Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig u. a., 1668.Nutz deß Hahnen-Geschreyes. Ecclesiae petra culpam suan diluit, quam prius-quam Gallus cantaret, negando contraxerat- Istius cantu, spes omnibus redit: aegris levatur incommodum, minuitur dolor vulnerum: fe- brium flagrantia mitigatur. Das ist auff unser Teutsch soviel gesaget: Das Hahnen-Geschrey ist lieblich deß Nachts/ und nit alleine lieblich/ son- dern auch nützlich. Dann der Hahn als ein guter Beywohner wecket den Schlaffenden auff/ er- mahnet den Sorgfältigen und Bekümmerten/ und tröstet den/ der da wandert/ dieweil er mit sei- ner hellen Stimm den Fortgang und die Stunde der Nacht anzeiget. Wann er krehet/ so höret der Mörder und Strassenräuber auf den Wanders- Leuten nachzustellen. Von seinem Geschrey er- wachet gleich der Morgenstern/ und gehet auff/ daß er den Himmel erleuchte. Der Schiffmann freuet sich seines Gesanges/ weil sich die Winde gegen dem Morgen/ da er krehet/ etwas niderlegen und es stille wird. So er schreyet/ werden die An- dächtigen ermahnet auffzustehen zum Gebät/ die Gelährten erinnert er der Bücher/ die sie mit dem Liecht suchen sollen. Da der Hahn das letzte mal krehete/ erkante und beweynete Petrus seine Sün- de/ die er vorhin unbedächtig/ mit Verläugnung seines HErrn begangen hatte. Gegen den Hahne- geschrey fassen die Krancken wieder ein Hertz/ den Verwundeten werden ihre Schmertzen gelindert/ die Hitze deß Fiebers leget sich. Umb solches gros- sen Nutzen willen/ haben auch die Alten den Hauß- Hahn und sein Geschrey/ jederzeit in sonderlichen Ehren
Nutz deß Hahnen-Geſchreyes. Eccleſiæ petra culpam ſuã diluit, quam prius-quam Gallus cantaret, negando contraxerat- Iſtius cantu, ſpes omnibus redit: ægris levatur incommodum, minuitur dolor vulnerum: fe- brium flagrantia mitigatur. Das iſt auff unſer Teutſch ſoviel geſaget: Das Hahnen-Geſchrey iſt lieblich deß Nachts/ und nit alleine lieblich/ ſon- dern auch nuͤtzlich. Dann der Hahn als ein guter Beywohner wecket den Schlaffenden auff/ er- mahnet den Sorgfaͤltigen und Bekuͤmmerten/ und tꝛoͤſtet den/ der da wandert/ dieweil er mit ſei- ner hellen Stim̃ den Fortgang und die Stunde der Nacht anzeiget. Wann er krehet/ ſo hoͤret der Moͤrder und Straſſenraͤuber auf den Wandeꝛs- Leuten nachzuſtellen. Von ſeinem Geſchrey er- wachet gleich der Morgenſtern/ und gehet auff/ daß er den Himmel erleuchte. Der Schiffmann freuet ſich ſeines Geſanges/ weil ſich die Winde gegen dem Morgẽ/ da er krehet/ etwas niderlegen und es ſtille wiꝛd. So er ſchreyet/ werden die An- daͤchtigen ermahnet auffzuſtehen zum Gebaͤt/ die Gelaͤhꝛten erinneꝛt er der Buͤcher/ die ſie mit dem Liecht ſuchen ſollen. Da der Hahn das letzte mal krehete/ erkante uñ beweynete Petꝛus ſeine Suͤn- de/ die er vorhin unbedaͤchtig/ mit Verlaͤugnung ſeines HErꝛn begangen hatte. Gegen dẽ Hahne- geſchrey faſſen die Krancken wieder ein Heꝛtz/ den Verwundetẽ werden ihre Schmertzen gelindert/ die Hitze deß Fiebers leget ſich. Umb ſolches groſ- ſen Nutzen willẽ/ haben auch die Alten den Hauß- Hahn und ſein Geſchꝛey/ jederzeit in ſondeꝛlichen Ehren
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0595" n="571"/><fw place="top" type="header">Nutz deß Hahnen-Geſchreyes.</fw><lb/><hi rendition="#aq">Eccleſiæ petra culpam ſuã diluit, quam prius-<lb/> quam Gallus cantaret, negando contraxerat-<lb/> Iſtius cantu, ſpes omnibus redit: ægris levatur<lb/> incommodum, minuitur dolor vulnerum: fe-<lb/> brium flagrantia mitigatur.</hi> Das iſt auff unſer<lb/> Teutſch ſoviel geſaget: Das Hahnen-Geſchrey<lb/> iſt lieblich deß Nachts/ und nit alleine lieblich/ ſon-<lb/> dern auch nuͤtzlich. Dann der Hahn als ein guter<lb/> Beywohner wecket den Schlaffenden auff/ er-<lb/> mahnet den Sorgfaͤltigen und Bekuͤmmerten/<lb/> und tꝛoͤſtet den/ der da wandert/ dieweil er mit ſei-<lb/> ner hellen Stim̃ den Fortgang und die Stunde<lb/> der Nacht anzeiget. Wann er krehet/ ſo hoͤret der<lb/> Moͤrder und Straſſenraͤuber auf den Wandeꝛs-<lb/> Leuten nachzuſtellen. Von ſeinem Geſchrey er-<lb/> wachet gleich der Morgenſtern/ und gehet auff/<lb/> daß er den Himmel erleuchte. Der Schiffmann<lb/> freuet ſich ſeines Geſanges/ weil ſich die Winde<lb/> gegen dem Morgẽ/ da er krehet/ etwas niderlegen<lb/> und es ſtille wiꝛd. So er ſchreyet/ werden die An-<lb/> daͤchtigen ermahnet auffzuſtehen zum Gebaͤt/ die<lb/> Gelaͤhꝛten erinneꝛt er der Buͤcher/ die ſie mit dem<lb/> Liecht ſuchen ſollen. Da der Hahn das letzte mal<lb/> krehete/ erkante uñ beweynete Petꝛus ſeine Suͤn-<lb/> de/ die er vorhin unbedaͤchtig/ mit Verlaͤugnung<lb/> ſeines HErꝛn begangen hatte. Gegen dẽ Hahne-<lb/> geſchrey faſſen die Krancken wieder ein Heꝛtz/ den<lb/> Verwundetẽ werden ihre Schmertzen gelindert/<lb/> die Hitze deß Fiebers leget ſich. Umb ſolches groſ-<lb/> ſen Nutzen willẽ/ haben auch die Alten den Hauß-<lb/> Hahn und ſein Geſchꝛey/ jederzeit in ſondeꝛlichen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ehren</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [571/0595]
Nutz deß Hahnen-Geſchreyes.
Eccleſiæ petra culpam ſuã diluit, quam prius-
quam Gallus cantaret, negando contraxerat-
Iſtius cantu, ſpes omnibus redit: ægris levatur
incommodum, minuitur dolor vulnerum: fe-
brium flagrantia mitigatur. Das iſt auff unſer
Teutſch ſoviel geſaget: Das Hahnen-Geſchrey
iſt lieblich deß Nachts/ und nit alleine lieblich/ ſon-
dern auch nuͤtzlich. Dann der Hahn als ein guter
Beywohner wecket den Schlaffenden auff/ er-
mahnet den Sorgfaͤltigen und Bekuͤmmerten/
und tꝛoͤſtet den/ der da wandert/ dieweil er mit ſei-
ner hellen Stim̃ den Fortgang und die Stunde
der Nacht anzeiget. Wann er krehet/ ſo hoͤret der
Moͤrder und Straſſenraͤuber auf den Wandeꝛs-
Leuten nachzuſtellen. Von ſeinem Geſchrey er-
wachet gleich der Morgenſtern/ und gehet auff/
daß er den Himmel erleuchte. Der Schiffmann
freuet ſich ſeines Geſanges/ weil ſich die Winde
gegen dem Morgẽ/ da er krehet/ etwas niderlegen
und es ſtille wiꝛd. So er ſchreyet/ werden die An-
daͤchtigen ermahnet auffzuſtehen zum Gebaͤt/ die
Gelaͤhꝛten erinneꝛt er der Buͤcher/ die ſie mit dem
Liecht ſuchen ſollen. Da der Hahn das letzte mal
krehete/ erkante uñ beweynete Petꝛus ſeine Suͤn-
de/ die er vorhin unbedaͤchtig/ mit Verlaͤugnung
ſeines HErꝛn begangen hatte. Gegen dẽ Hahne-
geſchrey faſſen die Krancken wieder ein Heꝛtz/ den
Verwundetẽ werden ihre Schmertzen gelindert/
die Hitze deß Fiebers leget ſich. Umb ſolches groſ-
ſen Nutzen willẽ/ haben auch die Alten den Hauß-
Hahn und ſein Geſchꝛey/ jederzeit in ſondeꝛlichen
Ehren
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/praetorius_verrichtung_1668 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/praetorius_verrichtung_1668/595 |
Zitationshilfe: | Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig u. a., 1668, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/praetorius_verrichtung_1668/595>, abgerufen am 16.07.2024. |