kleistern das äußerste Ende, anstatt den Brief zu versiegeln. In den kältern Gegenden von Persien braucht man auch Siegellack. In den heißen Ländern aber wird es bald weich, und daher das Siegel in demselben unkenntbar.
Die Janitscharen brauchen in ihren Rech- nungsbüchern eine ganz besondre Schrift, wel- che man Siaka nennt, und wovon die Zahlen gänzlich, die Buchstaben aber nur zu[m] Theil von den Schriftzügen der übrigen Mohamme- daner verschieden sind.
Die arabischen Regenten wenden zwar nicht so viel auf die Wissenschaften als (einige) euro- päische, und man findet deswegen in den Mor- genländern nur selten Leute, welche man mit Recht Gelehrte nennen kann. Indessen wird doch die Jugend bey den Mohammedanern über- haupt, nicht so sehr vernachläßigt, als man vielleicht in Europa glaubt. In den Städten können viele gemeine Leute schreiben und lesen. -- Die Vornehmen haben in ihren Häusern eigene Lehrer bey ihren Kindern und Sklaven, wovon sie nemlich diejenigen, bey welchen sie Verstand bemerken, oft als ihre eigne Kinder erziehen. Man findet fast bey jeder großen Moske eine Schule, wo nicht nur die Lehrer, sondern auch arme Knaben von Stiftungen unterhalten wer- den. Ueberdieß sind in den großen Städten noch viele Schulen, wohin Leute von mittlern Stande ihre Kinder schicken, um die Grund- sätze der mohammedanischen Religion, lesen
schreiben
kleiſtern das aͤußerſte Ende, anſtatt den Brief zu verſiegeln. In den kaͤltern Gegenden von Perſien braucht man auch Siegellack. In den heißen Laͤndern aber wird es bald weich, und daher das Siegel in demſelben unkenntbar.
Die Janitſcharen brauchen in ihren Rech- nungsbuͤchern eine ganz beſondre Schrift, wel- che man Siaka nennt, und wovon die Zahlen gaͤnzlich, die Buchſtaben aber nur zu[m] Theil von den Schriftzuͤgen der uͤbrigen Mohamme- daner verſchieden ſind.
Die arabiſchen Regenten wenden zwar nicht ſo viel auf die Wiſſenſchaften als (einige) euro- paͤiſche, und man findet deswegen in den Mor- genlaͤndern nur ſelten Leute, welche man mit Recht Gelehrte nennen kann. Indeſſen wird doch die Jugend bey den Mohammedanern uͤber- haupt, nicht ſo ſehr vernachlaͤßigt, als man vielleicht in Europa glaubt. In den Staͤdten koͤnnen viele gemeine Leute ſchreiben und leſen. — Die Vornehmen haben in ihren Haͤuſern eigene Lehrer bey ihren Kindern und Sklaven, wovon ſie nemlich diejenigen, bey welchen ſie Verſtand bemerken, oft als ihre eigne Kinder erziehen. Man findet faſt bey jeder großen Moske eine Schule, wo nicht nur die Lehrer, ſondern auch arme Knaben von Stiftungen unterhalten wer- den. Ueberdieß ſind in den großen Staͤdten noch viele Schulen, wohin Leute von mittlern Stande ihre Kinder ſchicken, um die Grund- ſaͤtze der mohammedaniſchen Religion, leſen
ſchreiben
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0254"n="228"/>
kleiſtern das aͤußerſte Ende, anſtatt den Brief<lb/>
zu verſiegeln. In den kaͤltern Gegenden von<lb/>
Perſien braucht man auch Siegellack. In den<lb/>
heißen Laͤndern aber wird es bald weich, und<lb/>
daher das Siegel in demſelben unkenntbar.</p><lb/><p>Die Janitſcharen brauchen in ihren Rech-<lb/>
nungsbuͤchern eine ganz beſondre Schrift, wel-<lb/>
che man Siaka nennt, und wovon die Zahlen<lb/>
gaͤnzlich, die Buchſtaben aber nur zu<supplied>m</supplied> Theil<lb/>
von den Schriftzuͤgen der uͤbrigen Mohamme-<lb/>
daner verſchieden ſind.</p><lb/><p>Die arabiſchen Regenten wenden zwar nicht<lb/>ſo viel auf die Wiſſenſchaften als (einige) euro-<lb/>
paͤiſche, und man findet deswegen in den Mor-<lb/>
genlaͤndern nur ſelten Leute, welche man mit<lb/>
Recht Gelehrte nennen kann. Indeſſen wird<lb/>
doch die Jugend bey den Mohammedanern uͤber-<lb/>
haupt, nicht ſo ſehr vernachlaͤßigt, als man<lb/>
vielleicht in Europa glaubt. In den Staͤdten<lb/>
koͤnnen viele gemeine Leute ſchreiben und leſen. —<lb/>
Die Vornehmen haben in ihren Haͤuſern eigene<lb/>
Lehrer bey ihren Kindern und Sklaven, wovon<lb/>ſie nemlich diejenigen, bey welchen ſie Verſtand<lb/>
bemerken, oft als ihre eigne Kinder erziehen.<lb/>
Man findet faſt bey jeder großen Moske eine<lb/>
Schule, wo nicht nur die Lehrer, ſondern auch<lb/>
arme Knaben von Stiftungen unterhalten wer-<lb/>
den. Ueberdieß ſind in den großen Staͤdten<lb/>
noch viele Schulen, wohin Leute von mittlern<lb/>
Stande ihre Kinder ſchicken, um die Grund-<lb/>ſaͤtze der mohammedaniſchen Religion, leſen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchreiben</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[228/0254]
kleiſtern das aͤußerſte Ende, anſtatt den Brief
zu verſiegeln. In den kaͤltern Gegenden von
Perſien braucht man auch Siegellack. In den
heißen Laͤndern aber wird es bald weich, und
daher das Siegel in demſelben unkenntbar.
Die Janitſcharen brauchen in ihren Rech-
nungsbuͤchern eine ganz beſondre Schrift, wel-
che man Siaka nennt, und wovon die Zahlen
gaͤnzlich, die Buchſtaben aber nur zum Theil
von den Schriftzuͤgen der uͤbrigen Mohamme-
daner verſchieden ſind.
Die arabiſchen Regenten wenden zwar nicht
ſo viel auf die Wiſſenſchaften als (einige) euro-
paͤiſche, und man findet deswegen in den Mor-
genlaͤndern nur ſelten Leute, welche man mit
Recht Gelehrte nennen kann. Indeſſen wird
doch die Jugend bey den Mohammedanern uͤber-
haupt, nicht ſo ſehr vernachlaͤßigt, als man
vielleicht in Europa glaubt. In den Staͤdten
koͤnnen viele gemeine Leute ſchreiben und leſen. —
Die Vornehmen haben in ihren Haͤuſern eigene
Lehrer bey ihren Kindern und Sklaven, wovon
ſie nemlich diejenigen, bey welchen ſie Verſtand
bemerken, oft als ihre eigne Kinder erziehen.
Man findet faſt bey jeder großen Moske eine
Schule, wo nicht nur die Lehrer, ſondern auch
arme Knaben von Stiftungen unterhalten wer-
den. Ueberdieß ſind in den großen Staͤdten
noch viele Schulen, wohin Leute von mittlern
Stande ihre Kinder ſchicken, um die Grund-
ſaͤtze der mohammedaniſchen Religion, leſen
ſchreiben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/254>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.