glückte. Der König und seine Minister, konnten bey dem Anblicke solcher Schönen, den Reizungen derselben nicht widerstehen. Es wurden sogleich alle mögliche Anstalten getrof- fen, diesen Schönen ihren Aufenthalt so an- genehm zu machen, als es nur immer mög- lich war. Und von der Zeit an vergaß der Kö- nig, mit allen die ihn umgaben, alle seine Regierungsgeschäffte, und widmeten sich gänz- lich diesen unterrichteten Weibsbildern. -- Confucius, der diesem Unwesen mit Mitlei- den eine kurze Zeit zusah, konnte sichs endlich nicht enthalten, dem Könige deshalb Vorstel- lungen zu thun. Allein Confucius konnte den Begierden eines Königes nicht mehr wi- derstehen, die bereits so wild geworden waren. Er entsagte daher allen seinen Würden, und entfernte sich aus seinem Vaterlande, um an- derswo Könige oder Fürsten zu suchen, die seines Unterrichts würdiger wären. Aber er fand allenthalben, wohin er kam, nicht die geringste Aufnahme, vielmehr mußte er nicht nur dulden, allgemein verachtet zu werden, sondern er gerieth auch so gar in die größeste Armuth. Bey dieser traurigen Lage aber blieb er sich doch immer gleich. Seine Leutse- ligkeit, Bescheidenheit und Herablassung, ver- schafften ihm eine sehr große Menge Schüler. Seine Reden waren voller Weisheit, und mit so vieler Beredsamkeit durchwürzt, daß er da- durch die Freundschaft aller auf sich zog.
Seine
gluͤckte. Der Koͤnig und ſeine Miniſter, konnten bey dem Anblicke ſolcher Schoͤnen, den Reizungen derſelben nicht widerſtehen. Es wurden ſogleich alle moͤgliche Anſtalten getrof- fen, dieſen Schoͤnen ihren Aufenthalt ſo an- genehm zu machen, als es nur immer moͤg- lich war. Und von der Zeit an vergaß der Koͤ- nig, mit allen die ihn umgaben, alle ſeine Regierungsgeſchaͤffte, und widmeten ſich gaͤnz- lich dieſen unterrichteten Weibsbildern. — Confucius, der dieſem Unweſen mit Mitlei- den eine kurze Zeit zuſah, konnte ſichs endlich nicht enthalten, dem Koͤnige deshalb Vorſtel- lungen zu thun. Allein Confucius konnte den Begierden eines Koͤniges nicht mehr wi- derſtehen, die bereits ſo wild geworden waren. Er entſagte daher allen ſeinen Wuͤrden, und entfernte ſich aus ſeinem Vaterlande, um an- derswo Koͤnige oder Fuͤrſten zu ſuchen, die ſeines Unterrichts wuͤrdiger waͤren. Aber er fand allenthalben, wohin er kam, nicht die geringſte Aufnahme, vielmehr mußte er nicht nur dulden, allgemein verachtet zu werden, ſondern er gerieth auch ſo gar in die groͤßeſte Armuth. Bey dieſer traurigen Lage aber blieb er ſich doch immer gleich. Seine Leutſe- ligkeit, Beſcheidenheit und Herablaſſung, ver- ſchafften ihm eine ſehr große Menge Schuͤler. Seine Reden waren voller Weisheit, und mit ſo vieler Beredſamkeit durchwuͤrzt, daß er da- durch die Freundſchaft aller auf ſich zog.
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gluͤckte. Der Koͤnig und ſeine Miniſter,
konnten bey dem Anblicke ſolcher Schoͤnen,
den Reizungen derſelben nicht widerſtehen. Es
wurden ſogleich alle moͤgliche Anſtalten getrof-
fen, dieſen Schoͤnen ihren Aufenthalt ſo an-
genehm zu machen, als es nur immer moͤg-
lich war. Und von der Zeit an vergaß der Koͤ-
nig, mit allen die ihn umgaben, alle ſeine
Regierungsgeſchaͤffte, und widmeten ſich gaͤnz-
lich dieſen unterrichteten Weibsbildern. —
Confucius, der dieſem Unweſen mit Mitlei-
den eine kurze Zeit zuſah, konnte ſichs endlich
nicht enthalten, dem Koͤnige deshalb Vorſtel-
lungen zu thun. Allein Confucius konnte
den Begierden eines Koͤniges nicht mehr wi-
derſtehen, die bereits ſo wild geworden waren.
Er entſagte daher allen ſeinen Wuͤrden, und
entfernte ſich aus ſeinem Vaterlande, um an-
derswo Koͤnige oder Fuͤrſten zu ſuchen, die
ſeines Unterrichts wuͤrdiger waͤren. Aber er
fand allenthalben, wohin er kam, nicht die
geringſte Aufnahme, vielmehr mußte er nicht
nur dulden, allgemein verachtet zu werden,
ſondern er gerieth auch ſo gar in die groͤßeſte
Armuth. Bey dieſer traurigen Lage aber
blieb er ſich doch immer gleich. Seine Leutſe-
ligkeit, Beſcheidenheit und Herablaſſung, ver-
ſchafften ihm eine ſehr große Menge Schuͤler.
Seine Reden waren voller Weisheit, und mit
ſo vieler Beredſamkeit durchwuͤrzt, daß er da-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/304>, abgerufen am 21.11.2024.
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