Von den Einwohnern in Siam -- ihren Kleidungen -- Wohnungen und Lebensart.
Die Siamer sind von einer mittelmäßigen, aber wohlgebildeten Leibesgröße. Man trift bey ihnen sehr selten ungestaltete Personen an, worüber man sich um so mehr verwundern muß, da dieß Volk fast unter allen Asiatern das einzige ist, welches die Kinder in ihrer zar- ten Jugend am meisten verwahrloset. Wenn einem Vater ein Kind geboren wird; so taucht ers in den Fluß, um es abzuwaschen -- und so legt er es, ohne es in Windeln zu wickeln, (woran er aber ganz recht thut,) nackend auf eine Matte hin. Nach sechs Monaten pflegt man die Kinder zu entwöhnen, da denn ihre Speise in nichts anders als Reis besteht. --
Manns- und Frauenspersonen sind, über- haupt genommen, sehr häßlich, weil die Gesich- ter der meisten Siamer, durch die Wuth der leidigen Pocken, die bey ihnen sehr gewöhnlich sind, äußerst verstellt werden. Ihre Gesichts- bildung ist mehr einem länglicht geschobenen Viereck, als einer länglichten Rundung ähnlich. Oben an den Backen ist es breit und erhaben;
aber
S 4
Erſtes Kapitel.
Von den Einwohnern in Siam — ihren Kleidungen — Wohnungen und Lebensart.
Die Siamer ſind von einer mittelmaͤßigen, aber wohlgebildeten Leibesgroͤße. Man trift bey ihnen ſehr ſelten ungeſtaltete Perſonen an, woruͤber man ſich um ſo mehr verwundern muß, da dieß Volk faſt unter allen Aſiatern das einzige iſt, welches die Kinder in ihrer zar- ten Jugend am meiſten verwahrloſet. Wenn einem Vater ein Kind geboren wird; ſo taucht ers in den Fluß, um es abzuwaſchen — und ſo legt er es, ohne es in Windeln zu wickeln, (woran er aber ganz recht thut,) nackend auf eine Matte hin. Nach ſechs Monaten pflegt man die Kinder zu entwoͤhnen, da denn ihre Speiſe in nichts anders als Reis beſteht. —
Manns- und Frauensperſonen ſind, uͤber- haupt genommen, ſehr haͤßlich, weil die Geſich- ter der meiſten Siamer, durch die Wuth der leidigen Pocken, die bey ihnen ſehr gewoͤhnlich ſind, aͤußerſt verſtellt werden. Ihre Geſichts- bildung iſt mehr einem laͤnglicht geſchobenen Viereck, als einer laͤnglichten Rundung aͤhnlich. Oben an den Backen iſt es breit und erhaben;
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Erſtes Kapitel.
Von den Einwohnern in Siam — ihren
Kleidungen — Wohnungen und
Lebensart.
Die Siamer ſind von einer mittelmaͤßigen,
aber wohlgebildeten Leibesgroͤße. Man
trift bey ihnen ſehr ſelten ungeſtaltete Perſonen
an, woruͤber man ſich um ſo mehr verwundern
muß, da dieß Volk faſt unter allen Aſiatern
das einzige iſt, welches die Kinder in ihrer zar-
ten Jugend am meiſten verwahrloſet. Wenn
einem Vater ein Kind geboren wird; ſo taucht
ers in den Fluß, um es abzuwaſchen — und
ſo legt er es, ohne es in Windeln zu wickeln,
(woran er aber ganz recht thut,) nackend auf
eine Matte hin. Nach ſechs Monaten pflegt
man die Kinder zu entwoͤhnen, da denn ihre
Speiſe in nichts anders als Reis beſteht. —
Manns- und Frauensperſonen ſind, uͤber-
haupt genommen, ſehr haͤßlich, weil die Geſich-
ter der meiſten Siamer, durch die Wuth der
leidigen Pocken, die bey ihnen ſehr gewoͤhnlich
ſind, aͤußerſt verſtellt werden. Ihre Geſichts-
bildung iſt mehr einem laͤnglicht geſchobenen
Viereck, als einer laͤnglichten Rundung aͤhnlich.
Oben an den Backen iſt es breit und erhaben;
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/305>, abgerufen am 22.11.2024.
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