Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920.

Bild:
<< vorherige Seite

Urlaub auswirken und vorher mit mir nach Nikko fahren."

Und am anderen Tage hieß es wieder Abschied nehmen. Auch Shidoutti und Momidji weinten. "Sajanara," riefen sie, "auf Wiedersehen", und ließen ihre Tüchlein an der Bahn flattern -- sie waren nur von Seidenpapier, nach japanischer Sitte. Die Japaner sind nicht so schmutzig wie die Europäer, wie sie gern zu sagen pflegen. Die offene Wunde in Shiragiku begann zu schmerzen. Wo hatte sie doch auch so ein weißes Tüchlein flattern und von Nacht und Dunkel und Tod verschlingen sehen wie einen weißen Schmetterling?

Diesmal aber blieb sie in der japanischen Tracht. Sie zog nur einen dunklen, dickwattierten, rotgefütterten Kimono über ihren leichtseidenen, reich gestickten, den sie sich, wie einst Margot, von den Prozenten der Number nine angeschafft hatte. Und Boris fuhr nun mit einer Frau, die aussah wie eine königlich auftretende Geisha, hinauf nach Nikko. Es war noch kalt oben, und es lag dichter Schnee, die wunderbaren, schwarz und goldenen

Urlaub auswirken und vorher mit mir nach Nikko fahren.“

Und am anderen Tage hieß es wieder Abschied nehmen. Auch Shidoutti und Momidji weinten. „Sajanara,“ riefen sie, „auf Wiedersehen“, und ließen ihre Tüchlein an der Bahn flattern — sie waren nur von Seidenpapier, nach japanischer Sitte. Die Japaner sind nicht so schmutzig wie die Europäer, wie sie gern zu sagen pflegen. Die offene Wunde in Shiragiku begann zu schmerzen. Wo hatte sie doch auch so ein weißes Tüchlein flattern und von Nacht und Dunkel und Tod verschlingen sehen wie einen weißen Schmetterling?

Diesmal aber blieb sie in der japanischen Tracht. Sie zog nur einen dunklen, dickwattierten, rotgefütterten Kimono über ihren leichtseidenen, reich gestickten, den sie sich, wie einst Margot, von den Prozenten der Number nine angeschafft hatte. Und Boris fuhr nun mit einer Frau, die aussah wie eine königlich auftretende Geisha, hinauf nach Nikko. Es war noch kalt oben, und es lag dichter Schnee, die wunderbaren, schwarz und goldenen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0128" n="129"/>
Urlaub auswirken und vorher mit mir nach Nikko fahren.&#x201C;</p>
        <p>Und am anderen Tage hieß es wieder Abschied nehmen. Auch Shidoutti und Momidji weinten. &#x201E;<hi rendition="#g">Sajanara</hi>,&#x201C; riefen sie, &#x201E;auf Wiedersehen&#x201C;, und ließen ihre Tüchlein an der Bahn flattern &#x2014; sie waren nur von Seidenpapier, nach japanischer Sitte. Die Japaner sind nicht so schmutzig wie die Europäer, wie sie gern zu sagen pflegen. Die offene Wunde in Shiragiku begann zu schmerzen. Wo hatte sie doch auch so ein weißes Tüchlein flattern und von Nacht und Dunkel und Tod verschlingen sehen wie einen weißen Schmetterling?</p>
        <p>Diesmal aber blieb sie in der japanischen Tracht. Sie zog nur einen dunklen, dickwattierten, rotgefütterten Kimono über ihren leichtseidenen, reich gestickten, den sie sich, wie einst Margot, von den Prozenten der <hi rendition="#g">Number nine</hi> angeschafft hatte. Und Boris fuhr nun mit einer Frau, die aussah wie eine königlich auftretende Geisha, hinauf nach Nikko. Es war noch kalt oben, und es lag dichter Schnee, die wunderbaren, schwarz und goldenen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0128] Urlaub auswirken und vorher mit mir nach Nikko fahren.“ Und am anderen Tage hieß es wieder Abschied nehmen. Auch Shidoutti und Momidji weinten. „Sajanara,“ riefen sie, „auf Wiedersehen“, und ließen ihre Tüchlein an der Bahn flattern — sie waren nur von Seidenpapier, nach japanischer Sitte. Die Japaner sind nicht so schmutzig wie die Europäer, wie sie gern zu sagen pflegen. Die offene Wunde in Shiragiku begann zu schmerzen. Wo hatte sie doch auch so ein weißes Tüchlein flattern und von Nacht und Dunkel und Tod verschlingen sehen wie einen weißen Schmetterling? Diesmal aber blieb sie in der japanischen Tracht. Sie zog nur einen dunklen, dickwattierten, rotgefütterten Kimono über ihren leichtseidenen, reich gestickten, den sie sich, wie einst Margot, von den Prozenten der Number nine angeschafft hatte. Und Boris fuhr nun mit einer Frau, die aussah wie eine königlich auftretende Geisha, hinauf nach Nikko. Es war noch kalt oben, und es lag dichter Schnee, die wunderbaren, schwarz und goldenen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/128
Zitationshilfe: von Preuschen, Hermione: Yoshiwara. Vom Freudenhaus des Lebens. Berlin, 1920, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuschen_yoshiwara_1920/128>, abgerufen am 04.12.2024.