung Weſtindiens:
Das Conzenillenkorn waͤchſt in
Neuſpanien an vielen Orten auf den
Tunabaͤumen, deren Blaͤtter ſehr dicke
ſind; muͤſſen aber an der Sonne, und
vor dem Nordwinde wohl beſchirmet
ſtehen. Es iſt ein kleines lebendiges
Thierlein, oder beſſer zu reden, ein Un-
geziefer, faſt wie eine Wantze geſtalt.
Wenn es ſich zu erſt an die Baͤume haͤn-
get, iſt es nicht groͤſſer, denn ein Floh, und
ſein Samen wie Kaͤſemuͤlben; fuͤllet ei-
nen gantzen Baum, ja wohl einen gan-
tzen Garten an, und wird des Jahrs ein
oder zweymahl geſammlet. Die Baͤu-
me pflantzen ſie ordentlich in Reihen,
wie die Weinſtoͤcke, nehmen ſie fleißig in
acht, und jaͤten das Unkraut herum aus.
Je juͤnger die Baͤume, ie mehr und beſ-
ſere Conzenille tragen ſie; doch muͤſſen
ſie mit groſſer Sorgfalt vor dem Unge-
ziefer, und ſonderlich vor den Huͤnern,
welche die Conzenillen gerne freſſen,
verwahret werden. Die Pflantzen
ſaͤubern ſie mit Fuchsſchwaͤntzen, damit
der friſche Same nicht verderbe. Wann
dann die Wuͤrmlein groß genug, wer-
den ſie mit ſonderlichem Fleiſſe abgele-
ſen, und mit kaltem Waſſer, welches
druͤber her geſpritzet wird, ertoͤdtet, her-
nach im Schatten getrocknet, und in ir-
denen Geſchirren aufgehoben: zuwei-
len toͤdtet man ſie mit Aſche, welche her-
nachmahls wieder abgewaſchen wird.
Hier iſt zu mercken: Der Baum
Tuna ſey nichts anders, denn obgedach-
tes Opuntium, oder Raquette, deſſen es
vielerley Geſchlechte giebt, jedoch muß
diejenige Art zu Pflegung der Conze-
nille erwehlet werden, deren Frucht den
ſchoͤnen rothen Saft in ſich enthaͤlt.
Allein, dieſer des Herren Furetiere,
P. Plumiers und Laets Meinung
kan ich durchaus nicht beypflichten, ſon-
dern muß vielmehr glauben, die Coche-
nille ſey der Samen eines Gewaͤchſes;
weil mir der Herr Rouſſeau zu Ende
ſeines Briefes geſchrieben, daß er zu
mehrer Beſtaͤrckung ſeines Vorgebens
mit eheſten eine ſolche Pflantze uͤberſen-
den wolle, hoffe auch, er werde es mit
Goͤttlicher Huͤlffe gewiß thun, denn er
uͤberdiß in ſeinem andern Schreiben
vom 25. Maji erwehnten Jahres folgen-
der maſſen ſchreibet.
Mein Herr,
Die Cochenille betreffend, davon
ich ihm gedacht, davon muß ich ihm eine
artige Begebenheit vermelden, die ſich
mit einem Pater, Minoriten-Ordens,
der, wie es ſcheinet, aus Provence buͤr-
tig, zugetragen. Dieſer, welcher ſich
auf die Kenntnuͤß der Kraͤuter gar wohl
verſtehen wolte, mochte zwiſchen 45.
und 50. Jahren ſeyn, und war ſchwartz
von Geſichte. Man haͤtte ihn auch fuͤr
einen verſtaͤndigen Mann gehalten,
wenn er nur ſchweigen koͤnnen; ſo aber
erſahe er zu ſeinem Ungluͤcke, etliche
Acacien/ welches ſehr ſtachlichte Baͤu-
me ſind, denn er wolte auch in der Zei-
chenkunſt erfahren ſeyn, und Cardaſ-
ſen, ein Gewaͤchs, deſſen Blaͤtter zwey
Finger dicke, und bey nahe, als wie die
Raquete, die man in Franckreich zum
Ballſpiel brauchet, ſehen. Dieſe tra-
gen Fruͤchte, wie Feigen, welche einen
etwas ſcharffen Geſchmack haben, und
den Harn roth faͤrben. Auf dieſen
Baͤumen fand er einige Thierlein, und
gab fuͤr, das waͤren die Conzenille, wo-
ruͤber die Einwohner zu S. Domingo/
denen dieſes Gewaͤchſe, und was es iſt,
nur gar zu wohl bekannt, zu heftigem
Gelaͤchter bewogen wurden. Es wur-
de auch dieſes guten Paters Credit und
Anſehen hierdurch bey iederman, und
inſonderheit bey dem Herrn de Cuſſi, wel-
cher, gleichwie auch andere, ein ſonder-
lich Vertrauen in dieſes Mannes Wor-
te geſetzt, uͤber die Maſſe verringert.
Bald darauf iſt er nach Franckreich ge-
reiſet, und hat auch, ſo viel ich weiß, ſei-
nen Jrrthum, den er von der Conze-
nille zu S. Domingo gefaſſet, mit dahin
uͤberbracht.
Es gedencket auch der Herr Rouſ-
ſeau, daß auf den Acacien eine Gat-
tung kleiner Wuͤrmlein, wie eine Wan-
tze groß, zu finden ſey, welche Vermeil-
lon genennet wuͤrden, waͤren aber zu
nichts nicht nuͤtze, weil ſie ſich nicht treu-
gen lieſſen: und dieſe werden wohl, mei-
nes Erachtens, des P. Plumiers Con-
zenille ſeyn.
So verdienen auch des Herrn Rouſ-
ſeau Briefe darum mehr Glauben,
weil
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