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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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fallen, und sich einige Augenblicke sehen läßt.
Alsdann hält der junge Mensch durch einen sei-
ner Verwandten um sie an, und man wird um
den Preis einig, den der Schwiegersohn dem
Schwiegervater, an Schafen, Kameelen oder
Pferden geben soll, denn niemals wird um Geld
gehandelt. Der Preis aber ist allezeit nach den
Verdiensten und Eigenschaften des Mädchens,
nach dem Ansehen der Familie, und nach dem
Vermögen dessen, der sich angiebt, eingerichtet.

Wenn die Partheyen einig sind; so ver-
sammelt sich das Frauenzimmer von beyden Fa-
milien in dem Zelte der Braut, und führet sie
ins Bad; man beräuchert sie, mahlt ihr die
Augenbraunen schwarz, und die Nägel roth;
man drückt ihr allerley Merkmale auf den Leib.
Hernach wird sie so kostbar als möglich angezo-
gen, mit Armbändern, Ringen und Schau-
stücken behangen -- es versteht sich, wenn die
Familie wohlhabend ist -- und auf ihre ganze
Kleidung Goldstaub gestreut.

Wenn sie nun so geputzt ist, so setzt man sie
auf ein Kameel, welches mit einer Decke behan-
gen und mit Blättern und Blumen geziert ist.
Man führt sie unter Vocal- und Instrumental-
musik in das Zelt, wo die Hochzeit soll vollzo-
gen werden. Das Frauenzimmer begleitet sie
dahin, und die Männer, bey welchen sich der
Bräutigam aufhält, versammeln sich besonders

in

fallen, und ſich einige Augenblicke ſehen laͤßt.
Alsdann haͤlt der junge Menſch durch einen ſei-
ner Verwandten um ſie an, und man wird um
den Preis einig, den der Schwiegerſohn dem
Schwiegervater, an Schafen, Kameelen oder
Pferden geben ſoll, denn niemals wird um Geld
gehandelt. Der Preis aber iſt allezeit nach den
Verdienſten und Eigenſchaften des Maͤdchens,
nach dem Anſehen der Familie, und nach dem
Vermoͤgen deſſen, der ſich angiebt, eingerichtet.

Wenn die Partheyen einig ſind; ſo ver-
ſammelt ſich das Frauenzimmer von beyden Fa-
milien in dem Zelte der Braut, und fuͤhret ſie
ins Bad; man beraͤuchert ſie, mahlt ihr die
Augenbraunen ſchwarz, und die Naͤgel roth;
man druͤckt ihr allerley Merkmale auf den Leib.
Hernach wird ſie ſo koſtbar als moͤglich angezo-
gen, mit Armbaͤndern, Ringen und Schau-
ſtuͤcken behangen — es verſteht ſich, wenn die
Familie wohlhabend iſt — und auf ihre ganze
Kleidung Goldſtaub geſtreut.

Wenn ſie nun ſo geputzt iſt, ſo ſetzt man ſie
auf ein Kameel, welches mit einer Decke behan-
gen und mit Blaͤttern und Blumen geziert iſt.
Man fuͤhrt ſie unter Vocal- und Inſtrumental-
muſik in das Zelt, wo die Hochzeit ſoll vollzo-
gen werden. Das Frauenzimmer begleitet ſie
dahin, und die Maͤnner, bey welchen ſich der
Braͤutigam aufhaͤlt, verſammeln ſich beſonders

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[268/0294] fallen, und ſich einige Augenblicke ſehen laͤßt. Alsdann haͤlt der junge Menſch durch einen ſei- ner Verwandten um ſie an, und man wird um den Preis einig, den der Schwiegerſohn dem Schwiegervater, an Schafen, Kameelen oder Pferden geben ſoll, denn niemals wird um Geld gehandelt. Der Preis aber iſt allezeit nach den Verdienſten und Eigenſchaften des Maͤdchens, nach dem Anſehen der Familie, und nach dem Vermoͤgen deſſen, der ſich angiebt, eingerichtet. Wenn die Partheyen einig ſind; ſo ver- ſammelt ſich das Frauenzimmer von beyden Fa- milien in dem Zelte der Braut, und fuͤhret ſie ins Bad; man beraͤuchert ſie, mahlt ihr die Augenbraunen ſchwarz, und die Naͤgel roth; man druͤckt ihr allerley Merkmale auf den Leib. Hernach wird ſie ſo koſtbar als moͤglich angezo- gen, mit Armbaͤndern, Ringen und Schau- ſtuͤcken behangen — es verſteht ſich, wenn die Familie wohlhabend iſt — und auf ihre ganze Kleidung Goldſtaub geſtreut. Wenn ſie nun ſo geputzt iſt, ſo ſetzt man ſie auf ein Kameel, welches mit einer Decke behan- gen und mit Blaͤttern und Blumen geziert iſt. Man fuͤhrt ſie unter Vocal- und Inſtrumental- muſik in das Zelt, wo die Hochzeit ſoll vollzo- gen werden. Das Frauenzimmer begleitet ſie dahin, und die Maͤnner, bey welchen ſich der Braͤutigam aufhaͤlt, verſammeln ſich beſonders in

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/294>, abgerufen am 22.11.2024.