Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

die Kuge pflegen sich nicht tiefer bey dem Grü-
ßen zu bücken, bis die Enden der Scherpen auf
die Erde stoßen. Auch die Damen des Dairi
haben ihre besondre Kleidung, die sie von den
Weltlichen ihres Geschlechts unterscheidet *).
Und so viel vom Dairi.

Wir haben bereits gesehen, worinn die
Macht des weltlichen Monarchen, des Cubo,
bestehet. Sie unterscheidet sich von der Ge-
walt des Kaysers von China, daß selbiger zugleich
Kayser von China, und zugleich höchster Prie-
ster seines Volks ist. Der Cubo aber hat nur
die weltliche Gewalt in seinen Händen. Diese
nun, ist uneingeschränkt und despotisch. Staats-
klugheit und Macht werden zugleich angewandt,
um einen Thron zu unterstützen, der seinen An-
fang und Erhaltung beyden zu verdanken hat.
Alle Fürsten und obrigkeitliche Personen des
Reichs sind dem Oberhaupte des Staats so un-
terworfen, daß er sie, ohne irgend eine Ursach
anzugeben, bloß aus Willen oder Eigensinn,
aus dem Lande verbannen, ihre Güter confisci-
ren, ihnen ihre Aemter, ja gar das Leben neh-
men kann. Dieser Fürst hat seine Residenz,

wie
*) So groß aber nun auch immer das Ansehen der
Geistlichen in Japan seyn mag; so sind sie den-
noch in allem was weltliche Sachen betrift, der
Gewalt des Cubo unterworfen. Ihre Verbre-
chen werden am Leben gestraft, wenn gleich mit
etwas mehr Nachsicht, als bey den Laien.

die Kuge pflegen ſich nicht tiefer bey dem Gruͤ-
ßen zu buͤcken, bis die Enden der Scherpen auf
die Erde ſtoßen. Auch die Damen des Dairi
haben ihre beſondre Kleidung, die ſie von den
Weltlichen ihres Geſchlechts unterſcheidet *).
Und ſo viel vom Dairi.

Wir haben bereits geſehen, worinn die
Macht des weltlichen Monarchen, des Cubo,
beſtehet. Sie unterſcheidet ſich von der Ge-
walt des Kayſers von China, daß ſelbiger zugleich
Kayſer von China, und zugleich hoͤchſter Prie-
ſter ſeines Volks iſt. Der Cubo aber hat nur
die weltliche Gewalt in ſeinen Haͤnden. Dieſe
nun, iſt uneingeſchraͤnkt und deſpotiſch. Staats-
klugheit und Macht werden zugleich angewandt,
um einen Thron zu unterſtuͤtzen, der ſeinen An-
fang und Erhaltung beyden zu verdanken hat.
Alle Fuͤrſten und obrigkeitliche Perſonen des
Reichs ſind dem Oberhaupte des Staats ſo un-
terworfen, daß er ſie, ohne irgend eine Urſach
anzugeben, bloß aus Willen oder Eigenſinn,
aus dem Lande verbannen, ihre Guͤter confisci-
ren, ihnen ihre Aemter, ja gar das Leben neh-
men kann. Dieſer Fuͤrſt hat ſeine Reſidenz,

wie
*) So groß aber nun auch immer das Anſehen der
Geiſtlichen in Japan ſeyn mag; ſo ſind ſie den-
noch in allem was weltliche Sachen betrift, der
Gewalt des Cubo unterworfen. Ihre Verbre-
chen werden am Leben geſtraft, wenn gleich mit
etwas mehr Nachſicht, als bey den Laien.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0108" n="82"/>
die <hi rendition="#fr">Kuge</hi> pflegen &#x017F;ich nicht tiefer bey dem Gru&#x0364;-<lb/>
ßen zu bu&#x0364;cken, bis die Enden der Scherpen auf<lb/>
die Erde &#x017F;toßen. Auch die Damen des Dairi<lb/>
haben ihre be&#x017F;ondre Kleidung, die &#x017F;ie von den<lb/>
Weltlichen ihres Ge&#x017F;chlechts unter&#x017F;cheidet <note place="foot" n="*)">So groß aber nun auch immer das An&#x017F;ehen der<lb/>
Gei&#x017F;tlichen in Japan &#x017F;eyn mag; &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie den-<lb/>
noch in allem was weltliche Sachen betrift, der<lb/>
Gewalt des Cubo unterworfen. Ihre Verbre-<lb/>
chen werden am Leben ge&#x017F;traft, wenn gleich mit<lb/>
etwas mehr Nach&#x017F;icht, als bey den Laien.</note>.<lb/>
Und &#x017F;o viel vom <hi rendition="#fr">Dairi.</hi></p><lb/>
          <p>Wir haben bereits ge&#x017F;ehen, worinn die<lb/>
Macht des weltlichen Monarchen, des <hi rendition="#fr">Cubo</hi>,<lb/>
be&#x017F;tehet. Sie unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich von der Ge-<lb/>
walt des Kay&#x017F;ers von China, daß &#x017F;elbiger zugleich<lb/>
Kay&#x017F;er von China, und zugleich ho&#x0364;ch&#x017F;ter Prie-<lb/>
&#x017F;ter &#x017F;eines Volks i&#x017F;t. Der Cubo aber hat nur<lb/>
die weltliche Gewalt in &#x017F;einen Ha&#x0364;nden. Die&#x017F;e<lb/>
nun, i&#x017F;t uneinge&#x017F;chra&#x0364;nkt und de&#x017F;poti&#x017F;ch. Staats-<lb/>
klugheit und Macht werden zugleich angewandt,<lb/>
um einen Thron zu unter&#x017F;tu&#x0364;tzen, der &#x017F;einen An-<lb/>
fang und Erhaltung beyden zu verdanken hat.<lb/>
Alle Fu&#x0364;r&#x017F;ten und obrigkeitliche Per&#x017F;onen des<lb/>
Reichs &#x017F;ind dem Oberhaupte des Staats &#x017F;o un-<lb/>
terworfen, daß er &#x017F;ie, ohne irgend eine Ur&#x017F;ach<lb/>
anzugeben, bloß aus Willen oder Eigen&#x017F;inn,<lb/>
aus dem Lande verbannen, ihre Gu&#x0364;ter confisci-<lb/>
ren, ihnen ihre Aemter, ja gar das Leben neh-<lb/>
men kann. Die&#x017F;er Fu&#x0364;r&#x017F;t hat &#x017F;eine Re&#x017F;idenz,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0108] die Kuge pflegen ſich nicht tiefer bey dem Gruͤ- ßen zu buͤcken, bis die Enden der Scherpen auf die Erde ſtoßen. Auch die Damen des Dairi haben ihre beſondre Kleidung, die ſie von den Weltlichen ihres Geſchlechts unterſcheidet *). Und ſo viel vom Dairi. Wir haben bereits geſehen, worinn die Macht des weltlichen Monarchen, des Cubo, beſtehet. Sie unterſcheidet ſich von der Ge- walt des Kayſers von China, daß ſelbiger zugleich Kayſer von China, und zugleich hoͤchſter Prie- ſter ſeines Volks iſt. Der Cubo aber hat nur die weltliche Gewalt in ſeinen Haͤnden. Dieſe nun, iſt uneingeſchraͤnkt und deſpotiſch. Staats- klugheit und Macht werden zugleich angewandt, um einen Thron zu unterſtuͤtzen, der ſeinen An- fang und Erhaltung beyden zu verdanken hat. Alle Fuͤrſten und obrigkeitliche Perſonen des Reichs ſind dem Oberhaupte des Staats ſo un- terworfen, daß er ſie, ohne irgend eine Urſach anzugeben, bloß aus Willen oder Eigenſinn, aus dem Lande verbannen, ihre Guͤter confisci- ren, ihnen ihre Aemter, ja gar das Leben neh- men kann. Dieſer Fuͤrſt hat ſeine Reſidenz, wie *) So groß aber nun auch immer das Anſehen der Geiſtlichen in Japan ſeyn mag; ſo ſind ſie den- noch in allem was weltliche Sachen betrift, der Gewalt des Cubo unterworfen. Ihre Verbre- chen werden am Leben geſtraft, wenn gleich mit etwas mehr Nachſicht, als bey den Laien.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/108
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/108>, abgerufen am 21.11.2024.