daß über fünf Tausend Adern am menschlichen Körper sich befänden, nicht anders als wenn sie sie gezählt hätten.
Sie haben bey ihrer Sternseherkunst ge- wisse Tafeln, nach der sie die Sonn- und Mondfinsternissen beynahe so genau ausrech- nen, als die Europäer. Der Grund, den sie anführen, ist aber sehr abgeschmackt. Sie meynen nemlich, die Sonn- und Mondfinster- niß würde durch den Rah, einen schwarzen Deuta oder Dämon verursacht. Dieser be- mächtige sich der Lichter, und machte sie gleich- sam mit Dinte schwarz. -- Nach ihrer Sage steht auch der Mond über funfzig kausend Mel- len höher, als die Sonne. Sie glauben feste und heilig, daß die Sonne, der Mond, und alle Sterne Deutaen sind; daß es Nacht ist, wenn sich die Sonne hinter dem eingebildeten Gebürge Someyra besindet, und Tag, wenn sie sich von seinem Schatten befreyet.
Dieser Berg, sagen sie, stehet in der Mitte der Erde, hat die Gestalt eines umgekehrten Kegels, und ist viele tausend Meilen hoch. (Es verdient hierüber Bernier T. 4. S. 160 u. f. nachgelesen zu werden.)
Ehe wir diesen Artikel schließen, müssen wir noch etwas von der Erdkunde der Brami- nen sagen. Ihrer Meynung zufolge ist die Erde platt und dreyeckigt, und hat sieben Stockwerke, die alle von einander nicht nur in Ansehung der Schönheit und Vollkommenheit,
sondern
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daß uͤber fuͤnf Tauſend Adern am menſchlichen Koͤrper ſich befaͤnden, nicht anders als wenn ſie ſie gezaͤhlt haͤtten.
Sie haben bey ihrer Sternſeherkunſt ge- wiſſe Tafeln, nach der ſie die Sonn- und Mondfinſterniſſen beynahe ſo genau ausrech- nen, als die Europaͤer. Der Grund, den ſie anfuͤhren, iſt aber ſehr abgeſchmackt. Sie meynen nemlich, die Sonn- und Mondfinſter- niß wuͤrde durch den Rah, einen ſchwarzen Deuta oder Daͤmon verurſacht. Dieſer be- maͤchtige ſich der Lichter, und machte ſie gleich- ſam mit Dinte ſchwarz. — Nach ihrer Sage ſteht auch der Mond uͤber funfzig kauſend Mel- len hoͤher, als die Sonne. Sie glauben feſte und heilig, daß die Sonne, der Mond, und alle Sterne Deutaen ſind; daß es Nacht iſt, wenn ſich die Sonne hinter dem eingebildeten Gebuͤrge Someyra beſindet, und Tag, wenn ſie ſich von ſeinem Schatten befreyet.
Dieſer Berg, ſagen ſie, ſtehet in der Mitte der Erde, hat die Geſtalt eines umgekehrten Kegels, und iſt viele tauſend Meilen hoch. (Es verdient hieruͤber Bernier T. 4. S. 160 u. f. nachgeleſen zu werden.)
Ehe wir dieſen Artikel ſchließen, muͤſſen wir noch etwas von der Erdkunde der Brami- nen ſagen. Ihrer Meynung zufolge iſt die Erde platt und dreyeckigt, und hat ſieben Stockwerke, die alle von einander nicht nur in Anſehung der Schoͤnheit und Vollkommenheit,
ſondern
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[403/0429]
daß uͤber fuͤnf Tauſend Adern am menſchlichen
Koͤrper ſich befaͤnden, nicht anders als wenn ſie
ſie gezaͤhlt haͤtten.
Sie haben bey ihrer Sternſeherkunſt ge-
wiſſe Tafeln, nach der ſie die Sonn- und
Mondfinſterniſſen beynahe ſo genau ausrech-
nen, als die Europaͤer. Der Grund, den ſie
anfuͤhren, iſt aber ſehr abgeſchmackt. Sie
meynen nemlich, die Sonn- und Mondfinſter-
niß wuͤrde durch den Rah, einen ſchwarzen
Deuta oder Daͤmon verurſacht. Dieſer be-
maͤchtige ſich der Lichter, und machte ſie gleich-
ſam mit Dinte ſchwarz. — Nach ihrer Sage
ſteht auch der Mond uͤber funfzig kauſend Mel-
len hoͤher, als die Sonne. Sie glauben feſte
und heilig, daß die Sonne, der Mond, und
alle Sterne Deutaen ſind; daß es Nacht iſt,
wenn ſich die Sonne hinter dem eingebildeten
Gebuͤrge Someyra beſindet, und Tag, wenn
ſie ſich von ſeinem Schatten befreyet.
Dieſer Berg, ſagen ſie, ſtehet in der Mitte
der Erde, hat die Geſtalt eines umgekehrten
Kegels, und iſt viele tauſend Meilen hoch.
(Es verdient hieruͤber Bernier T. 4. S. 160
u. f. nachgeleſen zu werden.)
Ehe wir dieſen Artikel ſchließen, muͤſſen
wir noch etwas von der Erdkunde der Brami-
nen ſagen. Ihrer Meynung zufolge iſt die
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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