[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.bemerkt man diesen Mangel an Einwohnern In *) Man könnte zu den Ursachen der wenigen Be-
völkerung Persiens noch folgende zwey rechnen. -- Erstlich macht die harte und oft grausame despotische Regierungsform, daß sich viele Ein- wohner in andern Ländern, sonderlich dem rei- chen, fruchtbaren und stark bewohnten Indien niederlassen, und unter dem Mogul eine ruhi- ge und gelinde Regierung genießen. -- Zwey- tens schadet der Bevölkerung die unwidersteh- liche Neigung der Perser zur Wollust und allen unsittlichen Leidenschaften. Schon in ihren jungen Jahren suchen sie mit dem andern Ge- schlecht Bekanntschaft zu machen, und wenn ein junger Mensch sein sechszehntes Jahr er- reicht hat, erlauben es ihm die Gesetze sich eine Beyschläferinn zu halten. -- Diese Neigung zur Wollust erstreckt sich auch in eben dem Gra- de bemerkt man dieſen Mangel an Einwohnern In *) Man koͤnnte zu den Urſachen der wenigen Be-
voͤlkerung Perſiens noch folgende zwey rechnen. — Erſtlich macht die harte und oft grauſame deſpotiſche Regierungsform, daß ſich viele Ein- wohner in andern Laͤndern, ſonderlich dem rei- chen, fruchtbaren und ſtark bewohnten Indien niederlaſſen, und unter dem Mogul eine ruhi- ge und gelinde Regierung genießen. — Zwey- tens ſchadet der Bevoͤlkerung die unwiderſteh- liche Neigung der Perſer zur Wolluſt und allen unſittlichen Leidenſchaften. Schon in ihren jungen Jahren ſuchen ſie mit dem andern Ge- ſchlecht Bekanntſchaft zu machen, und wenn ein junger Menſch ſein ſechszehntes Jahr er- reicht hat, erlauben es ihm die Geſetze ſich eine Beyſchlaͤferinn zu halten. — Dieſe Neigung zur Wolluſt erſtreckt ſich auch in eben dem Gra- de <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0024" n="4"/> bemerkt man dieſen Mangel an Einwohnern<lb/> immer mehr und mehr, je weiter man ſich den<lb/> mittaͤgigen Gegenden des Reichs naͤhert. Die<lb/> Haupturſache hiervon liegt vermuthlich haupt-<lb/> ſaͤchlich darinn, daß es faſt im ganzen Lande an<lb/> hinreichendem Waſſer fehlt. Indeſſen koͤnnte<lb/> aber doch der Zufluß des Waſſers, und folglich<lb/> die Fruchtbarkeit des Landes leicht, wenigſtens<lb/> um einen großen Theil, befoͤrdert werden, wenn<lb/> es durch unterirrdiſche Canaͤle zu den waſſer-<lb/> armen Orten geleitet wuͤrde. — Allein der<lb/> Mangel an Menſchen, und die ihnen faſt ange-<lb/> bohrne Neigung zur Faulheit und zum Muͤßig-<lb/> gange, verurſacht, daß das Land nicht hinlaͤng-<lb/> lich bebauet und fruchtbar gemacht wird. <note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="*)">Man koͤnnte zu den Urſachen der wenigen Be-<lb/> voͤlkerung Perſiens noch folgende zwey rechnen.<lb/> — <hi rendition="#fr">Erſtlich</hi> macht die harte und oft grauſame<lb/> deſpotiſche Regierungsform, daß ſich viele Ein-<lb/> wohner in andern Laͤndern, ſonderlich dem rei-<lb/> chen, fruchtbaren und ſtark bewohnten Indien<lb/> niederlaſſen, und unter dem Mogul eine ruhi-<lb/> ge und gelinde Regierung genießen. — <hi rendition="#fr">Zwey-<lb/> tens</hi> ſchadet der Bevoͤlkerung die unwiderſteh-<lb/> liche Neigung der Perſer zur Wolluſt und allen<lb/> unſittlichen Leidenſchaften. Schon in ihren<lb/> jungen Jahren ſuchen ſie mit dem andern Ge-<lb/> ſchlecht Bekanntſchaft zu machen, und wenn<lb/> ein junger Menſch ſein ſechszehntes Jahr er-<lb/> reicht hat, erlauben es ihm die Geſetze ſich eine<lb/> Beyſchlaͤferinn zu halten. — Dieſe Neigung<lb/> zur Wolluſt erſtreckt ſich auch in eben dem Gra-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">de</fw></note></p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">In</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0024]
bemerkt man dieſen Mangel an Einwohnern
immer mehr und mehr, je weiter man ſich den
mittaͤgigen Gegenden des Reichs naͤhert. Die
Haupturſache hiervon liegt vermuthlich haupt-
ſaͤchlich darinn, daß es faſt im ganzen Lande an
hinreichendem Waſſer fehlt. Indeſſen koͤnnte
aber doch der Zufluß des Waſſers, und folglich
die Fruchtbarkeit des Landes leicht, wenigſtens
um einen großen Theil, befoͤrdert werden, wenn
es durch unterirrdiſche Canaͤle zu den waſſer-
armen Orten geleitet wuͤrde. — Allein der
Mangel an Menſchen, und die ihnen faſt ange-
bohrne Neigung zur Faulheit und zum Muͤßig-
gange, verurſacht, daß das Land nicht hinlaͤng-
lich bebauet und fruchtbar gemacht wird. *)
In
*) Man koͤnnte zu den Urſachen der wenigen Be-
voͤlkerung Perſiens noch folgende zwey rechnen.
— Erſtlich macht die harte und oft grauſame
deſpotiſche Regierungsform, daß ſich viele Ein-
wohner in andern Laͤndern, ſonderlich dem rei-
chen, fruchtbaren und ſtark bewohnten Indien
niederlaſſen, und unter dem Mogul eine ruhi-
ge und gelinde Regierung genießen. — Zwey-
tens ſchadet der Bevoͤlkerung die unwiderſteh-
liche Neigung der Perſer zur Wolluſt und allen
unſittlichen Leidenſchaften. Schon in ihren
jungen Jahren ſuchen ſie mit dem andern Ge-
ſchlecht Bekanntſchaft zu machen, und wenn
ein junger Menſch ſein ſechszehntes Jahr er-
reicht hat, erlauben es ihm die Geſetze ſich eine
Beyſchlaͤferinn zu halten. — Dieſe Neigung
zur Wolluſt erſtreckt ſich auch in eben dem Gra-
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