mit Pferden, die mit dem kostbarsten Geschirr versehen sind, gefahren. Auf dem Sarge sieht man die äußern Zeichen der Würde, und, wie überall, den Turban. Wenn ein Soldat, der sich wegen seiner Tapferkeit vorzüglich hervor- gethan hat, stirbt; so begräbt man ihn mit sei- nem Turban, Degen, Pfeile und Köcher: Ein jeder Anwesender wirft in das Loch -- deren sie gewöhnlich zwey graben, nämlich eins senk- und das andre wagrecht -- ein wenig Erde und ruft dabey aus: Wir sind Gottes, wir kommen von Gott, und wir werden wie- der zu Gott zurückkehren. -- Man be- deckt das Loch mit einem Steine, oder mit ei- ner Art von braunem und zugleich hartem Mar- mor, den man in Persien überall findet, wor- auf man einige Stellen aus dem Koran ein- hauen läßt. Auf dem Grabmale einer Manns- person pflegt man nach dem Kopfe hin einen Stein, worauf man einen Turban eingehauen findet, zu legen.
Sowohl die Vornehmen als die geringen Leute besuchen acht oder zehn Tage nach dem Leichenbegängnisse das Grab des Entseelten, und besonders entzieht sich das Frauenzimmer dieser Pflicht am wenigsten. Man sieht immer die Kirchhöfe voll von Menschen, besonders an den hohen Festtagen, des Abends und Morgens, die sammt ihren Kindern klein und groß in die- ser Absicht dahin gegangen sind. Sie setzen sich auf das Grab, weinen und schreien jäm-
merlich
mit Pferden, die mit dem koſtbarſten Geſchirr verſehen ſind, gefahren. Auf dem Sarge ſieht man die aͤußern Zeichen der Wuͤrde, und, wie uͤberall, den Turban. Wenn ein Soldat, der ſich wegen ſeiner Tapferkeit vorzuͤglich hervor- gethan hat, ſtirbt; ſo begraͤbt man ihn mit ſei- nem Turban, Degen, Pfeile und Koͤcher: Ein jeder Anweſender wirft in das Loch — deren ſie gewoͤhnlich zwey graben, naͤmlich eins ſenk- und das andre wagrecht — ein wenig Erde und ruft dabey aus: Wir ſind Gottes, wir kommen von Gott, und wir werden wie- der zu Gott zuruͤckkehren. — Man be- deckt das Loch mit einem Steine, oder mit ei- ner Art von braunem und zugleich hartem Mar- mor, den man in Perſien uͤberall findet, wor- auf man einige Stellen aus dem Koran ein- hauen laͤßt. Auf dem Grabmale einer Manns- perſon pflegt man nach dem Kopfe hin einen Stein, worauf man einen Turban eingehauen findet, zu legen.
Sowohl die Vornehmen als die geringen Leute beſuchen acht oder zehn Tage nach dem Leichenbegaͤngniſſe das Grab des Entſeelten, und beſonders entzieht ſich das Frauenzimmer dieſer Pflicht am wenigſten. Man ſieht immer die Kirchhoͤfe voll von Menſchen, beſonders an den hohen Feſttagen, des Abends und Morgens, die ſammt ihren Kindern klein und groß in die- ſer Abſicht dahin gegangen ſind. Sie ſetzen ſich auf das Grab, weinen und ſchreien jaͤm-
merlich
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[68/0088]
mit Pferden, die mit dem koſtbarſten Geſchirr
verſehen ſind, gefahren. Auf dem Sarge ſieht
man die aͤußern Zeichen der Wuͤrde, und, wie
uͤberall, den Turban. Wenn ein Soldat, der
ſich wegen ſeiner Tapferkeit vorzuͤglich hervor-
gethan hat, ſtirbt; ſo begraͤbt man ihn mit ſei-
nem Turban, Degen, Pfeile und Koͤcher: Ein
jeder Anweſender wirft in das Loch — deren
ſie gewoͤhnlich zwey graben, naͤmlich eins ſenk-
und das andre wagrecht — ein wenig Erde
und ruft dabey aus: Wir ſind Gottes, wir
kommen von Gott, und wir werden wie-
der zu Gott zuruͤckkehren. — Man be-
deckt das Loch mit einem Steine, oder mit ei-
ner Art von braunem und zugleich hartem Mar-
mor, den man in Perſien uͤberall findet, wor-
auf man einige Stellen aus dem Koran ein-
hauen laͤßt. Auf dem Grabmale einer Manns-
perſon pflegt man nach dem Kopfe hin einen
Stein, worauf man einen Turban eingehauen
findet, zu legen.
Sowohl die Vornehmen als die geringen
Leute beſuchen acht oder zehn Tage nach dem
Leichenbegaͤngniſſe das Grab des Entſeelten,
und beſonders entzieht ſich das Frauenzimmer
dieſer Pflicht am wenigſten. Man ſieht immer
die Kirchhoͤfe voll von Menſchen, beſonders an
den hohen Feſttagen, des Abends und Morgens,
die ſammt ihren Kindern klein und groß in die-
ſer Abſicht dahin gegangen ſind. Sie ſetzen
ſich auf das Grab, weinen und ſchreien jaͤm-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/88>, abgerufen am 24.11.2024.
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