Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

wegen der Vermischung und Verwandlung.
Und was ihr Nichts anbetrift; so nehmen sie
viererley Arten an, die sie aber eben so wenig
als viele andere Dinge zu begreifen scheinen.
Nach einiger Meynung sind Licht und Finster-
niß
der Urstoff, wovon sie viel abgeschmacktes
Zeug zu schwatzen wissen. -- Endlich behau-
pten auch einige, daß alles aus Zufall bestehe,
worüber sie sich gleichfalls sehr verworren erklä-
ren. Was aber im Ganzen genommen, diesen
Urstoff anlangt; so erklären sie alle einstimmig,
daß er ewig ist, und unsre Hervorbringung
aus Nichts, ist ihnen nie in die Gedanken ge-
kommen.

Ihre Moral, oder ihre philosophische Sitten-
lehre ist in vielen Werken der Niti Shastram
oder moralischen Wissenschaft enthalten, die in
spruchreichen Versen besteht. In diesem Theile der
Weltweisheit, den die Braminen auch andern
Stämmen mittheilen; haben sich unter ihnen
verschiedene Schriftsteller hervorgethan. Be-
sonders haben hierinn die Shoutres und Parias
großen Ruhm erworben.

Es legt sich auch ein ansehnlicher Theil von
den Braminen auf die Erlernung der Arzeney-
gelahrheit. Auch fehlt es ihnen in dieser Wis-
senschaft nicht an vielen Büchern; sie enthalten
aber fast nichts anders als unbedeutende Rece-
pte. Ihre Heilungsart ist von der unsrigen
sehr weit unterschieden, und gründet sich, nach
Berniers Bericht, auf folgende Grundsätze:

daß
C c

wegen der Vermiſchung und Verwandlung.
Und was ihr Nichts anbetrift; ſo nehmen ſie
viererley Arten an, die ſie aber eben ſo wenig
als viele andere Dinge zu begreifen ſcheinen.
Nach einiger Meynung ſind Licht und Finſter-
niß
der Urſtoff, wovon ſie viel abgeſchmacktes
Zeug zu ſchwatzen wiſſen. — Endlich behau-
pten auch einige, daß alles aus Zufall beſtehe,
woruͤber ſie ſich gleichfalls ſehr verworren erklaͤ-
ren. Was aber im Ganzen genommen, dieſen
Urſtoff anlangt; ſo erklaͤren ſie alle einſtimmig,
daß er ewig iſt, und unſre Hervorbringung
aus Nichts, iſt ihnen nie in die Gedanken ge-
kommen.

Ihre Moral, oder ihre philoſophiſche Sitten-
lehre iſt in vielen Werken der Niti Shaſtram
oder moraliſchen Wiſſenſchaft enthalten, die in
ſpruchreichen Verſen beſteht. In dieſem Theile der
Weltweisheit, den die Braminen auch andern
Staͤmmen mittheilen; haben ſich unter ihnen
verſchiedene Schriftſteller hervorgethan. Be-
ſonders haben hierinn die Shoutres und Parias
großen Ruhm erworben.

Es legt ſich auch ein anſehnlicher Theil von
den Braminen auf die Erlernung der Arzeney-
gelahrheit. Auch fehlt es ihnen in dieſer Wiſ-
ſenſchaft nicht an vielen Buͤchern; ſie enthalten
aber faſt nichts anders als unbedeutende Rece-
pte. Ihre Heilungsart iſt von der unſrigen
ſehr weit unterſchieden, und gruͤndet ſich, nach
Berniers Bericht, auf folgende Grundſaͤtze:

daß
C c
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0427" n="401"/>
wegen der Vermi&#x017F;chung und Verwandlung.<lb/>
Und was ihr <hi rendition="#fr">Nichts</hi> anbetrift; &#x017F;o nehmen &#x017F;ie<lb/>
viererley Arten an, die &#x017F;ie aber eben &#x017F;o wenig<lb/>
als viele andere Dinge zu begreifen &#x017F;cheinen.<lb/>
Nach einiger Meynung &#x017F;ind <hi rendition="#fr">Licht</hi> und <hi rendition="#fr">Fin&#x017F;ter-<lb/>
niß</hi> der Ur&#x017F;toff, wovon &#x017F;ie viel abge&#x017F;chmacktes<lb/>
Zeug zu &#x017F;chwatzen wi&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Endlich behau-<lb/>
pten auch einige, daß alles aus Zufall be&#x017F;tehe,<lb/>
woru&#x0364;ber &#x017F;ie &#x017F;ich gleichfalls &#x017F;ehr verworren erkla&#x0364;-<lb/>
ren. Was aber im Ganzen genommen, die&#x017F;en<lb/>
Ur&#x017F;toff anlangt; &#x017F;o erkla&#x0364;ren &#x017F;ie alle ein&#x017F;timmig,<lb/>
daß er <hi rendition="#fr">ewig</hi> i&#x017F;t, und un&#x017F;re Hervorbringung<lb/>
aus Nichts, i&#x017F;t ihnen nie in die Gedanken ge-<lb/>
kommen.</p><lb/>
          <p>Ihre Moral, oder ihre philo&#x017F;ophi&#x017F;che Sitten-<lb/>
lehre i&#x017F;t in vielen Werken der <hi rendition="#fr">Niti Sha&#x017F;tram</hi><lb/>
oder morali&#x017F;chen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft enthalten, die in<lb/>
&#x017F;pruchreichen Ver&#x017F;en be&#x017F;teht. In die&#x017F;em Theile der<lb/>
Weltweisheit, den die Braminen auch andern<lb/>
Sta&#x0364;mmen mittheilen; haben &#x017F;ich unter ihnen<lb/>
ver&#x017F;chiedene Schrift&#x017F;teller hervorgethan. Be-<lb/>
&#x017F;onders haben hierinn die Shoutres und Parias<lb/>
großen Ruhm erworben.</p><lb/>
          <p>Es legt &#x017F;ich auch ein an&#x017F;ehnlicher Theil von<lb/>
den Braminen auf die Erlernung der Arzeney-<lb/>
gelahrheit. Auch fehlt es ihnen in die&#x017F;er Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaft nicht an vielen Bu&#x0364;chern; &#x017F;ie enthalten<lb/>
aber fa&#x017F;t nichts anders als unbedeutende Rece-<lb/>
pte. Ihre Heilungsart i&#x017F;t von der un&#x017F;rigen<lb/>
&#x017F;ehr weit unter&#x017F;chieden, und gru&#x0364;ndet &#x017F;ich, nach<lb/>
Berniers Bericht, auf folgende Grund&#x017F;a&#x0364;tze:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[401/0427] wegen der Vermiſchung und Verwandlung. Und was ihr Nichts anbetrift; ſo nehmen ſie viererley Arten an, die ſie aber eben ſo wenig als viele andere Dinge zu begreifen ſcheinen. Nach einiger Meynung ſind Licht und Finſter- niß der Urſtoff, wovon ſie viel abgeſchmacktes Zeug zu ſchwatzen wiſſen. — Endlich behau- pten auch einige, daß alles aus Zufall beſtehe, woruͤber ſie ſich gleichfalls ſehr verworren erklaͤ- ren. Was aber im Ganzen genommen, dieſen Urſtoff anlangt; ſo erklaͤren ſie alle einſtimmig, daß er ewig iſt, und unſre Hervorbringung aus Nichts, iſt ihnen nie in die Gedanken ge- kommen. Ihre Moral, oder ihre philoſophiſche Sitten- lehre iſt in vielen Werken der Niti Shaſtram oder moraliſchen Wiſſenſchaft enthalten, die in ſpruchreichen Verſen beſteht. In dieſem Theile der Weltweisheit, den die Braminen auch andern Staͤmmen mittheilen; haben ſich unter ihnen verſchiedene Schriftſteller hervorgethan. Be- ſonders haben hierinn die Shoutres und Parias großen Ruhm erworben. Es legt ſich auch ein anſehnlicher Theil von den Braminen auf die Erlernung der Arzeney- gelahrheit. Auch fehlt es ihnen in dieſer Wiſ- ſenſchaft nicht an vielen Buͤchern; ſie enthalten aber faſt nichts anders als unbedeutende Rece- pte. Ihre Heilungsart iſt von der unſrigen ſehr weit unterſchieden, und gruͤndet ſich, nach Berniers Bericht, auf folgende Grundſaͤtze: daß C c

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/427
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/427>, abgerufen am 22.11.2024.