Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

ist dieses: daß es ihnen frey steht, sich mit eignen
Händen zu entleiben, und ihren Bauch mit
einem Messer aufzureissen. -- Diejenigen, de-
ren Leben man verschont, werden gemeiniglich
auf eine wüste Insul verwiesen, wo sie sich mit
einem Leben schleppen müssen, das ärger ist, als
der Tod. Mit geringen Leuten pflegt man nicht
viele Proceduren zu machen: ist ihr Proceß er-
wiesen; so richtet man sie hin. -- Große Ver-
brechen, z. E. Uebertretung der kayserlichen Ge-
setze, Verrätherey, Unterschleif bey des Kaysers
Einkünften, Prägung falscher Münzen, Stöh-
rung der öffentlichen Ruhe, Mordbrennerey,
Todschlag, Straßenraub, Diebstal, Schän-
dung einer verehlichten Person -- werden mit
solcher Schärfe bestraft, daß zugleich dadurch
die ganze Familie hingerichtet wird.

Im Fall eines Hochverraths breitet sich die
Strafe noch weiter aus, nemlich über das gan-
ze Quartier und Nachbarschaft, in welcher die
Verbrecher gewohnt. Die Ursach ist, weil man
es nicht hätte zugeben sollen, daß ein solcher
Feind des Regenten unter ihnen wohne. Und
in der That ist dieß ein kräftiges Mittel, nicht
nur alle Geheimhaltung zu verhüten, sondern
auch das Verbrechen und den Missethäter zu
entdecken, weil derjenige, der davon Nachricht
giebt, sich und seine Familie rettet. Die weib-
lichen Anverwandten werden in allen Fällen,
blos die Verrätherey ausgenommen, als Scla-
ven verkauft, und zwar auf mehr oder weniger

Jahre,
F 5

iſt dieſes: daß es ihnen frey ſteht, ſich mit eignen
Haͤnden zu entleiben, und ihren Bauch mit
einem Meſſer aufzureiſſen. — Diejenigen, de-
ren Leben man verſchont, werden gemeiniglich
auf eine wuͤſte Inſul verwieſen, wo ſie ſich mit
einem Leben ſchleppen muͤſſen, das aͤrger iſt, als
der Tod. Mit geringen Leuten pflegt man nicht
viele Proceduren zu machen: iſt ihr Proceß er-
wieſen; ſo richtet man ſie hin. — Große Ver-
brechen, z. E. Uebertretung der kayſerlichen Ge-
ſetze, Verraͤtherey, Unterſchleif bey des Kayſers
Einkuͤnften, Praͤgung falſcher Muͤnzen, Stoͤh-
rung der oͤffentlichen Ruhe, Mordbrennerey,
Todſchlag, Straßenraub, Diebſtal, Schaͤn-
dung einer verehlichten Perſon — werden mit
ſolcher Schaͤrfe beſtraft, daß zugleich dadurch
die ganze Familie hingerichtet wird.

Im Fall eines Hochverraths breitet ſich die
Strafe noch weiter aus, nemlich uͤber das gan-
ze Quartier und Nachbarſchaft, in welcher die
Verbrecher gewohnt. Die Urſach iſt, weil man
es nicht haͤtte zugeben ſollen, daß ein ſolcher
Feind des Regenten unter ihnen wohne. Und
in der That iſt dieß ein kraͤftiges Mittel, nicht
nur alle Geheimhaltung zu verhuͤten, ſondern
auch das Verbrechen und den Miſſethaͤter zu
entdecken, weil derjenige, der davon Nachricht
giebt, ſich und ſeine Familie rettet. Die weib-
lichen Anverwandten werden in allen Faͤllen,
blos die Verraͤtherey ausgenommen, als Scla-
ven verkauft, und zwar auf mehr oder weniger

Jahre,
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0115" n="89"/>
i&#x017F;t die&#x017F;es: daß es ihnen frey &#x017F;teht, &#x017F;ich mit eignen<lb/>
Ha&#x0364;nden zu entleiben, und ihren Bauch mit<lb/>
einem Me&#x017F;&#x017F;er aufzurei&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Diejenigen, de-<lb/>
ren Leben man ver&#x017F;chont, werden gemeiniglich<lb/>
auf eine wu&#x0364;&#x017F;te In&#x017F;ul verwie&#x017F;en, wo &#x017F;ie &#x017F;ich mit<lb/>
einem Leben &#x017F;chleppen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, das a&#x0364;rger i&#x017F;t, als<lb/>
der Tod. Mit geringen Leuten pflegt man nicht<lb/>
viele Proceduren zu machen: i&#x017F;t ihr Proceß er-<lb/>
wie&#x017F;en; &#x017F;o richtet man &#x017F;ie hin. &#x2014; Große Ver-<lb/>
brechen, z. E. Uebertretung der kay&#x017F;erlichen Ge-<lb/>
&#x017F;etze, Verra&#x0364;therey, Unter&#x017F;chleif bey des Kay&#x017F;ers<lb/>
Einku&#x0364;nften, Pra&#x0364;gung fal&#x017F;cher Mu&#x0364;nzen, Sto&#x0364;h-<lb/>
rung der o&#x0364;ffentlichen Ruhe, Mordbrennerey,<lb/>
Tod&#x017F;chlag, Straßenraub, Dieb&#x017F;tal, Scha&#x0364;n-<lb/>
dung einer verehlichten Per&#x017F;on &#x2014; werden mit<lb/>
&#x017F;olcher Scha&#x0364;rfe be&#x017F;traft, daß zugleich dadurch<lb/>
die ganze Familie hingerichtet wird.</p><lb/>
          <p>Im Fall eines Hochverraths breitet &#x017F;ich die<lb/>
Strafe noch weiter aus, nemlich u&#x0364;ber das gan-<lb/>
ze Quartier und Nachbar&#x017F;chaft, in welcher die<lb/>
Verbrecher gewohnt. Die Ur&#x017F;ach i&#x017F;t, weil man<lb/>
es nicht ha&#x0364;tte zugeben &#x017F;ollen, daß ein &#x017F;olcher<lb/>
Feind des Regenten unter ihnen wohne. Und<lb/>
in der That i&#x017F;t dieß ein kra&#x0364;ftiges Mittel, nicht<lb/>
nur alle Geheimhaltung zu verhu&#x0364;ten, &#x017F;ondern<lb/>
auch das Verbrechen und den Mi&#x017F;&#x017F;etha&#x0364;ter zu<lb/>
entdecken, weil derjenige, der davon Nachricht<lb/>
giebt, &#x017F;ich und &#x017F;eine Familie rettet. Die weib-<lb/>
lichen Anverwandten werden in allen Fa&#x0364;llen,<lb/>
blos die Verra&#x0364;therey ausgenommen, als Scla-<lb/>
ven verkauft, und zwar auf mehr oder weniger<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Jahre,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0115] iſt dieſes: daß es ihnen frey ſteht, ſich mit eignen Haͤnden zu entleiben, und ihren Bauch mit einem Meſſer aufzureiſſen. — Diejenigen, de- ren Leben man verſchont, werden gemeiniglich auf eine wuͤſte Inſul verwieſen, wo ſie ſich mit einem Leben ſchleppen muͤſſen, das aͤrger iſt, als der Tod. Mit geringen Leuten pflegt man nicht viele Proceduren zu machen: iſt ihr Proceß er- wieſen; ſo richtet man ſie hin. — Große Ver- brechen, z. E. Uebertretung der kayſerlichen Ge- ſetze, Verraͤtherey, Unterſchleif bey des Kayſers Einkuͤnften, Praͤgung falſcher Muͤnzen, Stoͤh- rung der oͤffentlichen Ruhe, Mordbrennerey, Todſchlag, Straßenraub, Diebſtal, Schaͤn- dung einer verehlichten Perſon — werden mit ſolcher Schaͤrfe beſtraft, daß zugleich dadurch die ganze Familie hingerichtet wird. Im Fall eines Hochverraths breitet ſich die Strafe noch weiter aus, nemlich uͤber das gan- ze Quartier und Nachbarſchaft, in welcher die Verbrecher gewohnt. Die Urſach iſt, weil man es nicht haͤtte zugeben ſollen, daß ein ſolcher Feind des Regenten unter ihnen wohne. Und in der That iſt dieß ein kraͤftiges Mittel, nicht nur alle Geheimhaltung zu verhuͤten, ſondern auch das Verbrechen und den Miſſethaͤter zu entdecken, weil derjenige, der davon Nachricht giebt, ſich und ſeine Familie rettet. Die weib- lichen Anverwandten werden in allen Faͤllen, blos die Verraͤtherey ausgenommen, als Scla- ven verkauft, und zwar auf mehr oder weniger Jahre, F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/115
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/115>, abgerufen am 21.11.2024.