haupt zur Nachahmung einer Sache auf eine bewunderswürdige Weise geschickt. Man sagt, daß mancher Baniyan eine große Rechnung, durch die Stärke seines Gedächtnißes, im Ko- pfe ausrechnen könne, die einem geübten Re- chenmeister mit der Feder in der Hand, viele Mühe machen würde. Die Seidenweber und Schifszimmerleute, können die besten europäi- schen Muster und größesten englischen Schiffe nachahmen und verfertigen. Ein indianischer Schneider ist fähig, einem Europäer nach der neuesten Mode ein Kleid zu machen. Ein Fri- seur kann jemanden eben so hoch nach der euro- päischen Art die Haare frisiren, als wenn er ein gelernter europäischer Meister wäre. -- In ei- nigen Künsten sollen die Indianer uns übertref- fen, dahin z. E. das Mahlen des Chites ge- hört, dem die europäische weder an Glanz, noch an Dauer beykommt. Die goldenen Streifen und Blumen in ihren Atlassen, sind bey ihnen weit vollkommener und schöner als bey uns. Auch die Carniolringe, um welche gedoppelte goldene Ketten gehen, die in gewissen Entfer- nungen zusammenstoßen, wo Diamanten, Ru- binen zum Zierrath hineingesetzt werden, sind so künstlich gearbeitet, daß man es ihnen schwer- lich gleich thun wird. --
Die Künstler in Bengalen, sagt ein gewis- ser Mißionair, sind bis zum Erstaunen ge- schickt. Ihre Leinwand ist so fein, daß man sehr breite Stücke durch einen Ring ziehen kann.
Sie
haupt zur Nachahmung einer Sache auf eine bewunderswuͤrdige Weiſe geſchickt. Man ſagt, daß mancher Baniyan eine große Rechnung, durch die Staͤrke ſeines Gedaͤchtnißes, im Ko- pfe ausrechnen koͤnne, die einem geuͤbten Re- chenmeiſter mit der Feder in der Hand, viele Muͤhe machen wuͤrde. Die Seidenweber und Schifszimmerleute, koͤnnen die beſten europaͤi- ſchen Muſter und groͤßeſten engliſchen Schiffe nachahmen und verfertigen. Ein indianiſcher Schneider iſt faͤhig, einem Europaͤer nach der neueſten Mode ein Kleid zu machen. Ein Fri- ſeur kann jemanden eben ſo hoch nach der euro- paͤiſchen Art die Haare friſiren, als wenn er ein gelernter europaͤiſcher Meiſter waͤre. — In ei- nigen Kuͤnſten ſollen die Indianer uns uͤbertref- fen, dahin z. E. das Mahlen des Chites ge- hoͤrt, dem die europaͤiſche weder an Glanz, noch an Dauer beykommt. Die goldenen Streifen und Blumen in ihren Atlaſſen, ſind bey ihnen weit vollkommener und ſchoͤner als bey uns. Auch die Carniolringe, um welche gedoppelte goldene Ketten gehen, die in gewiſſen Entfer- nungen zuſammenſtoßen, wo Diamanten, Ru- binen zum Zierrath hineingeſetzt werden, ſind ſo kuͤnſtlich gearbeitet, daß man es ihnen ſchwer- lich gleich thun wird. —
Die Kuͤnſtler in Bengalen, ſagt ein gewiſ- ſer Mißionair, ſind bis zum Erſtaunen ge- ſchickt. Ihre Leinwand iſt ſo fein, daß man ſehr breite Stuͤcke durch einen Ring ziehen kann.
Sie
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haupt zur Nachahmung einer Sache auf eine
bewunderswuͤrdige Weiſe geſchickt. Man ſagt,
daß mancher Baniyan eine große Rechnung,
durch die Staͤrke ſeines Gedaͤchtnißes, im Ko-
pfe ausrechnen koͤnne, die einem geuͤbten Re-
chenmeiſter mit der Feder in der Hand, viele
Muͤhe machen wuͤrde. Die Seidenweber und
Schifszimmerleute, koͤnnen die beſten europaͤi-
ſchen Muſter und groͤßeſten engliſchen Schiffe
nachahmen und verfertigen. Ein indianiſcher
Schneider iſt faͤhig, einem Europaͤer nach der
neueſten Mode ein Kleid zu machen. Ein Fri-
ſeur kann jemanden eben ſo hoch nach der euro-
paͤiſchen Art die Haare friſiren, als wenn er ein
gelernter europaͤiſcher Meiſter waͤre. — In ei-
nigen Kuͤnſten ſollen die Indianer uns uͤbertref-
fen, dahin z. E. das Mahlen des Chites ge-
hoͤrt, dem die europaͤiſche weder an Glanz, noch
an Dauer beykommt. Die goldenen Streifen
und Blumen in ihren Atlaſſen, ſind bey ihnen
weit vollkommener und ſchoͤner als bey uns.
Auch die Carniolringe, um welche gedoppelte
goldene Ketten gehen, die in gewiſſen Entfer-
nungen zuſammenſtoßen, wo Diamanten, Ru-
binen zum Zierrath hineingeſetzt werden, ſind
ſo kuͤnſtlich gearbeitet, daß man es ihnen ſchwer-
lich gleich thun wird. —
Die Kuͤnſtler in Bengalen, ſagt ein gewiſ-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/420>, abgerufen am 22.11.2024.
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