Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.

Bild:
<< vorherige Seite

Füßen und verbarg aufschluchzend seinen Kopf in ihrem Schoß. -- "Was hast du?" -- "Ich liebe dich und ich habe dein Leben zerstört. Hätt' ich dich früher finden dürfen. Nun ist alles, alles zu spät." -- "Ich ging doch freiwillig zu Madame Vais." -- "Ja, aber ich wußte, was deiner dort wartete und hab' es verschwiegen, denn ich wollte dich besitzen um jeden Preis." -- "Ist das deine ganze Schuld?" fragte Indra leise. Er stöhnte laut, sprang auf und rannte in dem kleinen Teegarten auf und ab. "Komm, du bist aufgeregt", sagte Indra; "der Abschied liegt dir in den Gliedern. Mir ist fast zumute wie einer Nonne, die ins Kloster muß, ins Kloster zu den heiligen Sünden. Du siehst, ich kann noch scherzen, aber meine Seele ist so erfüllt von der Harmonie und Schönheit dieses Tages, daß sie einen Glanz werfen in meine Seele, von dem ich meine, daß er alles Dunkel der Zukunft überstrahlen müsse. Nun sage mir, wie lange ich in Number nine bleiben soll, und wann du mich nach Yoshiwara in Tokio bringst, dem Freudenhaus des Lebens." -- Er sah sie entgeistert an. "Du denkst schon ans Fortgehen?"

Füßen und verbarg aufschluchzend seinen Kopf in ihrem Schoß. — „Was hast du?“ — „Ich liebe dich und ich habe dein Leben zerstört. Hätt’ ich dich früher finden dürfen. Nun ist alles, alles zu spät.“ — „Ich ging doch freiwillig zu Madame Vais.“ — „Ja, aber ich wußte, was deiner dort wartete und hab’ es verschwiegen, denn ich wollte dich besitzen um jeden Preis.“ — „Ist das deine ganze Schuld?“ fragte Indra leise. Er stöhnte laut, sprang auf und rannte in dem kleinen Teegarten auf und ab. „Komm, du bist aufgeregt“, sagte Indra; „der Abschied liegt dir in den Gliedern. Mir ist fast zumute wie einer Nonne, die ins Kloster muß, ins Kloster zu den heiligen Sünden. Du siehst, ich kann noch scherzen, aber meine Seele ist so erfüllt von der Harmonie und Schönheit dieses Tages, daß sie einen Glanz werfen in meine Seele, von dem ich meine, daß er alles Dunkel der Zukunft überstrahlen müsse. Nun sage mir, wie lange ich in Number nine bleiben soll, und wann du mich nach Yoshiwara in Tokio bringst, dem Freudenhaus des Lebens.“ — Er sah sie entgeistert an. „Du denkst schon ans Fortgehen?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0115" n="116"/>
Füßen und verbarg aufschluchzend seinen Kopf in ihrem Schoß. &#x2014; &#x201E;Was hast du?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ich liebe dich und ich habe dein Leben zerstört. Hätt&#x2019; ich dich früher finden dürfen. Nun ist alles, alles zu spät.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ich ging doch freiwillig zu Madame Vais.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ja, aber ich wußte, was deiner dort wartete und hab&#x2019; es verschwiegen, denn ich wollte dich besitzen um jeden Preis.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Ist das deine ganze Schuld?&#x201C; fragte Indra leise. Er stöhnte laut, sprang auf und rannte in dem kleinen Teegarten auf und ab. &#x201E;Komm, du bist aufgeregt&#x201C;, sagte Indra; &#x201E;der Abschied liegt dir in den Gliedern. Mir ist fast zumute wie einer Nonne, die ins Kloster muß, ins Kloster zu den heiligen Sünden. Du siehst, ich kann noch scherzen, aber meine Seele ist so erfüllt von der Harmonie und Schönheit dieses Tages, daß sie einen Glanz werfen in meine Seele, von dem ich meine, daß er alles Dunkel der Zukunft überstrahlen müsse. Nun sage mir, wie lange ich in <hi rendition="#g">Number nine</hi> bleiben soll, und wann du mich nach Yoshiwara in Tokio bringst, dem Freudenhaus des Lebens.&#x201C; &#x2014; Er sah sie entgeistert an. &#x201E;Du denkst schon ans Fortgehen?&#x201C;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0115] Füßen und verbarg aufschluchzend seinen Kopf in ihrem Schoß. — „Was hast du?“ — „Ich liebe dich und ich habe dein Leben zerstört. Hätt’ ich dich früher finden dürfen. Nun ist alles, alles zu spät.“ — „Ich ging doch freiwillig zu Madame Vais.“ — „Ja, aber ich wußte, was deiner dort wartete und hab’ es verschwiegen, denn ich wollte dich besitzen um jeden Preis.“ — „Ist das deine ganze Schuld?“ fragte Indra leise. Er stöhnte laut, sprang auf und rannte in dem kleinen Teegarten auf und ab. „Komm, du bist aufgeregt“, sagte Indra; „der Abschied liegt dir in den Gliedern. Mir ist fast zumute wie einer Nonne, die ins Kloster muß, ins Kloster zu den heiligen Sünden. Du siehst, ich kann noch scherzen, aber meine Seele ist so erfüllt von der Harmonie und Schönheit dieses Tages, daß sie einen Glanz werfen in meine Seele, von dem ich meine, daß er alles Dunkel der Zukunft überstrahlen müsse. Nun sage mir, wie lange ich in Number nine bleiben soll, und wann du mich nach Yoshiwara in Tokio bringst, dem Freudenhaus des Lebens.“ — Er sah sie entgeistert an. „Du denkst schon ans Fortgehen?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/115
Zitationshilfe: von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/115>, abgerufen am 04.12.2024.