geln. Und demohngeachtet heist der Pallast zu Siam der goldene, blos weil er inwendig etwas wenig vergoldet ist.
Die Pracht der Pagoden besteht in vielen von Kalk und Ziegelsteinen erbauten Pyramiden. Die höchsten sind unsern alten Kirchthürmen gleich; die niedrigsten sind nur zwey Klaftern hoch. Sie sind rund gebaut, und weil ihre Dicke mit zunehmender Höhe abnimmt, so kann man sagen sie endigen sich mit einer Kuppel.
Der König hat ohngefähr eben die Haus- geräthe, als andre Leute, aber kostbarer. Das Bettgestelle der Siamer besteht aus einem schmalen ausgeflochtenem Ramen ohne Kopf- breter und Füsse. Die meisten haben kein an- ders Bette, als eine Binsenmatte. Ihr Tisch ist ein großes Blatt mit erhabenen Rande, aber ohne Gestelle. Die Stühle sind Binsen- matten, bald feiner, bald gröber. Fußteppiche dürfen sie gar nicht haben, es sey denn, daß der König sie damit beschenke. Die Reichen lehnen sich auf Küssen. *)
Bey Tische haben sie weder Tischtücher noch Servietten, weder Löffel noch Gabel. Das Fleisch wird schon in der Küche zerschnitten und so aufgetragen. Ihr Tafelgeschirr besteht aus Porcellain und einigen kupfernen Gefäßen.
Das
*) Wer ein großes Verzeichniß der Küchen- und Hausgeräthe der Siamer lesen will, mag sich zu dem La Loubere wenden im 2. Th. S. 50.
geln. Und demohngeachtet heiſt der Pallaſt zu Siam der goldene, blos weil er inwendig etwas wenig vergoldet iſt.
Die Pracht der Pagoden beſteht in vielen von Kalk und Ziegelſteinen erbauten Pyramiden. Die hoͤchſten ſind unſern alten Kirchthuͤrmen gleich; die niedrigſten ſind nur zwey Klaftern hoch. Sie ſind rund gebaut, und weil ihre Dicke mit zunehmender Hoͤhe abnimmt, ſo kann man ſagen ſie endigen ſich mit einer Kuppel.
Der Koͤnig hat ohngefaͤhr eben die Haus- geraͤthe, als andre Leute, aber koſtbarer. Das Bettgeſtelle der Siamer beſteht aus einem ſchmalen ausgeflochtenem Ramen ohne Kopf- breter und Fuͤſſe. Die meiſten haben kein an- ders Bette, als eine Binſenmatte. Ihr Tiſch iſt ein großes Blatt mit erhabenen Rande, aber ohne Geſtelle. Die Stuͤhle ſind Binſen- matten, bald feiner, bald groͤber. Fußteppiche duͤrfen ſie gar nicht haben, es ſey denn, daß der Koͤnig ſie damit beſchenke. Die Reichen lehnen ſich auf Kuͤſſen. *)
Bey Tiſche haben ſie weder Tiſchtuͤcher noch Servietten, weder Loͤffel noch Gabel. Das Fleiſch wird ſchon in der Kuͤche zerſchnitten und ſo aufgetragen. Ihr Tafelgeſchirr beſteht aus Porcellain und einigen kupfernen Gefaͤßen.
Das
*) Wer ein großes Verzeichniß der Kuͤchen- und Hausgeraͤthe der Siamer leſen will, mag ſich zu dem La Loubere wenden im 2. Th. S. 50.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0313"n="287"/>
geln. Und demohngeachtet heiſt der Pallaſt zu<lb/>
Siam der goldene, blos weil er inwendig etwas<lb/>
wenig vergoldet iſt.</p><lb/><p>Die Pracht der Pagoden beſteht in vielen<lb/>
von Kalk und Ziegelſteinen erbauten Pyramiden.<lb/>
Die hoͤchſten ſind unſern alten Kirchthuͤrmen<lb/>
gleich; die niedrigſten ſind nur zwey Klaftern<lb/>
hoch. Sie ſind rund gebaut, und weil ihre<lb/>
Dicke mit zunehmender Hoͤhe abnimmt, ſo kann<lb/>
man ſagen ſie endigen ſich mit einer Kuppel.</p><lb/><p>Der Koͤnig hat ohngefaͤhr eben die Haus-<lb/>
geraͤthe, als andre Leute, aber koſtbarer. Das<lb/>
Bettgeſtelle der Siamer beſteht aus einem<lb/>ſchmalen ausgeflochtenem Ramen ohne Kopf-<lb/>
breter und Fuͤſſe. Die meiſten haben kein an-<lb/>
ders Bette, als eine Binſenmatte. Ihr Tiſch<lb/>
iſt ein großes Blatt mit erhabenen Rande,<lb/>
aber ohne Geſtelle. Die Stuͤhle ſind Binſen-<lb/>
matten, bald feiner, bald groͤber. Fußteppiche<lb/>
duͤrfen ſie gar nicht haben, es ſey denn, daß der<lb/>
Koͤnig ſie damit beſchenke. Die Reichen lehnen<lb/>ſich auf Kuͤſſen. <noteplace="foot"n="*)">Wer ein großes Verzeichniß der Kuͤchen- und<lb/>
Hausgeraͤthe der Siamer leſen will, mag ſich<lb/>
zu dem La Loubere wenden im 2. Th. S. 50.</note></p><lb/><p>Bey Tiſche haben ſie weder Tiſchtuͤcher noch<lb/>
Servietten, weder Loͤffel noch Gabel. Das<lb/>
Fleiſch wird ſchon in der Kuͤche zerſchnitten und<lb/>ſo aufgetragen. Ihr Tafelgeſchirr beſteht aus<lb/>
Porcellain und einigen kupfernen Gefaͤßen.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Das</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[287/0313]
geln. Und demohngeachtet heiſt der Pallaſt zu
Siam der goldene, blos weil er inwendig etwas
wenig vergoldet iſt.
Die Pracht der Pagoden beſteht in vielen
von Kalk und Ziegelſteinen erbauten Pyramiden.
Die hoͤchſten ſind unſern alten Kirchthuͤrmen
gleich; die niedrigſten ſind nur zwey Klaftern
hoch. Sie ſind rund gebaut, und weil ihre
Dicke mit zunehmender Hoͤhe abnimmt, ſo kann
man ſagen ſie endigen ſich mit einer Kuppel.
Der Koͤnig hat ohngefaͤhr eben die Haus-
geraͤthe, als andre Leute, aber koſtbarer. Das
Bettgeſtelle der Siamer beſteht aus einem
ſchmalen ausgeflochtenem Ramen ohne Kopf-
breter und Fuͤſſe. Die meiſten haben kein an-
ders Bette, als eine Binſenmatte. Ihr Tiſch
iſt ein großes Blatt mit erhabenen Rande,
aber ohne Geſtelle. Die Stuͤhle ſind Binſen-
matten, bald feiner, bald groͤber. Fußteppiche
duͤrfen ſie gar nicht haben, es ſey denn, daß der
Koͤnig ſie damit beſchenke. Die Reichen lehnen
ſich auf Kuͤſſen. *)
Bey Tiſche haben ſie weder Tiſchtuͤcher noch
Servietten, weder Loͤffel noch Gabel. Das
Fleiſch wird ſchon in der Kuͤche zerſchnitten und
ſo aufgetragen. Ihr Tafelgeſchirr beſteht aus
Porcellain und einigen kupfernen Gefaͤßen.
Das
*) Wer ein großes Verzeichniß der Kuͤchen- und
Hausgeraͤthe der Siamer leſen will, mag ſich
zu dem La Loubere wenden im 2. Th. S. 50.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/313>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.