Die Feyrung der Festtage macht einen zwei- ten Hauptpunct der sintoistischen Religion aus. Die Sintoisten haben alle Monathe drey or- dentliche Feste. Das erste wird am ersten Tage des Monats gefeiert. Dieß Fest wird mit Besuchen und allerley Lustbarkeiten zugebracht; man geht selten in die Tempel, sondern, wenn man seine Freunde zur glücklichen Zurückkunft des Neumondes gratulirt; so lagert man sich in den Gegenden um die Mias herum, und bringt die Zeit mit Spatzierengehen hin: oder wenn sie des Spatzierens müde sind; so kehren sie in Wirthshäusern und liederlichen Häusern ein, die überall in großer Menge zu finden sind. Merkwürdig ist es, daß alle Japaner, von wel- cher Secte sie auch seyn mögen, dieses Fest sorg- fältig feiern. -- Das zweyte Fest wird am funfzehnten Tage, welches der Vollmond ist, gefeiert. -- Am demselben pflegt man sehr fiei- ßig die Tempel zu besuchen. -- Das dritte fällt auf den acht und zwanzigsten Tag, welches der Tag vor dem Neumond ist. Dieser Tag wird eben nicht feierlich begangen, und die Tempel
findet
Andächtige ein, daß es sehr unanständig sey, mit einem unruhigen betrübten Gemüthe vor den Göttern zu erscheinen. Denn sie meinen, daß die Gebeter der Betrübten den Geistern, welche die höchste Glückseeligkeit genießen, nicht anders als sehr unangenehm und beschwerlich seyn könnten.
Die Feyrung der Feſttage macht einen zwei- ten Hauptpunct der ſintoiſtiſchen Religion aus. Die Sintoiſten haben alle Monathe drey or- dentliche Feſte. Das erſte wird am erſten Tage des Monats gefeiert. Dieß Feſt wird mit Beſuchen und allerley Luſtbarkeiten zugebracht; man geht ſelten in die Tempel, ſondern, wenn man ſeine Freunde zur gluͤcklichen Zuruͤckkunft des Neumondes gratulirt; ſo lagert man ſich in den Gegenden um die Mias herum, und bringt die Zeit mit Spatzierengehen hin: oder wenn ſie des Spatzierens muͤde ſind; ſo kehren ſie in Wirthshaͤuſern und liederlichen Haͤuſern ein, die uͤberall in großer Menge zu finden ſind. Merkwuͤrdig iſt es, daß alle Japaner, von wel- cher Secte ſie auch ſeyn moͤgen, dieſes Feſt ſorg- faͤltig feiern. — Das zweyte Feſt wird am funfzehnten Tage, welches der Vollmond iſt, gefeiert. — Am demſelben pflegt man ſehr fiei- ßig die Tempel zu beſuchen. — Das dritte faͤllt auf den acht und zwanzigſten Tag, welches der Tag vor dem Neumond iſt. Dieſer Tag wird eben nicht feierlich begangen, und die Tempel
findet
Andaͤchtige ein, daß es ſehr unanſtaͤndig ſey, mit einem unruhigen betruͤbten Gemuͤthe vor den Goͤttern zu erſcheinen. Denn ſie meinen, daß die Gebeter der Betruͤbten den Geiſtern, welche die hoͤchſte Gluͤckſeeligkeit genießen, nicht anders als ſehr unangenehm und beſchwerlich ſeyn koͤnnten.
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Die Feyrung der Feſttage macht einen zwei-
ten Hauptpunct der ſintoiſtiſchen Religion aus.
Die Sintoiſten haben alle Monathe drey or-
dentliche Feſte. Das erſte wird am erſten Tage
des Monats gefeiert. Dieß Feſt wird mit
Beſuchen und allerley Luſtbarkeiten zugebracht;
man geht ſelten in die Tempel, ſondern, wenn
man ſeine Freunde zur gluͤcklichen Zuruͤckkunft
des Neumondes gratulirt; ſo lagert man ſich
in den Gegenden um die Mias herum, und
bringt die Zeit mit Spatzierengehen hin: oder
wenn ſie des Spatzierens muͤde ſind; ſo kehren
ſie in Wirthshaͤuſern und liederlichen Haͤuſern
ein, die uͤberall in großer Menge zu finden ſind.
Merkwuͤrdig iſt es, daß alle Japaner, von wel-
cher Secte ſie auch ſeyn moͤgen, dieſes Feſt ſorg-
faͤltig feiern. — Das zweyte Feſt wird am
funfzehnten Tage, welches der Vollmond iſt,
gefeiert. — Am demſelben pflegt man ſehr fiei-
ßig die Tempel zu beſuchen. — Das dritte faͤllt
auf den acht und zwanzigſten Tag, welches der
Tag vor dem Neumond iſt. Dieſer Tag wird
eben nicht feierlich begangen, und die Tempel
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*) Andaͤchtige ein, daß es ſehr unanſtaͤndig ſey,
mit einem unruhigen betruͤbten Gemuͤthe vor
den Goͤttern zu erſcheinen. Denn ſie meinen,
daß die Gebeter der Betruͤbten den Geiſtern,
welche die hoͤchſte Gluͤckſeeligkeit genießen, nicht
anders als ſehr unangenehm und beſchwerlich
ſeyn koͤnnten.
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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