tem Papier besetzt vor seine Hausthüre, wodurch er alle diejenigen warnt, die nicht rein sind, über die Schwelle seines Hauses zu gehen. Den Weibern stehts frey ihre Männer zu be- gleiten, nicht aber bey ihnen zu schlafen. So- bald nun ein Pilger zu Isje angelangt ist; so verfügt er sich vor allen Dingen zuerst zum Ca- nusi, der ihn denn in den Tempeln herumführt. Dieser Besuch aller Tempel ist für den Pilger eine heilige Pflicht. Ehe er dieß aber thut, muß er sich in dem Fluße Mijongawe, der mitten durch Isje fließt, baden. Hat nun der Pilger seine Andachten verrichtet; so erhält er von dem Canusi eine kleine Büchse, die bey den Japanern Ofawai heißt, welche von zartem Schachtelholze verfertigt, und mit kleinen höl- zernen Stückchen angefüllt ist, wovon einige in weissem Papier eingewickelt sind. Auf dem Deckel der Büchse steht der Name des Tempels des großen Gottes mit großen Buchstaben; und der Name des Canusi, der diesen Ablaß ertheilt hat, ist auf der andern Seite mit klei- nem Character aufgeleimet. Die Canusi ver- schicken eine Menge dergleichen Ablaßbriefe durch das ganze japanische Reich.
In Japan giebt es einen geistlichen Orden, den man die Jammabos oder Jammabus, Bergpriester nennt *). Eigentlich bedeutet die-
ser
*) Der Stifter dieser Gesellschaft von Einsiedlern soll ein gewisser Gienno Giosstz in Japan gewe-
sen
tem Papier beſetzt vor ſeine Hausthuͤre, wodurch er alle diejenigen warnt, die nicht rein ſind, uͤber die Schwelle ſeines Hauſes zu gehen. Den Weibern ſtehts frey ihre Maͤnner zu be- gleiten, nicht aber bey ihnen zu ſchlafen. So- bald nun ein Pilger zu Isje angelangt iſt; ſo verfuͤgt er ſich vor allen Dingen zuerſt zum Ca- nuſi, der ihn denn in den Tempeln herumfuͤhrt. Dieſer Beſuch aller Tempel iſt fuͤr den Pilger eine heilige Pflicht. Ehe er dieß aber thut, muß er ſich in dem Fluße Mijongawe, der mitten durch Isje fließt, baden. Hat nun der Pilger ſeine Andachten verrichtet; ſo erhaͤlt er von dem Canuſi eine kleine Buͤchſe, die bey den Japanern Ofawai heißt, welche von zartem Schachtelholze verfertigt, und mit kleinen hoͤl- zernen Stuͤckchen angefuͤllt iſt, wovon einige in weiſſem Papier eingewickelt ſind. Auf dem Deckel der Buͤchſe ſteht der Name des Tempels des großen Gottes mit großen Buchſtaben; und der Name des Canuſi, der dieſen Ablaß ertheilt hat, iſt auf der andern Seite mit klei- nem Character aufgeleimet. Die Canuſi ver- ſchicken eine Menge dergleichen Ablaßbriefe durch das ganze japaniſche Reich.
In Japan giebt es einen geiſtlichen Orden, den man die Jammabos oder Jammabus, Bergprieſter nennt *). Eigentlich bedeutet die-
ſer
*) Der Stifter dieſer Geſellſchaft von Einſiedlern ſoll ein gewiſſer Gienno Gioſſtz in Japan gewe-
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tem Papier beſetzt vor ſeine Hausthuͤre, wodurch
er alle diejenigen warnt, die nicht rein ſind,
uͤber die Schwelle ſeines Hauſes zu gehen.
Den Weibern ſtehts frey ihre Maͤnner zu be-
gleiten, nicht aber bey ihnen zu ſchlafen. So-
bald nun ein Pilger zu Isje angelangt iſt; ſo
verfuͤgt er ſich vor allen Dingen zuerſt zum Ca-
nuſi, der ihn denn in den Tempeln herumfuͤhrt.
Dieſer Beſuch aller Tempel iſt fuͤr den Pilger
eine heilige Pflicht. Ehe er dieß aber thut,
muß er ſich in dem Fluße Mijongawe, der
mitten durch Isje fließt, baden. Hat nun der
Pilger ſeine Andachten verrichtet; ſo erhaͤlt er
von dem Canuſi eine kleine Buͤchſe, die bey den
Japanern Ofawai heißt, welche von zartem
Schachtelholze verfertigt, und mit kleinen hoͤl-
zernen Stuͤckchen angefuͤllt iſt, wovon einige in
weiſſem Papier eingewickelt ſind. Auf dem
Deckel der Buͤchſe ſteht der Name des Tempels
des großen Gottes mit großen Buchſtaben;
und der Name des Canuſi, der dieſen Ablaß
ertheilt hat, iſt auf der andern Seite mit klei-
nem Character aufgeleimet. Die Canuſi ver-
ſchicken eine Menge dergleichen Ablaßbriefe durch
das ganze japaniſche Reich.
In Japan giebt es einen geiſtlichen Orden,
den man die Jammabos oder Jammabus,
Bergprieſter nennt *). Eigentlich bedeutet die-
ſer
*) Der Stifter dieſer Geſellſchaft von Einſiedlern
ſoll ein gewiſſer Gienno Gioſſtz in Japan gewe-
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/50>, abgerufen am 21.11.2024.
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