Juan de Posos [i. e. Smeeks, Hendrik]: Beschreibung des Mächtigen Königreichs Krinke Kesmes. Übers. v. [N. N.]. Leipzig, 1721.Curieuse Reise-Beschreibung. II. Cap. aber doch so lange aufgehalten daß ich erst imMaji 1696. in Holland kam: Jch reiste so fort nach meinen alten und frommen Eltern. Als ich aber dahin kam, erfuhr ich, daß meine Mutter ge- storben, und mein Vater war 60. Jahr alt. Jch gieng nach seiner Wohnung, er kannte mich aber im geringsten nicht: Als ich mich nun ihm zu er- kennen gab, war der alte Mann so erfreuet, daß er mir um den Hals fiel, und gantz erstarrete. Wir weinten beyderseits. Nachdem wir uns wieder erholet, ließ ich eine gute Mahlzeit machen, und erzehlte ihm meine Begebnisse und Vorha- ben, nemlich daß ich ihn Lebenslang versor- gen wolte, als weßwegen ich meistentheils hier- her kommen ware. Jch kauffte ihn also in ein gut Hospital ein, gab noch 600. Rthlr. vor ihm auf Leib-Renten, und versorgte ihn mit allem was er nöthig hatte. Es erfreute ihn sehr in seinen alten Tagen, Die Zeit meines Aufbruchs kam nunmehro, noch
Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. II. Cap. aber doch ſo lange aufgehalten daß ich erſt imMaji 1696. in Holland kam: Jch reiſte ſo fort nach meinen alten und frommen Eltern. Als ich aber dahin kam, erfuhr ich, daß meine Mutter ge- ſtorben, und mein Vater war 60. Jahr alt. Jch gieng nach ſeiner Wohnung, er kannte mich aber im geringſten nicht: Als ich mich nun ihm zu er- kennen gab, war der alte Mann ſo erfreuet, daß er mir um den Hals fiel, und gantz erſtarrete. Wir weinten beyderſeits. Nachdem wir uns wieder erholet, ließ ich eine gute Mahlzeit machen, und erzehlte ihm meine Begebniſſe und Vorha- ben, nemlich daß ich ihn Lebenslang verſor- gen wolte, als weßwegen ich meiſtentheils hier- her kommen ware. Jch kauffte ihn alſo in ein gut Hoſpital ein, gab noch 600. Rthlr. vor ihm auf Leib-Renten, und verſorgte ihn mit allem was er noͤthig hatte. Es erfreute ihn ſehr in ſeinen alten Tagen, Die Zeit meines Aufbruchs kam nunmehro, noch
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Curieuſe Reiſe-Beſchreibung. II. Cap.
aber doch ſo lange aufgehalten daß ich erſt im
Maji 1696. in Holland kam: Jch reiſte ſo fort
nach meinen alten und frommen Eltern. Als ich
aber dahin kam, erfuhr ich, daß meine Mutter ge-
ſtorben, und mein Vater war 60. Jahr alt. Jch
gieng nach ſeiner Wohnung, er kannte mich aber
im geringſten nicht: Als ich mich nun ihm zu er-
kennen gab, war der alte Mann ſo erfreuet, daß
er mir um den Hals fiel, und gantz erſtarrete.
Wir weinten beyderſeits. Nachdem wir uns
wieder erholet, ließ ich eine gute Mahlzeit machen,
und erzehlte ihm meine Begebniſſe und Vorha-
ben, nemlich daß ich ihn Lebenslang verſor-
gen wolte, als weßwegen ich meiſtentheils hier-
her kommen ware. Jch kauffte ihn alſo in ein
gut Hoſpital ein, gab noch 600. Rthlr. vor ihm
auf Leib-Renten, und verſorgte ihn mit allem was
er noͤthig hatte.
Es erfreute ihn ſehr in ſeinen alten Tagen,
daß ich ihn ſo wol verſorget hatte, und es war mir
eine noch groͤſſere Freude, daß GOTT mir
Gelegenheit gegeben, meinen Vater alſo an die
Hand gehen zu koͤnnen. Jch liebte ihn uͤberaus
ſehr, wie es auch ein redlich Kind ſchuldig iſt.
Die Zeit meines Aufbruchs kam nunmehro,
und ich letzte mich mit meinem alten Vater, doch
nicht ohne heiſſe Thraͤnen, von beyden Sei-
ten, denn er wuſte daß ich wieder nach Weſt-Jn-
dien, und ſodann ferner nach die Philippinen-Jn-
ſul gehen wolte. Unſer Abſchied geſchah auf bey-
den Seiten mit groſſer Wehmuth, weil ich den
alten Mann ſehr lieb hatte. Jch verehrte ihm
noch
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