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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

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zu übertreiben scheint) sehen kann, daß diese In-
dianer zu diesem letzten Laster eine fast unüber-
windliche Neigung haben. -- Bescheidenheit
und Schamhaftigkeit sind den Siamern ei-
gene Tugenden. Wenn gleich die gemeinen
Weiber sich nur den Leib von dem Gürtel an
bis an die Beine bedecken; so beweisen sie doch
bey dieser Blöße viel Schamhaftigkeit. -- Sie
schlafen angekleidet -- schlagen die Kinder nie-
mals auf den Theil, den der Wohlstand zu ver-
bergen befiehlt -- enthalten sich aus Schaam
der Clystire -- verabscheuen die unnatürlichen
Sünden.

Die Weiber sind zum Theil aus Neigung,
Gewohnheit, und zum Theil aus Noth tugend-
haft. Ihre Natür ist kalt und träge -- ihr
Leben mühsam; sie spielen nicht, halten auch
nichts auf Putz; sie nehmen keine Besuche von
Mannspersonen an, weil auf den Ehebruch die
Todesstrafe gesetzt ist. Die Weiber des gemei-
nen Volks, welche die Besorgung der Wirth-
schaft auf sich nehmen, genießen große Freyhei-
ten; allein die vornehmen Frauenzimmer füh-
ren ein sehr eingezogenes Leben. Die Liebe aber,
die sie für ihre Männer haben, kann mit nichts
verglichen werden.

Da die Siamer sich mit schlechter Kleidung
begnügen, so treiben sie in Ansehung der Woh-
nung, des Geräthes und der Kost eben so wenig
Pracht. Sie sind bey aller ihrer Armuth den-
noch reich, weil sie nicht mit so vielen Bedürf-

nissen

zu uͤbertreiben ſcheint) ſehen kann, daß dieſe In-
dianer zu dieſem letzten Laſter eine faſt unuͤber-
windliche Neigung haben. — Beſcheidenheit
und Schamhaftigkeit ſind den Siamern ei-
gene Tugenden. Wenn gleich die gemeinen
Weiber ſich nur den Leib von dem Guͤrtel an
bis an die Beine bedecken; ſo beweiſen ſie doch
bey dieſer Bloͤße viel Schamhaftigkeit. — Sie
ſchlafen angekleidet — ſchlagen die Kinder nie-
mals auf den Theil, den der Wohlſtand zu ver-
bergen befiehlt — enthalten ſich aus Schaam
der Clyſtire — verabſcheuen die unnatuͤrlichen
Suͤnden.

Die Weiber ſind zum Theil aus Neigung,
Gewohnheit, und zum Theil aus Noth tugend-
haft. Ihre Natuͤr iſt kalt und traͤge — ihr
Leben muͤhſam; ſie ſpielen nicht, halten auch
nichts auf Putz; ſie nehmen keine Beſuche von
Mannsperſonen an, weil auf den Ehebruch die
Todesſtrafe geſetzt iſt. Die Weiber des gemei-
nen Volks, welche die Beſorgung der Wirth-
ſchaft auf ſich nehmen, genießen große Freyhei-
ten; allein die vornehmen Frauenzimmer fuͤh-
ren ein ſehr eingezogenes Leben. Die Liebe aber,
die ſie fuͤr ihre Maͤnner haben, kann mit nichts
verglichen werden.

Da die Siamer ſich mit ſchlechter Kleidung
begnuͤgen, ſo treiben ſie in Anſehung der Woh-
nung, des Geraͤthes und der Koſt eben ſo wenig
Pracht. Sie ſind bey aller ihrer Armuth den-
noch reich, weil ſie nicht mit ſo vielen Beduͤrf-

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[285/0311] zu uͤbertreiben ſcheint) ſehen kann, daß dieſe In- dianer zu dieſem letzten Laſter eine faſt unuͤber- windliche Neigung haben. — Beſcheidenheit und Schamhaftigkeit ſind den Siamern ei- gene Tugenden. Wenn gleich die gemeinen Weiber ſich nur den Leib von dem Guͤrtel an bis an die Beine bedecken; ſo beweiſen ſie doch bey dieſer Bloͤße viel Schamhaftigkeit. — Sie ſchlafen angekleidet — ſchlagen die Kinder nie- mals auf den Theil, den der Wohlſtand zu ver- bergen befiehlt — enthalten ſich aus Schaam der Clyſtire — verabſcheuen die unnatuͤrlichen Suͤnden. Die Weiber ſind zum Theil aus Neigung, Gewohnheit, und zum Theil aus Noth tugend- haft. Ihre Natuͤr iſt kalt und traͤge — ihr Leben muͤhſam; ſie ſpielen nicht, halten auch nichts auf Putz; ſie nehmen keine Beſuche von Mannsperſonen an, weil auf den Ehebruch die Todesſtrafe geſetzt iſt. Die Weiber des gemei- nen Volks, welche die Beſorgung der Wirth- ſchaft auf ſich nehmen, genießen große Freyhei- ten; allein die vornehmen Frauenzimmer fuͤh- ren ein ſehr eingezogenes Leben. Die Liebe aber, die ſie fuͤr ihre Maͤnner haben, kann mit nichts verglichen werden. Da die Siamer ſich mit ſchlechter Kleidung begnuͤgen, ſo treiben ſie in Anſehung der Woh- nung, des Geraͤthes und der Koſt eben ſo wenig Pracht. Sie ſind bey aller ihrer Armuth den- noch reich, weil ſie nicht mit ſo vielen Beduͤrf- niſſen

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Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/311>, abgerufen am 22.11.2024.