Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721.Curieuse Reise-Beschreibung. VI. Cap. daß wir die Flucht nehmen wolten; sie wieß aberwieder, daß wir ringsum besetzt wären. Wir giengen zusammen nach der grossen Hütte zu. Der Alte saß betrübt und seufftzete. Jch nahm einen höltzernen Spieß, und wolte Leute haben den Feind aufsuchen zu können. Der Alte aber schüttelte sein Haupt, nahm ein Horn, und blies so starck, als er konte. Darauf hörte man den Laut wol von 100. Hörnern. Jch wuste nicht was dieses zu bedeuten hatte, gieng daher nach meiner Hütte, nahm einen höltzernen Spieß mit, und fassete den Vorsatz mich zu wehren, wenn ie- mand auf mich los käme. Meine Gesellin folg- te mir nach, schrye und heulte. Endlich ward es Tag, und ich sahe von ferne viel Volck, welches so wol bekleidet als mit Gewehr versehen war, dis nahm mich sehr Wunder, ich hörte schiessen, welches mir noch mehr befremdete; ich nahm mein Frauen-Mensch bey der Hand, und wies ihr, daß sie mit mir nach ihnen zugehen solte, und bildete mir ein, daß sie mir nichts thun würden; sie wolte es aber nicht thun. Jch gieng also al- lein dem Feind entgegen, und kam bey einer Par- they zu Pferde, als der Capitain mich sahe, hielt er still; ich fiel auf meine Knie, und legte meine Hände zusammen. Er winckte mir, daß ich solte zu ihm kommen, welches ich auch that, er sahe mich genau an, weil er sein Lebtage keinen weissen Menschen gesehen. Er gab mir einen Rock, Ho- sen und Mütze, wie auch ein Pferd, auf welches ich hinauf kletterte. Denn da ich mein Lebtage nicht viel zu Pferde gesessen, so kan man leicht wis- sen,
Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VI. Cap. daß wir die Flucht nehmen wolten; ſie wieß aberwieder, daß wir ringsum beſetzt waͤren. Wir giengen zuſammen nach der groſſen Huͤtte zu. Der Alte ſaß betruͤbt und ſeufftzete. Jch nahm einen hoͤltzernen Spieß, und wolte Leute haben den Feind aufſuchen zu koͤnnen. Der Alte aber ſchuͤttelte ſein Haupt, nahm ein Horn, und blies ſo ſtarck, als er konte. Darauf hoͤrte man den Laut wol von 100. Hoͤrnern. Jch wuſte nicht was dieſes zu bedeuten hatte, gieng daher nach meiner Huͤtte, nahm einen hoͤltzernen Spieß mit, und faſſete den Vorſatz mich zu wehren, wenn ie- mand auf mich los kaͤme. Meine Geſellin folg- te mir nach, ſchrye und heulte. Endlich ward es Tag, und ich ſahe von ferne viel Volck, welches ſo wol bekleidet als mit Gewehr verſehen war, dis nahm mich ſehr Wunder, ich hoͤrte ſchieſſen, welches mir noch mehr befremdete; ich nahm mein Frauen-Menſch bey der Hand, und wies ihr, daß ſie mit mir nach ihnen zugehen ſolte, und bildete mir ein, daß ſie mir nichts thun wuͤrden; ſie wolte es aber nicht thun. Jch gieng alſo al- lein dem Feind entgegen, und kam bey einer Par- they zu Pferde, als der Capitain mich ſahe, hielt er ſtill; ich fiel auf meine Knie, und legte meine Haͤnde zuſammen. Er winckte mir, daß ich ſolte zu ihm kommen, welches ich auch that, er ſahe mich genau an, weil er ſein Lebtage keinen weiſſen Menſchen geſehen. Er gab mir einen Rock, Ho- ſen und Muͤtze, wie auch ein Pferd, auf welches ich hinauf kletterte. Denn da ich mein Lebtage nicht viel zu Pferde geſeſſen, ſo kan man leicht wiſ- ſen,
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Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. VI. Cap.
daß wir die Flucht nehmen wolten; ſie wieß aber
wieder, daß wir ringsum beſetzt waͤren. Wir
giengen zuſammen nach der groſſen Huͤtte zu.
Der Alte ſaß betruͤbt und ſeufftzete. Jch nahm
einen hoͤltzernen Spieß, und wolte Leute haben
den Feind aufſuchen zu koͤnnen. Der Alte aber
ſchuͤttelte ſein Haupt, nahm ein Horn, und blies
ſo ſtarck, als er konte. Darauf hoͤrte man den
Laut wol von 100. Hoͤrnern. Jch wuſte nicht
was dieſes zu bedeuten hatte, gieng daher nach
meiner Huͤtte, nahm einen hoͤltzernen Spieß mit,
und faſſete den Vorſatz mich zu wehren, wenn ie-
mand auf mich los kaͤme. Meine Geſellin folg-
te mir nach, ſchrye und heulte. Endlich ward es
Tag, und ich ſahe von ferne viel Volck, welches
ſo wol bekleidet als mit Gewehr verſehen war,
dis nahm mich ſehr Wunder, ich hoͤrte ſchieſſen,
welches mir noch mehr befremdete; ich nahm
mein Frauen-Menſch bey der Hand, und wies
ihr, daß ſie mit mir nach ihnen zugehen ſolte, und
bildete mir ein, daß ſie mir nichts thun wuͤrden;
ſie wolte es aber nicht thun. Jch gieng alſo al-
lein dem Feind entgegen, und kam bey einer Par-
they zu Pferde, als der Capitain mich ſahe, hielt er
ſtill; ich fiel auf meine Knie, und legte meine
Haͤnde zuſammen. Er winckte mir, daß ich ſolte
zu ihm kommen, welches ich auch that, er ſahe mich
genau an, weil er ſein Lebtage keinen weiſſen
Menſchen geſehen. Er gab mir einen Rock, Ho-
ſen und Muͤtze, wie auch ein Pferd, auf welches
ich hinauf kletterte. Denn da ich mein Lebtage
nicht viel zu Pferde geſeſſen, ſo kan man leicht wiſ-
ſen,
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